Wie teuer darf ein Smartphone sein? Eine Frage, die früher einmal recht eindeutig zu beantworten war: So irgendwo um die 800 Euro siedelten Apple, Samsung und Co ihre Topgeräte an. Doch in den vergangenen Jahren sind in dieser Hinsicht sämtliche Dämme gebrochen. Nichts könnte das besser versinnbildlichen als Samsungs Galaxy S20 Ultra. Stolze 1.349 Euro kostet das neue Smartphone – und zwar in der günstigsten Ausführung. Wer mehr Speicherplatz und RAM haben will, zahlt dann noch einmal 200 Euro mehr.

Das Konzept

Samsung versucht diesen Preis mit einem Verweis auf die Hardwareausstattung zu rechtfertigen: Nur das Beste vom Besten habe man verbaut. Freilich macht die beste Hardware alleine noch kein Top-Smartphone aus, die Software und die Integration all dieser Bausteine ist es, die schlussendlich den Ausschlag gibt. Geht der Plan von Samsung also auf? Wir haben das Galaxy S20 Ultra in den vergangenen Tagen ausführlich unter die Lupe genommen, um dieser Frage nachzugehen.

Das Galaxy S20 Ultra. Riesiges Smartphone mit riesigem Kameramodul.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Der Ersteindruck

Was bei der ersten Nutzung sofort auffällt: Das Galaxy S20 Ultra ist groß. Wirklich groß. Und noch dazu ziemlich schwer. Oder um es in konkrete Zahlen zu fassen: Die Abmessungen liegen bei 166,9 x 76 x 8,8 mm, das Gewicht bei 220 Gramm. Damit ist es selbst für Menschen mit großen Händen langsam an der Grenze zu dem, was noch halbwegs angenehm in einer Hand gehalten werden kann. Für manche Interessenten mag insofern schon an dieser Stelle ein Ausschlussgrund gegeben sein. Dass das Gerät mit seinem weitgehend aus Glas gestalteten Äußeren dazu noch ziemlich rutschig ist, hilft auch nicht gerade beim Handling.

Das Design wirkt relativ unspektakulär, wozu auch beiträgt, dass es nur Farbausführungen in Schwarz und Grau gibt. Zudem ist das S20 Ultra vor allem in der schwarzen Ausführung ein echter Fingerabdruckmagnet – der glänzenden Oberfläche sei "dank". Was ebenfalls sofort auffällt ist das riesige Kameramodul. Dieses steht nämlich deutlich stärker als bei anderen aktuellen Smartphones aus dem Gehäuse heraus. Das hat zur Folge, dass das Galaxy S20 Ultra sehr schlecht aufliegt, und schnell kippt, wenn man Eingaben tätigt, während es am Tisch liegt.

Wie weit steht die Kamera heraus? Sehr weit.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Baba Bixby

Ansonsten fällt vor allem auf, was fehlt. Einen eigenen Button für den digitalen Assistenten Bixby gibt es nämlich nicht mehr. Dafür ist der Lautstärkeregler auf die rechte Seite des Geräts gewandert – beim S10 war er noch links angebracht. Ebenfalls vermisst wird eine Kopfhörerbuchse: Samsung verabschiedet sich damit als einer der letzten Hersteller bei seinen Top-Smartphones von einer solchen Komponente. Ein Schritt, der allerdigns nicht ganz überraschend kommt. Schon das Note 10 muss ohne einen Miniklinkenanschluss auskommen. Und dann will Samsung halt auch seine drahtlosen Galaxy Buds+ verkaufen.

Der Telefonielautsprecher ist so klein, dass man ihn kaum sieht, ein zweiter Lautsprecher ist neben dem USB-C-Anschluss angebracht. In Summe gibt es hier also Stereosound, und so viel sei verraten: Dieser klingt auch recht ansprechend, klangliche Wunder sollte man sich aber von einem Smartphone ohnehin nicht erwarten.

Display-Stärken

Ein solch großes Gehäuse ermöglicht es natürlich auch ein entsprechendes Display zu verbauen. Doch beim Galaxy S20 Ultra ist nicht nur die Größe des Bildschirms beeindruckend: Sowohl in Hinblick auf Darstellungsqualität als auch Helligkeit lässt das 6,9 Zoll große Display praktisch kein Wünsche offen. Wie schon in den Vorjahren spielt Samsungs also die Stärken der eigenen Displayabteilung geschickt aus, um sich von der Konkurrenz zumindest eine kleines Stück abzusetzen. Und natürlich führt die Größe auch dazu, dass das S20 Ultra für die Betrachtung von Videos unterwegs quasi perfekt ist.

Der Bildschirm des S20 Ultra ist nicht nur sehr groß, die Darstellungsqualität ist auch herausragend.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Die Auflösung des Displays liegt bei 3.200 x 1.440 Pixel (511 PPI), in der Praxis wird es aber etwas komplizierter. Denn von Haus aus nutzt Samsung – wie schon in den Vorjahren – "nur" eine Auflösung von 2.400 x 1.080 Pixel (FHD+). Um den Unterschied zu sehen, muss man allerdings schon sehr genau schauen, insofern ist das aus Stromspar- und Performance-Sicht eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung. Vor allem aber gibt es nur in diesem Modus eine der spannendsten Neuerungen beim S20.

