Signal gibt es für viele Plattformen – seit ein paar Monaten auch in einer eigenen iPad-Version.

Grafik: Signal

Fragt man Sicherheitsexperten nach einem Messenger, den sie empfehlen würden, lautet die Antwort oft: Signal. Mit ihrem kompromisslosen Fokus auf den Schutz der Privatsphäre der Nutzer hat sich die Open-Source-Software in einschlägigen Kreisen einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Bei der breiten Masse ist die Software hingegen noch nicht angekommen: Im Vergleich zu Whatsapp oder auch zu Facebooks Messenger ist Signal bestenfalls eine statistische Randnotiz. Dies soll sich nun aber ändern.

Neue Ausrichtung

Signal wird endlich massentauglich, fasst es "Wired" in einem aktuellen Artikel über den verschlüsselten Messenger zusammen. Nachdem man sich Jahre auf die Kernfunktionen konzentriert hat, soll die Software zunehmend zu einem vollständigen Ersatz für Whatsapp und Co werden. Und das heißt auch, verspielte Features aufzunehmen, die den Entwicklern lange als nebensächlich galten. So wurden in den vergangenen Monaten etwa Sticker oder Emoji-Reaktionen bei Signal aufgenommen. Dies neben anderen interessanten Features wie Bildern, die nur ein paar Mal betrachtet werden können, bevor sie automatisch gelöscht werden. Der iPad-Support ist ebenfalls noch recht neu.

Finanzierung

Möglich wird all das durch eine Finanzspritze von Whatsapp-Mitgründer Brian Acton: Dieser hat 50 Millionen US-Dollar von jenem Geld, das er mit dem Verkauf seines Messengers an Facebook verdient hat, direkt in den Konkurrenten gesteckt. Das Ergebnis: Musste Signal jahrelang mit drei notorisch überarbeiteten Entwicklern auskommen, ist deren Zahl mittlerweile auf 20 angewachsen.

Acton beschränkt sich aber nicht bloß auf eine Finanzspritze, er bringt sich auch selbst ein. Als Vorsitzender der Signal Foundation formuliert er dabei ambitionierte Ziele: Innerhalb der kommenden fünf Jahre soll Signal die Zahl von einer Milliarde Nutzern überschreiten. Derzeit ist man von diesen Zahlen noch weit entfernt. Da Signal selbst keine Nutzerzahlen nennt, lassen sich diese nur schätzen. In Googles Play Store liegen die Download-Zahlen des Messengers irgendwo zwischen zehn und 50 Millionen. Dabei ist aber längst noch nicht gesagt, dass alle davon die Software derzeit auch nutzen.

Ganz so konkret wird Signal-Erfinder Moxie Marlinspike nicht, aber bei der grundlegenden Richtung stimmt er Acton zu: Lange war Signal ein Tool für Nerds, künftig wolle man auch jene erreichen, die einfach nur eine gute Alternative zu Whatsapp oder iMessage suchen – und dabei ganz nebenbei von der höheren Sicherheit von Signal profitieren.

Alles neu überdacht

Dieser Fokus auf den Schutz der Privatsphäre der Nutzer steht denn auch bei Signal immer im Vordergrund. Wenn etwa Signal plötzlich Sticker anbietet, dann geht das nicht wie bei anderen, indem diese einfach irgendwo online angeboten werden. Stattdessen wurde lange überlegt, wie man dieses Feature implementieren kann, ohne dass irgendwelche Metadaten anfallen – also Rückschlüsse möglich sind, wer einzelne Sticker nutzt oder wer solche Packs selbst anbietet. Zu diesem Zweck hat man einen Ansatz entwickelt, bei dem jegliche Packs mit einem eigenen Key verschlüsselt werden, den auch Signal nie kennt und der von Nutzer zu Nutzer weitergereicht wird.

Unterschiede

Genau solche Dinge sind es, die Signal denn auch von Whatsapp abheben. Denn prinzipiell verwendet Facebooks Messenger exakt dieselbe Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wie Signal. Das Problem ist aber, dass damit zwar die Nachrichten geschützt werden, trotzdem aber noch immer jede Menge Metadaten anfallen, die Rückschlüsse auf die Kommunikation zulassen. Das dürfte auch der Grund sein, warum Marlinspike mittlerweile umgedacht hat. Vor einigen Jahren war er noch davon überzeugt, dass Signal eines Tages überflüssig werden wird, wenn die anderen Messenger einmal alle dessen Verschlüsselungstechnologie übernommen haben. So einfach ist es aber eben nicht.

Zukunft

Aber natürlich gibt es auch bei Signal in dieser Hinsicht noch so manches zu tun. Als Nächstes auf dem Plan steht etwa eine verbesserte Gruppenchat-Funktion, bei der auch der Server nicht weiß, welche Accounts in einzelnen Gruppen sind. Ebenfalls in Entwicklung ist die verschlüsselte Speicherung von Kontakten in der Cloud. Dahinter verbirgt sich nicht zuletzt das Ansinnen, einen der größten Problempunkte im Signal-Konzept loszuwerden: die Abhängigkeit der Identität von einer Telefonnummer. An den aktuellen Plänen von Signal in diese Richtung gibt es zwar erst recht wieder Kritik, weil Experten davon ausgehen, dass sich Marlinspike allzu sehr auf die Sicherheit von Hardwarelösungen wie Intels SGX verlässt. Aber wenn die vergangenen Jahre eines zeigen, dann das: Früher oder später wird man auch dafür eine Lösung finden. (apo, 4.3.2020)