EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Greta Thunberg.

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Genf – Die EU-Kommission hat ihren Gesetzesvorschlag zur Klimaneutralität bis 2050 vorgestellt. "Mit dem europäischen Klimagesetz schlägt die Kommission ein rechtsverbindliches Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 vor", erklärte die Brüsseler Behörde am Mittwoch. Ein neues Zwischenziel für 2030 formulierte sie allerdings vorerst nicht.

Das Gesetz für die angestrebte Klimaneutralität ist ein zentraler Baustein der umfassenden Klimaschutzstrategie "Green Deal" von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Demnach soll mit milliardenschweren Investitionen der Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 geschafft werden.

Reduktion bis 2030

Das bisherige EU-Klimaziel für 2030 sieht vor, die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Dies würde aber nicht ausreichen, um Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Die Kommission will nun zunächst bis September das 2030er-Ziel überprüfen und gegebenenfalls Optionen vorschlagen, dieses auf "50 bis 55 Prozent" zu erhöhen.

Ab 2030 will die Kommission laut Entwurf selbstständig in Schritten von fünf Jahren ihre Ziele überprüfen und anpassen, um 2050 dann klimaneutral zu sein. Sie richtet sich damit nach dem auch im Weltklimavertrag beschlossenen Vorgehen. Der Gesetzesvorschlag muss noch von EU-Parlament sowie den Mitgliedsstaaten gebilligt werden.

Thunberg sieht Scheinlösung

Kritik kam von der Aktivistin Greta Thunberg. Sie hat das EU-Klimagesetz als "Kapitulation" vor der Herausforderung der globalen Erwärmung kritisiert. Die Festlegung auf ein "klimaneutrales" Europa bis 2050 sei eine Scheinlösung, schrieb Thunberg gemeinsam mit anderen Aktivisten in einem offenen Brief an die EU-Kommission. Tatsächlich nötig sei sofortiges Handeln.

Die Kommission hat Thunberg zur Sitzung der Kommissare eingeladen. Anschließend soll die 17-Jährige auch mit Abgeordneten des Umweltausschusses im Europaparlament diskutieren. Doch schon im Voraus las sie den EU-Politikern in drastischen Worten die Leviten. Ein Klimagesetz, das nicht streng auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und auf einem gerechten Interessenausgleich zwischen Arm und Reich in der Welt basiere, schade mehr als es nütze, heißt es in dem offenen Brief.

Knappes CO2-Budget

Entscheidend sei, dass für einen Stopp der globalen Erwärmung bei 1,5 Grad weltweit höchstens noch 340 Gigatonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen dürften – das sogenannte globale CO2-Budget. Gehe es weiter wie bisher, reiche dies nur noch für acht Jahre. Drastische Gegenmaßnahmen müssten sofort beginnen.

Das CO2-Budget werde völlig ignoriert, heißt es weiter. "Das muss sich in dieser Minute ändern." Sich auf die Zielmarke 2050 zu konzentrieren, bedeute aufzugeben. "Wir brauchen nicht nur Ziele für 2030 oder 2050", schrieb Thunberg. "Wir brauchen sie vor allem für 2020 und jeden Monat und jedes Jahr, das nun folgt."

Kritik von zwölf EU-Ländern

Kritik kam auch von einigen Mitgliedsstaaten. Die EU müsse sich schon deutlich vor der nächsten Klimakonferenz im November im schottischen Glasgow auf neue Ziele für 2030 einigen, schrieben zwölf EU-Länder bereits am Dienstag in einem Schreiben an den für die Klimapolitik zuständigen Kommissionsvize Frans Timmermans. Unterzeichnet haben Minister aus Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowenien, Spanien und Schweden. (APA, 4.3.2020)