Endlich 120 Hz

Die neue Smartphone-Generation kann nun mit einem 120-Hz-Display aufwarten, das mit einem 240-Hz-Touch-Sensor kombiniert wurde. Für die Nutzer bedeutet das vor allem zwei Dinge: Scroll-Bewegungen wirken erheblich weicher, zudem reagiert das Display schneller auf Touch-EIngaben, das Ganze fühlt sich näher zum Finger an. Das lässt sich auch bei Scrollbewegungen einfach überprüfen. Die höhere Abtastfrequenz führt nämlich dazu, dass der gewohnte Nachzieheffekt deutlich weniger ausgeprägt ist, das User Interface also näher beim Finger bleibt.

Die Implementation von Samsung gibt aber auch das eine oder andere Rätsel auf. Zunächst: Im Gegensatz zu aktuellen Geräten von OnePlus oder Google ist der hochfrequente Modus nicht von Haus aus aktiviert. Und selbst dann ist er eben auf FHD+ beschränkt. Der Grund dafür ist an sich kein großes Geheimnis. Der 120-Hz-Modus verbraucht erheblich mehr Strom. Umso mehr überrascht, dass man auf Stromspartricks, wie sie etwa Google beim Pixel 4 nutzt, verzichtet. Die 120 Hz laufen immer, während das Google-Smartphone auf 60 Hz reduziert, wenn die höhere Frequenz keinen Sinn ergibt – etwa wenn sich gerade nichts tut oder Inhalte mit niedrigere Framerate betrachtet werden.

Ein weiterer Unterschied ist allerdings, dass Samsung gleich zu 120 Hz greift, während Google und Oneplus sich derzeit für 90 Hz entschieden haben. Das bringt noch einmal eine etwas weichere Darstellung, auch wenn der Unterschied nicht gar so groß ist wie zwischen 60 und 90 Hz. Im Gegenzug liefert Google den hochfrequenten Modus dafür auch bei voller Auflösung. Schlussendlich bleibt es ein kleiner Wermutstropfen, dass Samsung die Kombination von hoher Auflösung und 120 Hz – zumindest derzeit – nicht zulässt. Immerhin positioniert man das S20 Ultra ja als das "Beste vom Besten".

Ein kleines Loch

Der kreisrunde Ausschnitt für die Frontkamera durchbricht das Display an der Vorderseite.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Die Ränder rund um das Display wurden weiter reduziert, dieses nimmt also hier wirklich beinahe die gesamte Vorderseite ein. Eine Ausnahme gibt es wie gewohnt für die Frontkamera, die mit einem "Punchhole" das Display durchbricht. Das muss einem nicht gefallen, zumindest ist dieser Ausschnitt aber im Vergleich zum S10 erheblich kleiner und nun mittig positioniert. Vor allem aber verzichtet man auf die Dual-Kamera des S10+, die qualitativ ohnehin kaum etwas gebracht hat, aber durch die der Ausschnitt erheblich größer wurde.

Vom Edge-Screen-Design verabschiedet sich Samsung mit der neuen Smartphone-Generation weitgehend. Zwar ist eine solche Abrundung beim S20 Ultra – im Gegensatz zu S20 und S20+ – noch leicht vorhanden, sie fällt aber wesentlich dezenter aus. Die zugehörigen Softwarefunktionen sind ebenfalls verblieben, sie können nun aber nur mehr über einen kleinen Bereich an der rechten Seite erreicht werden. Zumindest kann dessen Position frei bestimmt werden. Trotzdem wäre es wohl keine Überraschung, wenn das Ganze dann mit der nächsten oder übernächsten Generation ganz gestrichen wird.

Die Kamera

Als das große Highlight des S20 Ultra hebt Samsung aber etwas anderes hervor: Die Kamera. Immerhin kommt hier ein fast vollständig anderes Kameramodul als bei S20 und S20+ zum Einsatz. Und zwar eines, mit dem man sich von der Konkurrenz deutlich abheben will. Und auf dem Papier klingt es zunächst einmal auch ziemlich beeindruckend, was Samsung hier alles an Hardware zusammengetragen hat.

Zuvor aber noch eine wichtige Anmerkung: Die folgenden Testfotos gibt es als Zusatzservice auch in einem Google Photos-Album zur einfachen Betrachtung in voller Auflösung und samt EXIF-Informationen.

108 Megapixel

Der Hauptsensor des Galaxy S20 bietet nicht nur eine hohe Megapixelzahl, was noch viel wichtiger ist: Er ist auch physisch sehr groß. Hier der Vergleich von iFixit mit dem Sensor eines iPhone 11 Pro (unten).
Foto: iFixit

Als Hauptsensor kommt ein 108-Megapixel-Chip zum Einsatz, den Samsung in Kooperation mit Xiaomi entwickelt hat. Es handelt sich dabei um einen Nachfolger des im Mi Note 10 verwendeten Sensors mit einem ziemlich interessanten Aufbau: Samsung kombiniert hier nämlich jeweils 3x3 Pixel zu einem einzelnen Bildpunkt – "Binning" nennt sich dieses Verfahren, aus dem dann erst recht wieder ein 12-Megapixel-Foto entsteht. In Kombination damit, dass der verwendete Sensor generell ziemlich groß für ein Smartphone ist – Samsung spricht von einer fast dreimal so großen Fläche (konkret: 1/1,33 Zoll) im Vergleich zum S10 -, sollte die Kamera aber besonders lichtstark sein. Die durch das Binning entstehende, effektive Pixelgröße von 2,4μm (üblich sind bei Smartphones meist Werte um die 1,4μm) nährt diese Hoffnung weiter. Warum also nicht einfach ein solch großer Sensor mit einer niedrigeren Megapixel-Zahl? Nun, weil der Samsung-Ansatz zusätzlich die Möglichkeit bietet, bei besonders guten Lichtverhältnissen die volle Auflösung zu verwenden, und dabei noch mehr Details einzufangen – so zumindest die Theorie.

