Die Trafikanten wollen am wachsenden Hanf-Kuchen mitnaschen.

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Daniel Andrä ist der Gottseibeiuns der Trafikanten. Gut zwei Jahre ist her, dass der Steirer in Graz Europas ersten freistehenden Automaten für Hanfware auf die Beine stellte. Mittlerweile betreibt er davon unter der Marke Hanfshop24 quer durch Österreich mehr als 60. Ein bis zwei kommen jede Woche hinzu. Wie hunderte andere kleine Händler nutzt auch der Automatentechniker den Hype um den Hanf für lukrative Geschäfte und zieht damit den Zorn alteingesessener Tabakfachhändler auf sich.

"Das ist der Gipfel", sagt ihr Obmann Josef Prirschl und deutet auf das Bild eines Cannabis-Automaten an einer Autobahnraststätte, der von allerlei bunten Münzautomaten für Kinder flankiert ist.

Duftspender

Erdbeerli, Ananas Express und Potpourri nennen sich die Blüten, die darin neben Tee und Ölen offeriert werden. Verkauft wird das Gras formal als Duftspender, verwendet wird es fast ausschließlich zum Rauchen. Keiner zahle 60 Euro für fünf Gramm, nur um daran zu riechen, empört sich Prirschl und erzählt von hohen Mengen an Zigarettenpapier, mit dessen Verkauf sich seine Branche begnügen müsse. Es sind quasi trockene Brösel eines saftigen Kuchens, dessen Wert hierzulande auf 150 Millionen Euro geschätzt wird.

Die Rufe nach Legalisierung von Cannabis werden lauter – auch in Deutschland, wo im Vorjahr in Berlin demonstriert wurde.
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Ob für Aromatherapie oder als Rauchgenuss: Dank seiner geringen Dosis an der berauschenden Substanz THC ist der offen feilgebotene Hanf legal, und somit auch sein beruhigender und entzündungshemmender Wirkstoff CBD.

Trafiken wollen Hanf-Geschäft

Der Weg in Österreichs Trafiken blieb ihm bisher aber verwehrt. Es fehlt an den letzten Schritten hin zu einer Produktanmeldung und -zulassung, bedauert Prirschl. Er drängt einmal mehr darauf, das Geschäft mit legalem rauchbarem CBD-Hanf künftig exklusiv in die Hände der Trafikanten zu legen. Gesetzesänderung brauche es dafür keine. Es gehöre nur geltendes Recht umgesetzt. Im Sinne des Jugendschutzes und der Produktsicherheit ist es aus seiner Sicht das Beste, die Politik unterstelle den ganzen millionenschweren Markt der Monopolverwaltung.

"Zeit der Monopole vorbei"

Dass auch die Trafiken Geld mit Hanf verdienen wollen, sei völlig logisch, da ihnen die Zigarettenraucher abhandenkämen, meint Andrä. "Die Zeiten der Monopole, in der ein Staat regelt, wer wie viel Gewinn machen darf, sind jedoch vorbei." Sorge, dass die gut etablierte Tabakbranche mit ihren Forderungen durchkommt, hat er keine. Dann dürften wohl auch sämtliche andere getrocknete Kräuter, von der Kamille bis zum Johanniskraut, nur mehr über ihre Ladentische vertrieben werden, sinniert Andrä. "In diesem Sinne könnte einer auf die Idee kommen, Zeitungspapier zu rauchen."

Immer mehr Trafiken schließen.
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Warum er die Hanfblüten in seinen Automaten wider jede Praxis als Aromaprodukt deklariert? Klar ließe sich nie ausschließen, dass sie geraucht würden. "Wir wollen uns aber deutlich von den Zigarettenautomaten unterscheiden. Die Trafiken verkaufen nachweislich Gift. Hanf hingegen erlaubt als Naturprodukt unzählige Anwendungen."

Zigaretten-Krise

Österreichs Trafiken verkaufen zusehends weniger Zigaretten. Im Vorjahr sank ihr Absatz um rund 92 Millionen Stück. Das Rauchverbot in der Gastronomie dämpft ihr Geschäft zusätzlich: Von November bis Februar büßten sie im Schnitt 3,6 Prozent an Umsatz ein. Vor allem die Tiroler und Wiener griffen seltener zum Tschick. "Die Leute gehen vielleicht zweimal hinaus, um eine zu rauchen, aber nicht zehnmal", glaubt Prirschl.

Einen starken Sog nach unten erleben auch Wasserpfeifen. Allein im Jänner sank der Absatz von Shisha-Tabak um 13 Prozent.

Noch zählt Österreich 1,6 Millionen Raucher, belegen Daten der Statistik Austria. Prognosen zufolge soll sich ihre Zahl in den kommenden zehn Jahren um ein Drittel reduzieren. Geschuldet ist der Rückgang zu einem wesentlichen Teil höheren Preisen. Prirschl hält es für realistisch, dass ein Packerl Zigaretten 2030 nicht mehr unter acht bis zehn Euro zu haben ist. Im Vorjahr kostete es in Österreich durchschnittlich fünf Euro. Der Staat holt sich über die Steuer Einnahmen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. 15 Prozent der Glimmstängel werden geschmuggelt. (Verena Kainrath, 4.3.2020)