Luftverschmutzung ist eine der Hauptursachen für vorzeitige Todesfälle und den Verlust an Lebensjahren.

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Auch wenn die Menschen gerade nur ein Gesundheitsthema beschäftigt, eine weit größere Gefahr als das Coronavirus ist verschmutzte Luft, die uns täglich umgibt. Denn sie erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen und reduziert so die Lebenserwartung der Menschen im globalen Durchschnitt stärker als Infektionskrankheiten oder Rauchen.

Konkrete Zahlen dazu liefern aktuell Wissenschafter des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universitätsmedizin Mainz in einer neuen Studie. Demnach verursachte Luftverschmutzung im Jahr 2015 weltweit 8,8 Millionen vorzeitige Todesfälle.

Das entspricht einer durchschnittlichen Verkürzung der Pro-Kopf-Lebenserwartung von 2,9 Jahren. Im Vergleich dazu reduziert Rauchen die Lebenserwartung um durchschnittlich 2,2 Jahre (7,2 Millionen Todesfälle), HIV/Aids um 0,7 Jahre (eine Million Todesfälle), parasitäre und durch Vektoren – also durch Lebewesen wie Stechmücken oder Läuse – verursachte Krankheiten wie Malaria um 0,6 Jahre (600.000 Todesfälle).

Feinstaub und Ozon

"Da die Auswirkungen auf die Gesundheit so enorm sind und die Bevölkerung weltweit betreffen, könnte man sagen, dass unsere Ergebnisse auf eine Luftverschmutzungspandemie hindeuten", sagt Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und Erstautor der Studie. Sie ist die erste, die globale Auswirkungen von Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Menschen im Vergleich zu anderen Risikofaktoren weltweit untersucht.

Die weltweite Belastung vor allem mit Feinstaub und Ozon haben die Forscher mit einem atmosphärenchemischen Modell berechnet. Und dann untersucht, inwiefern bei jenen Menschen Krankheiten auftreten, die Schadstoffen ausgesetzt sind.

Die Ergebnisse zeigen: Die durch die Luftverschmutzung verursachte vorzeitige Sterblichkeit ist in Ostasien und Südasien am höchsten (35 beziehungsweise 32 Prozent), gefolgt von Afrika (elf Prozent), Europa (neun Prozent), Nord- und Südamerika (sechs Prozent). Australien hat mit 1,5 Prozent die niedrigste Sterblichkeitsrate – und die strengsten Luftreinhaltungsstandards.

Vermeidbare Todesfälle

In ihrer Studie haben die Forscher auch untersucht, wie sich Emissionen natürlichen Ursprungs, wie Waldbrände und Wüstenstaub, im Vergleich zu jenen, die Menschen verursachen, auswirken – etwa die intensive Nutzung fossiler Brennstoffe. Hier zeigte sich: Fast zwei Drittel der durch Luftverschmutzung verursachten Sterbefälle, nämlich rund 5,5 Millionen pro Jahr, sind grundsätzlich vermeidbar, denn der Großteil verschmutzter Luft stammt aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe. Die Forscher schätzen demnach, dass durch Verzicht auf Kohle und Öl die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit um etwas mehr als ein Jahr steigen würde.

Bereits im Vorjahr haben die Forscher der Universitätsmedizin Mainz und des Max-Planck-Instituts für Chemie eine ähnliche Studie veröffentlicht, die sich mit den Folgen der Luftverschmutzung in Europa befasste: Danach sterben jedes Jahr fast 800.000 Europäer vorzeitig an Krankheiten, die durch Luftverschmutzung verursacht werden. Verschmutzte Luft verkürzt die Lebensdauer der Europäer im Schnitt um mehr als zwei Jahre. (red, 5.3.2020)