Eine sehr gute Kamera, aber ...

In der Realität ist all das etwas komplizierter, aber der Reihe nach. Zunächst, bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Die Kamera des S20 Ultra kann hervorragende Bilder liefern, daran sollte es keinen Zweifel geben. Immer wieder gelingen am Tag aber auch mit dem Nachtmodus wirklich tolle Aufnahmen, mit denen sich Samsung im Spitzenfeld der derzeit besten Smartphone-Kameras platziert Gleichzeitig zeigen sich in der Nutzung aber dermaßen viele Probleme, dass das Fotografieren oftmals zu einer frustrierenden Angelegenheit wird.

... so viele Probleme

Das beginnt mit massiven Problemen mit dem Autofokus: Immer wieder kommt es dazu, dass die Kamera einfach nicht richtig scharf stellt oder mehrere Sekunden lang hin- und herwechselt. Samsung hat zwar ein Update zur Verbesserung der Kameraqualität versprochen, wann dieses veröffentlicht wird, und ob dann auch die Autofokus-Probleme bereinigt werden, verrät das Unternehmen hingegen nicht. Ein erstes Update, das Samsung vor kurzem ausgeliefert hat, und laut den Release Notes schon die Kamera verbessern sollte hat jedenfalls an diesem – und all den folgenden Problemen – rein gar nichts geändert. Ein zweites wird bisher nur in Südkorea ausgeliefert, ob dies substantiell etwas ändert, muss sich also erst zeigen.

Der Autofokus des Galaxy S20 Ultra funktioniert mal halbwegs flott, mal weniger, und ab und zu gar nicht.
DER STANDARD

Eine Stärke des 108-Megapixel-Chips sollte eigentlich die Detailerhaltung sein. Und gerade bei Aufnahmen mit gutem Licht schlägt sich das Galaxy S20 Ultra in dieser Hinsicht auch wirklich hervorragend. Gleichzeitig steht sich Samsung aber weiter mit seinen seit Jahren bekannten Processing-Problemen selbst im Weg, und macht all das zunichte, was der Sensor eigentlich könnte. Sobald die Lichtverhältnisse nicht mehr optimal sind, greift die Rauschunterdrückung von Samsung nämlich dermaßen stark zu, dass die Details komplett verwischt werden.

Bei abendlichen Verhältnissen liefert das S20 Ultra an sich bereits sehr gute Aufnahmen, auch wenn es dazu neigt, Flächen zu stark zu glätten – und so viele Details verwischt.
Foto: Proschofsky / STANDARD
Mit dem eigenen Night Mode wird es dann noch einmal deutlich besser, dafür muss man dann – wie von solchen Modi gewohnt – auch ein paar Sekunden warten.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Am Abend wird es dann noch inkonsistenter. Zwar liefert das S20 Ultra immer wieder sehr schöne Aufnahmen, die zum Teil sogar besser als das sind, was die aktuellen Topsmartphones von Apple und Google leisten. Dazwischen tauchen aber Bilder auf, die einen komplett ratlos zurücklassen. So sind im Testverlauf einige Aufnahmen am Abend entstanden, bei denen in Schattenbereichen – selbst wenn sie im Vordergrund sind – die Details komplett weggewischt wurden, während andere Stellen des Bilds eine sehr gut Detailerhaltung boten. Auch sonst nervt die Inkonsistenz: Während viele Abendbilder eine sehr schöne Farbgebung boten, waren bei anderen ein deutlicher Rotstich oder ein weißes Überstrahlen zu sehen.

Üble "Optimierungen"

Nicht weniger unerfreulich ist so manche "Optimierung", die die Samsung-Software automatisch vornimmt. Wird etwa ein Gesicht in einem Foto erkannt, wird dieses automatisch einem ziemlich aggressiven Weichzeichner unterzogen, der kaum eine Pore übrig lässt, und zum Teil auch die Farbgebung verfälscht. Besonders absurd wird es, wenn das Subjekt einfach den Kopf zur Seite dreht. Dann werden diese Manipulationen nämlich deaktiviert, und man erhältlich plötzlich ein komplett anderes Bild. Auch fällt generell auf, dass Bilder von Personen immer wieder nicht ganz scharf waren.

Wirklich gute Bilder liefert dafür der Nachtmodus, der allerdings natürlich etwas mehr Geduld verlangt. Dafür gibt es dann merklich mehr Details. Oft werden dabei zwar – wie man es von anderen Herstellern kennt – die Aufnahmen unrealistisch hell. Aber wem das nicht gefällt, der kann dies nachträglich problemlos korrigieren, während man fehlende Details nicht mehr im Post-Processing zurückholen kann.

Glanz und Elend des Galaxy S20 Ultra in einem Bild: Auf den ersten Blick eine durchaus gelungene Aufnahme, und gerade in der Mitte bleiben auch viele Details übrig. Bei näherer Betrachtung zeigen sich aber brutale Fehler. So ist etwa der Bereich unter dem blauen Licht links komplett verschwommen. Auch rechts hat die Samsung-Software in den Schattenbereichen sämtliche Details entfernt.
Foto: Proschofsky / STANDARD

108 Megapixel: Einmal ausprobieren reicht

Alternativ gibt es wie erwähnt auch die Möglichkeit die vollen 108 Megapixel für die Aufnahme zu nutzen. Tatsächlich gelingt tagsüber das eine oder andere Foto, wo damit etwas mehr Details übrig bleiben, überragend ist dieser Unterschied aber nicht. Und bei schlechteren Lichtverhältnissen verschwindet dieser Vorteil ohnehin schnell. Im Gegenzug sind die damit erstellten Aufnahmen aber rund zehnmal so groß, um die 30 Megabyte bewegt sich eine Aufnahme in diesem Modus. Die Speicherung dauert natürlich ebenfalls länger, schnelle Serienfotos klappen hier also nicht mehr. In Summe ist der 108 Megapixel-Modus also vor allem dann interessant, wenn man bei sehr gutem Licht ein Motiv mit vielen Details fotografieren möchte, und später einzelne Bereiche zuschneiden will. Sonst ist die 12-Megapixel-Einstellung eigentlich praktisch immer die bessere Wahl.

