Thüringen hat wieder einen Ministerpräsidenten: Bodo Ramelow.

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Der Linke Bodo Ramelow kann nun mit seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung an den Start gehen, das ostdeutsche Bundesland wird wieder regiert. Ende der Chaostage, die in Thüringen sehr lange gedauert haben. Aber einfach wird die Aufgabe für Ramelow nicht – und das nicht bloß, weil er sich mit seiner Minderheitsregierung mühsam für einige Projekte die Zustimmung der CDU suchen muss.

Das allein wäre schon schwierig genug, doch in Erfurt kommt noch ein großer Scherbenhaufen dazu, der vor allen Parteien liegt. Was dort in den vergangenen vier Wochen passiert ist, ist durch die Wahl Ramelows nicht einfach wegzuwischen. Die Politik hat sich unendlich blamiert, allen voran FDP und CDU, die zunächst bei der Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) mit der AfD gemeinsame Sache gemacht haben – in ihrem Furor gegen Ramelow und die Linken.

Ränkespiele der AfD

Dieser ist aber auch nicht nur Opfer, er war einfach zu siegesgewiss und selbstbewusst in die erste Wahl am 5. Februar gegangen und hat dafür die Quittung bekommen. Und er hat in den Wochen darauf lernen müssen, dass man auch mit einem sehr guten Wahlergebnis Kompromisse machen muss. Unerträglich für Demokraten waren die Ränkespiele der AfD im ersten Anlauf, leider sieht man das aber bei den Rechten ganz anders, da parlamentarische Usancen dort ohnehin nicht viel gelten.

Ramelow kommt nun die Aufgabe zu, die tief gespaltenen Lager wieder irgendwie zusammenzuführen oder zumindest die Gräben zu verkleinern. Nach seiner Wahl am Mittwoch hat er AfD-Rechtsaußen Björn Höcke den Handschlag verweigert. Man kann das verstehen, fragt sich aber: Wie soll das in Zukunft laufen? Es geht dabei nicht um Höcke persönlich, sondern um all die Wählerinnen und Wähler, die für ihn gestimmt haben und die die anderen Parteien ja eigentlich nicht aufgeben wollen.

Angewiderte Wähler

In dieser schwierigen Situation sollten sich die Parteien außerdem wieder so aufstellen, dass sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen. Viele von ihnen sind nach den Vorgängen der jüngsten Zeit einfach nur noch angewidert. Gleichzeitig braucht es ein ausbalanciertes Geben und Nehmen zwischen den politischen Gegnern. So wird sich Ramelow Zustimmung der CDU vielleicht mit der Zusage erkaufen müssen, das Unrecht, das in der DDR geschah, gründlicher aufzuarbeiten.

Aber all dies darf natürlich nicht zu sehr nach "Geschachere" aussehen, mit dem die Parteien bloß ihre Ausgangssituation für die Neuwahlen im April 2021 verbessern wollen. Die CDU hat noch dazu ein Spezialproblem: Sie muss sich nicht nur in Thüringen wieder sammeln, sondern auch noch die Frage mit der Bundes-CDU klären, wie nahe sie denn nun der Linkspartei eigentlich kommen darf. Aber eines hat sie – ebenso wie die FDP – hoffentlich gelernt: Jeglicher Seitenblick zur AfD verbietet sich nach diesem Desaster von selbst. (Birgit Baumann, 5.3.2020)