Space Zoom

Auf eine Neuerung beim Galaxy S20 Ultra ist Samsung dermaßen stolz, dass man sie sogar auf das Gehäuse geschrieben hat. Von einem "Space Zoom" mit einem Vergrößerungsfaktor von 100x ist da die Rede. Möglich wird dies durch eine neue Telefotokamera: Der zugehörige Sensor hat 48 Megapixel, die aber wieder mit 2x2 Binning für 12-Megapixel-Aufnahmen kombiniert werden. Daraus ergibt sich dann wieder eine sehr lichtstarke, effektive Pixelgröße von 1,6 μm. Dem arbeitet allerdings die Blende von f/3.5 entgegen.

Der "Space Zoom", getestet im Optimalszenario: zunächst einmal ein Bild aus der Hauptkamera, um den Standpunkt zu verdeutlichen.
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Dieselbe Perspektive als Optimalfall für Zoom-Faktor 100: sehr gute Lichtverhältnisse, die Nutzung eines Stativs und ein Motiv mit sehr einfachen Strukturen. Aber selbst hier würde man mit einem Foto bei Faktor zehn genau das Gleiche bekommen, wenn man es zuschneidet.
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Trotzdem: Im direkten Vergleich mit dem Pixel 4 (im Bild) kann das S20 Ultra in diesem Fall tatsächlich mit erheblich mehr Details aufwarten. Hier entfaltet der Periskop-Zoom seine ganze Stärke.
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Die wichtigste Neuerung findet sich aber beim Linsenaufbau: Nutzt doch Samsung nun – wie zuvor schon Huawei oder Oppo – eine Periskopanordnung. Samsung nennt das "gefaltete Linse". Diese bietet einen vierfach optischen Zoom, der Hybrid Zoom soll dann auf 10x kommen. Doch die meisten dürfte zunächst jener 100x-Zoom interessieren, den Samsung groß bewirbt. Wie schlägt sich dieser also in der Praxis? Um es kurz zu machen: Das Ganze ist kompletter Marketing-Nonsens, sonst nichts.

Selbst bei sehr guten Lichtverhältnissen mit Stativ kommen bei 100x keine brauchbaren Aufnahmen mehr heraus – oder zumindest keine, die die Nutzung dieser Zoom-Stufe sinnvoll macht. Wer das Ganze mit freier Hand versucht, wird ohnehin schnell aufgeben, weil es praktisch nicht mehr möglich ist, einen Ausschnitt zu wählen, da das Geschehen durch die Unruhe der Hand wie wild herumschwimmt. Rechnet man dann noch die erwähnten Autofokus-Probleme hinzu, wird das Ganze schnell zu einem ziemlich frustrierenden Erlebnis. Und da alles über dem Faktor 10x pur digital vergrößert wird, bringt es ohnehin nichts. Wer wirklich so einen feinen Ausschnitt haben will, ist insofern wesentlich besser beraten, eine 8x- oder 10x-Aufnahme zu tätigen, und diese später einfach in der Bildverarbeitung – oder auch nur in der Galerie-App – manuell zu vergrößern. Dann hat man sogar den Vorteil, dass die Bilder in Ruhe aufgenommen werden können.

Was diesen Marketing-Nonsens von Samsung besonders unerfreulich macht, ist, dass dabei schon fast untergeht, dass die Zoom-Funktionalitäten des Galaxy S20 Ultra eigentlich wirklich hervorragend sind. Im Vergleich etwa zu einem Pixel 4 mit 2x optischen und 8x Hybrid-Zoom liefert das neue Samsung-Smartphone nämlich – zumindest bei guten Lichtverhältnissen – erheblich mehr Details.

Warum Samsung, warum???

Leider kann aber dieses Lob einmal mehr nicht uneingeschränkt stehen bleiben. Denn – jetzt kommt etwas nicht vollständig überraschendes – natürlich patzt Samsung auch hier wieder bei der Software. Schon bei Kunstlicht liefert etwa ein mit dem 8x-Zoom des Pixel 4 getätigtes und anschließend vergrößertes Foto mehr Details als es der 30x-Zoom des Galaxy S20 Ultra vermag. Grund dafür ist wieder das Processing der Samsung-Software, die im Bestreben Rauschen zu verhindern, die Details zu einer verwischten Farce macht. Bei einigen der Aufnahmen waren zudem bei nicht-optimalen Lichtverhältnissen grobe Fehler bei den S20-Ultra-Fotos zu erkennen, da Farbpunkte wild über das gesamte Bild verstreut wurden. Dieser Effekt zeigte sich immer bei der Nutzung der Telefotokamera, und zwar selbst bei niedrigeren Zoom-Stufen.

Bei weniger optimalen Lichtverhältnissen schwindet der Vorteil der Zoom-Kamera des Galaxy S20 Ultra schnell. Zwei Aufnahmen, die mit dem Samsung-Smartphone bei Kunstlicht mit Zoom-Faktor 30 aufgenommen wurden. Rechts daneben jeweils ein gecropptes Bild des Pixel 4 zum Vergleich, das mit Faktor 8 aufgenommen wurde.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Und dann kommt noch dazu, dass die schon erwähnten Autofokus-Schwierigkeiten bei der Zoom-Kamera besonders stark zum Tragen kommen. Bei nicht-optimalen Lichtverhältnissen war es zum Teil gar nicht möglich einen scharfen Fokus zu bekommen. Und wenn man versucht bei hohen Zoom-Stufen das gerade halbwegs stabil zu halten, nervt es natürlich besonders, wenn mitten drinnen der Fokus verlorengeht.

Eine kleine Ausnahme zum Lob für den Zoom bei Tageslicht gibt es ebenfalls noch: Da der native Zoom-Faktor der Linse bei 4x liegt, werden 2x-Fotos aus Zoom-Kamera und Hauptkamera kombiniert, und das macht die Samsung-Software nicht sehr gut. Bei dieser Zoom-Stufe gewinnen dann wieder die Geräte von Apple oder Google mit ihrer an sich schwächeren Telekamera. Nützlich ist dafür, dass die Kamera-App von Samsung Buttons bietet, um schnell zu den populärsten Zoom-Stufen zu gelangen.

Weitwinkel gefällt

Die dritte Kamera ist wie gewohnt als Ultraweitwinkel ausgeführt. Im Vergleich zum S10 kommt hier ein verbesserter 12-Megapixel-Sensor (1,4 μm, f/2.2, 13mm Äquivalent) zum Einsatz. Und tatsächlich sind die Aufnahmen für solch eine Kamera sehr gut, auch wenn sie qualitativ natürlich – wie üblich – nicht mit den Bildern der Hauptkamera mithalten können. Der sehr große Blickwinkel von 120 Grad in Kombination mit einer exzellenten Verzerrungskorrektur gefallen dabei besonders.

Bleibt als vierter Sensor noch einer zur Tiefenerkennung, der nicht zuletzt für den Porträtmodus genutzt wird. Wirklich relevante Qualitätsunterschied zur Konkurrenz fallen dabei allerdings nicht auf. Doch das S20 Ultra hat noch eine andere Option für solche Aufnahmen, die erst bei näherer Betrachtung offenbar wird. Kommt doch der native 4x-Zoom der Telefotokamera auf ein Brennweitenäquivalent von 103mm, was sich für Porträts sehr gut eignet. Wer also bereits ist, sich etwas weiter vom Objekt zu entfernen, kann hier also solche Aufnahmen mit echtem Bokeh machen.

Die Weitwinkelkamera liefert ebenfalls sehr ansprechende Fotos.
Foto: Proschofsky / STANDARD
Das Porträtfoto wird zwar an sich sehr gut, bei der automatischen Glättung übertreibt es die Samsung-Software aber.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Selfie Time

Sehr positiv fällt zudem die Frontkamera auf: Diese hat einen 40 Megapixel-Sensor mit 2x2 Binning, was auf eine effektive Pixelgröße von 1,4 μm hinausläuft, die Blende liegt bei f/2.2. Die damit erstellten Bilder werden hervorragend, und sind ein deutliches Upgrade zur Selfie-Kamera des S10. Die automatischen "Verschönerungsfilter" von Samsung muss man allerdings zuvor abdrehen, um brauchbare Bilder zu bekommen. Diese verfremden das Aussehen gewohnt wenig dezent.

Ein neues Feature der Kamera-App von Samsung nennt sich "Single Take": Dabei werden in rascher Abfolge Bilder aus den unterschiedlichen Kameras aufgenommen und auch mit kurzen Videoclips kombiniert. Die Idee dahinter ist, dass man so einen Moment möglichst lebendig und vielfältig einfangen kann. Ein nettes Extra, gleichzeitig dürfte es sich für die meisten Users wohl bald in die lange Reihe von Kamera-Gimmicks einreihen, die kaum wer je wirklich benutzt.

Das Versprechen von 8K-Videos

Ein weiteres von Samsung beworbenes Highlight ist der 8K-Support für Videos. Technisch ist das alles auch fraglos beeindruckend, und doch: Praktikabel ist dieser in seiner jetzigen Form nicht wirklich. Das liegt vor allem daran, dass die Bildqualität in der Praxis kaum besser ist als im 4K-Modus, was daran liegt, dass hier einfach der entsprechende Ausschnitt in der Mitte des 108-Megapixel-Kamerasensors verwendet wird, die Pixel also sehr nahe beieinander liegen – von Binning ist da keine Rede mehr. Auch erzeugt dies eine ganz andere, und deutlich weiter hereingezoomte Perspektive als bei den anderen Videomodi.

Dailymotion verändert natürlich das Video, insofern sagt der Clip an sich nur begrenzt etwas über die Aufnahmequalität aus. Was aber sehr gut zu sehen ist, ist der "Rolling Shutter"-Effekt bei schnellen Bewegungen. Da der Sensor nicht nachkommt, wird das Bild verzerrt.
DER STANDARD

Zudem zeigen sich im 8K-Modus Verzerrungseffekte beim schnellen Schwenken der Kamera, die in den anderen Modi so nicht zu beobachten sind. Wenn man dann noch rechnet, dass so eine 8K-Aufnahme rund 600 MByte pro Minute verbraucht, stellt sich schnell die Frage der Sinnhaftigkeit dieses Features – zumindest im aktuellen Zustand. Ein nettes Feature bleibt dann aber doch noch: Aus Videos können nämlich einzelne Frames als Foto exportiert werden – diese sind dann rund 33 Megapixel groß.

Zum Glück bietet Samsung auch sehr gut 1080p und 4K-Modi an, die in der Praxis wesentlich besser funktionieren. Auch die Tonqualität bei der Aufnahme ist sehr gut, zudem punktet Samsung mit starken Slow-Motion- und Hyperlapse-Modi sowie einer sehr guten Bildstabilisierung. Alles gut also? Leider nein, denn gerade hier machen sich die Autofokus-Probleme besonders drastisch bemerkbar. Wer etwa eine Bühne mit wechselndem Licht filmt, wird schnell merken, dass die Kamera dauernd den Fokus verliert, und neu fassen muss – was natürlich die Aufnahme ruiniert. Aber auch unter weniger herausfordernden Bedingungen kam es im Testverlauf immer wieder zu Situationen, wo der Autofokus länger mit sich selbst beschäftigt war.

Es hätte so schön sein können

Viele Worte zur Kamera, doch was bleibt? Primär der Eindruck einer – zumindest derzeit – verpassten Chance. Die Hardware von Samsung hat enormes Potential, es wirkt aber so als wäre die Software überhastet zusammengewürfelt worden. Samsung hat die bekannten Schwächen mit einem zu aggressiven Processing noch mit einer Reihe neuer Probleme kombiniert. Da wünscht man sich schnell, diese mächtige Hardware mit besserer Software – etwa jener von Apple oder Google – kombinieren zu können. In der echten Welt bleibt hingegen nur die Hoffnung, dass Samsung mit weiteren Updates zumindest die gröbsten Defizite ausräumen kann, und es sich dabei nicht um grundlegende Hardwaredefizite handelt. Sollte sich durch weiter Softwareaktualisierungen substantiell etwas ändern, werden wir jedenfalls darüber berichten.

Themenwechsel: 5G

Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Zu einem echten High-End-Smartphone des Jahres 2020 gehört aber natürlich noch etwas anderes: Nämlich 5G-Support. Im Test funktionierte das Galaxy S20 Ultra denn auch tadellos im Netzwerk von A1. Und nach einigem Suchen ist es sogar tatsächlich gelungen, einen Ort in Wien zu finden, wo es echtes 5G mit beeindruckenden 800 MBit/s zu bestaunen gab. Was dabei allerdings auch auffiel, war, dass das Gerät schnell merklich wärmer wurde. Insofern muss sich erst zeigen, wie sich das Samsung-Smartphone dann einmal schlägt, wenn es eine bessere 5G-Netzabdeckung gibt.

Derzeit – und wohl auch auf absehbare Zeit – herrscht hingegen weiter LTE vor. Zumindest ist das Galaxy S20 Ultra auch in dieser Hinsicht mit LTE Cat 20 samt 4x4 MIMO bestens ausgestattet. Theoretisch wären damit bis zu 2 Gbit/s Download möglich – so die Netzbetreiber diese Geschwindigkeiten denn auch anbieten würden. Daran hat man aber derzeit offenbar wenig Interesse, da man lieber die Werbetrommel für 5G rührt. Sehr erfreulich ist zudem die Integration einer eSIM, wie man sie bisher von Google und Apple her kennt. Ein klassisches Dual-SIM-Modell gibt es aber ebenfalls wieder. Apropos: An der Sprachqualität gibt es beim Galaxy S20 Ultra absolut nichts auszusetzen. Auch sonst ist das Samsung-Smartphone im Bereich Connectivity bestens ausgestattet, es gibt also Bluetooth 5 und WLAN 6.

Prozessor

Für die nötige Rechenleistung ist wie gewohnt ein Chip aus Samsungs eigener Fertigung zuständig – und zwar der Exynos 990. Dabei handelt es sich um einen Achtkerner, wobei zwei besonders flotte Kerne (Mongoose M5 / 2,73 GHz) mit zwei fast so schnellen (Cortex A76 / 2,5 GHz) und vier langsameren (Cortex A55 / 2,0 GHz) kombiniert werden. Dazu kommt dann noch eine Mali-GP77 Grafikeinheit.

Was heißt all das in der Praxis: Das S20 Ultra ist schnell, genau genommens sogar sehr schnell. Bei der Single-Core-Leistung kann Samsung zwar weiter nicht mit dem Performance-Niveau von Apple mithalten, im Android-Umfeld steht man damit aber sehr gut da. Und bei der Grafikleistung zeigt sich gar ein Plus von fast 50 Prozent gegenüber dem S10+ im SlingShot Extreme Benchmark von 3DMark. Einzige kleine Schwäche: Das Gerät wird bei dem 3DMark-Test recht schnell warm, wodurch auch die Leistung schon im zweiten Durchgang um rund 20 Prozent nachlässt. Danach bleibt sie aber halbwegs stabil.

Der 120-Hz-Modus ist toll, geht aber nicht bei voller Auflösung. Rechts im Bild ein nettes Extra-Feature: Drei Apps können fix im Speicher behalten werden.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

RAM

Ebenfalls wieselflink ist das RAM, kommt hier doch mittlerweile LPDDR5 zum Einsatz. Je nach Modell liefert Samsung hier 12 oder 16 GB, für ein Smartphone an die Grenze zur Absurdität neigende Werte. Zumindest nutzt der Hersteller diesen großzügigen Platz für ein interessantes Feature: Es ist nämlich möglich einzelne Apps im Speicher zu pinnen, womit sie nie beendet werden, und immer sofort zum Zugriff bereitstehen – selbst wenn sie schon länger nicht mehr verwendet wurden.

Der lokale Speicherplatz liegt je nach Ausführung bei 128 oder 512 GB. Das Folgende mag nun etwas überraschend klingen, weil 128 GB an sich für die allermeisten Nutzer mehr als genug sein sollten. Aber eigentlich ist dieser Wert ein schlechter Scherz, wenn man bedenkt, dass das betreffende Modell fast 1.400 Euro kostet, und dass Samsung mit so Dingen wie 8K-Videos und 108 Megapixel-Kamera wirbt. Wem dieser Platz noch nicht reicht, der kann den lokalen Speicherplatz aber via MicroSD-Karte um bis zu einem TByte erweitern.

Akkuleistung

All diese Hardware braucht natürlich jede Menge Strom, insofern war Samsung gut dabei beraten, dem Galaxy S20 Ultra einen Akku mit stolzen 5.000 mAh Umfang zu spendieren. Ohne 120-Hz-Modus und ohne aktiver 5G-Nutzung liefert dieser auch hervorragende Werte. Aktiviert man die höhere Bildwiederholrate liegen die Werte dann schon deutlich niedriger. Mit im Test fünfeinhalb bis sechs Stunden Screen-On-Time sind sie aber trotzdem noch immer sehr gut.

Am schnellsten wird das Galaxy S20 Ultra wie gewohnt über den USB-C-Anschluss geladen.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Sehr erfreulich sind wiederum die Schnellladefunktionen des Galaxy S20 Ultra: Hält sich dieses doch als erstes Smartphone an "USB Power Delivery 3.0" sowie den "Programmable Power Supply"-Support. Anstatt wie so viele andere Hersteller ein eigenes Süppchen zu kochen, das dann erst recht wieder nur mit dem passenden Charger des jeweiligen Herstellers etwas bringt, setzt Samsung also lieber auf einen Standard. Und das ist gut so.

Aufladen

Mit dabei im Lieferumfang des S20 Ultra ist ein 25 Watt-Charger, mit dem das Smartphone erfreulich flott voll ist. Im Test war es bereits nach 30 Minuten zu 58 Prozent aufgeladen, eine vollständige Ladung dauerte dann 68 Minuten. Mit einem extern erhältlichen 45 Watt Ladegerät soll es dann noch eine Spur schneller gehen. Allzu große Sprünge sollte man allerdings nicht mehr erwarten, da diese leistungsstarken Ladegeräte üblicherweise nur am Anfang so flott sind, und dann die Geschwindigkeit aus Sicherheitsgründen deutlich reduzieren. Übrigens: Fast Wireless Charging 2.0 gibt es hier ebenfalls.

Fingerprint

Wie auch schon das Galaxy S10 bietet die S20-Reihe auch wieder einen Ultraschall-Fingerabdrucksensor unter dem Display an. Dieser funktioniert halbwegs zuverlässig, die Kritik am Vorgänger bleibt aber: Die Sensorgröße hat sich nicht verändert, man muss also relativ genau treffen. Und ohne hinzusehen wird das ohnehin nichts. Zumindest wurde die Position leicht verändert, so, dass sie nun etwas weiter oben am Display ist. Wirklich verblüffend ist hingegen, dass Samsung bei der Einrichtung des Geräts als Default-Wahl zur Absicherung des Geräts Gesichtserkennung anbietet. Das ist angesichts dessen, dass es nur eine Frontkamera ohne irgendeine Spezialhardware gibt, geradezu fahrlässig. Sind doch solche simplen Gesichtserkennungssysteme bekanntermaßen extrem leicht auszutricksen.

Biometrische Erkennung bleibt eine Schwäche beim S20 Ultra: Der Sensor unter dem Display ist sehr klein und kann im Gegensatz zu einem auf der Rückseite oder auch im Power-Button nicht blind ertastet werden.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Das Galaxy S20 Ultra ist einmal mehr nach IP68 vor Staub und Wasser (30 Minuten bei 1,5 Meter tiefen in klarem Wasser) geschützt. Neu hinzugekommen ist ein eigenere Sicherheitschip von Samsung selbst, der besonders sensible Daten wie den Fingerprint getrennt vom restlichen System verwahrt. Ähnliches hat Google bei der Pixel-Reihe schon seit einiger Zeit integriert. Künftig könnten in dieser unter Android "Strongbox" genannten Komponente auch Ausweisdaten gespeichert werden, mit Android 11 sollen jedenfalls der ISO-Standard für Führerscheininformationen unterstützt werden.

Software

Kommen wir zur Software. Samsung liefert hier sein OneUI 2.1 auf Basis von Android 10 an. Das ist prinzipiell durchaus gut gelungen, und optisch auch hübsch umgesetzt. Allerdings würde man sich wünschen, dass der Hersteller sein System wieder einmal aufräumt: Die Anzahl an Schnelleinstellungen und kaum genutzten, kleinen Features erzeugt einen ziemlich unübersichtlichen Eindruck. Selbst bei der Suche gibt es dann oft viele ähnliche klingende Funktionen und Einstellungspunkte zur Wahl.

Die Zahl der vorinstallierten Apps war schon einmal schlimmer, zumindest ist ein guter Teil davon wirklich optional. So kann man schon beim Setup dreizehn davon abwählen, ein paar mehr können dann noch nach der Einrichtung restlos entfernt werden. Um so ärgerlicher ist, dass Samsung weiter Facebook samt einem versteckten Dienst fix vorinstalliert. Und beim S20 ist jetzt auch noch Netflix als nicht deinstallierbare Anwendung hinzugekommen.

Bixby bleibt!

Bereits am Anfang wurde das Ende des Bixby Buttons erwähnt. Das bedeutet aber (noch) nicht das Ende von Samsungs digitalem Assistenten. Dieser kann nun über einen Langdruck auf den Power-Knopf erreicht werden. Eine etwas unglückliche Wahl, immerhin ruft man dann schon mal beim Versuch einen Screenshot aufzunehmen unabsichtlich Bixby herbei. Zudem ist an dieser Stelle üblicherweise das Menü zum Ausschalten des Geräts zu finden. Die gute Nachricht: Diese Belegung lässt sich in den Einstellungen ändern, womit dann wieder das Power-Menü bei einem Langdruck auf diesen Button erscheint.

Der Homescreen des S20 Ultra präsentiert sich wie von Samsung gewohnt. (links) Beim Setup lassen sich jede Menge Zusatz-Apps abwählen, wenn man gut aufpasst (Mitte). Statt Bixby Home gibt es jetzt Samsung Daily (rechts).
Foto: Proschofsky / STANDARD

Statt Bixby Home gibt es links neben dem ersten Homescreen nun einen neue Übersicht namens "Samsung Daily". Was dort geboten wird, wirkt aber kaum weniger beliebig zusammengewürfelt als der Vorgänger. So recht scheint Samsung also nicht zu wissen, was man mit dieser zentralen Position anfangen soll. Deaktivieren lässt sich dieses Feature leider nicht.

Eine erfreulicher Zugang ist hingegen der "Live Caption"-Support: Als erstes Nicht-Google-Smartphone gibt es beim S20 die Möglichkeit beliebige Tonausgaben in Echtzeit direkt am Gerät mit Untertiteln versehen zu lassen. Ein ziemlich beeindruckendes Feature, das derzeit aber leider noch nicht der deutschen Sprache mächtig ist.

Updates

Zum Abschluss noch ein Lob, das vor einigen Jahren noch unvorstellbar war: Mittlerweile ist Samsung nämlich bei der Versorgung mit Sicherheitsaktualisierungen erheblich besser geworden. Zumindest bei den Topgeräten gibt es fix monatlich die neuesten Fehlerbereinigungen, und bei der Supportlänge übertrumpft man mit einem Wert von irgendwo zwischen drei und vier Jahren sogar Google selbst. Bei der Auslieferung großer Versionssprünge ist Samsung zwar zuletzt ebenfalls deutlich besser geworden, trotzdem gäbe es hier noch gehörig Luft nach oben: Für das S20 Ultra verspricht Samsung lediglich zwei große Versionssprünge, bei Android 12 ist dann also Schluss. Für so viel Geld sollte man eigentlich mittlerweile mehr verlangen dürfen.

In Österreich kommt das Galaxy S20 Ultra am 13. März in den Handel. Wer das Gerät rechtzeitig vorbestellt hat, wird es aber schon einige Tage zuvor erhalten. Auch die großen heimischen Mobilfunkanbieter nehmen das neue Topgerät von Samsung wieder in ihr Angebot auf.

Fazit

Ein fantastischer Bildschirm samt 120-Hz-Modus, sehr gute Performance und 5G-Support: Das Galaxy S20 Ultra hat viele Highlights zu bieten. Gleichzeitig drängt sich aber leider auch ein anderer Eindruck auf: An einigen Stellen wirkt das Galaxy S20 Ultra nämlich schlicht unfertig. Als hätte Samsung sich irgendwann erst spät im Release-Zyklus dazu entschlossen, noch ein drittes Modell auf den Markt zu werfen und dafür einige eigentlich erst für spätere Geräte gedachte Komponenten wild zusammenzuwürfeln. Und dann ist halt die Zeit für die Softwareintegration all dieser neuen Hardware zu knapp geworden. Das würde zumindest erklären, wieso das Gerät mit dermaßen eklatanten Probleme bei der Kamera ausgeliefert wird. Anders ist dies nämlich kaum zu verstehen.

Ein Tipp für die Zukunft: Nicht unbedingt jene Dinge groß aufs Gehäuse schreiben, die dann am leichtesten als Unsinn zu enttarnen sind.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Samsung verspricht zwar Updates, die so manches Problem beheben sollen, aber ganz ehrlich: Verlassen sollte man sich auf solche Versprechungen lieber nicht. Die Erfahrung zeigt, dass die Smartphone-Hersteller bei Kritik an ihren Geräten sehr schnell bei der Ankündigung von Fehlerbereinigungen sind, die dann aber oft nicht kommen – oder zumindest nicht in dem Maß, das sich die Konsumenten erhoffen. Und auch Samsung ist in seinen Stellungnahmen zur Kritik bisher äußerst vage geblieben. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte also besser noch ein paar Wochen mit einem Kauf zuwarten, um zu sehen, ob das Update-Versprechen sich bewahrheitet – oder eben nicht.

Ist das Galaxy S20 Ultra nun also sein Geld wert? Die einfachste – und zugegeben etwas ausweichende – Antwort darauf ist natürlich, dass das jeder für sich selbst entscheiden muss. Immerhin ist der verlangte Preis auch ohne Blick auf die gebotenen Möglichkeiten für viele bereits ein Ausschlussgrund. Für andere wiederum stellen solche Dinge eine untergeordnete Frage dar. Trotzdem: Eigentlich sollte man für einen dermaßen hoch angesiedelten Preis auch ein so gut wie perfektes Paket erwarten können. Davon ist das Galaxy S20 Ultra dann aber leider doch ein ganzes Stück entfernt. (Andreas Proschofsky, 8.3.2020)