Die meisten Verstöße stellte der Presserat 2019 bei "Österreich" und "Oe24" fest.

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297 Beiträge* österreichischer Zeitungen und Zeitungsplattformen hat der Presserat 2019 beurteilt, 37 davon haben nach Ansicht des Selbstkontrollorgans der österreichischen Blätter gegen den Ehrenkodex der Branche verstoßen. Die meisten – 14 – erschienen in "Österreich" beziehungsweise online auf oe24.at. Die Titel der Fellner-Mediengruppe verstießen damit 2019 gegen den Ehrenkodex häufiger als die "Krone", die der Presserat in den vergangenen Jahren am häufigsten verurteilt hatte.

"Krone"-Journalistin im Presserat

Die "Krone" erkennt den Presserat bisher nicht an, seit Mittwoch ist aber eine neue "Krone"-Journalistin, Alexandra Halouska, Mitglied in Senat 2 des Presserats. Sie wurde von der Journalistengewerkschaft nominiert. Bisher war der frühere "Krone"-Redakteur Erich Schönauer in dem Senat. Auch die Gratiszeitung "Heute", "Die ganze Woche", "Süd-Ost Journal" und die Website oe24.at unterwerfen sich nicht dem Ehrenkodex und dem Presserat. Der Presserat beurteilt diese Publikationen dennoch. Wer den Ehrenkodex anerkennt, muss die Beurteilung des Presserats über eigene Veröffentlichungen auch publizieren.

Gegen den Ehrenkodex verstießen 2019 nach Ansicht der Senate etwa diese Beiträge:

Videos von der Tötung eines Mannes mit einem Schwert in Stuttgart auf krone.at, oe24.at und einen Onlinebeitrag des "Wochenblick" dazu wertete der Presserat als groben Verstoß gegen Menschenwürde und Opferschutz.

Einen schweren Verstoß wegen unlauterer Materialbeschaffung erkannte der Presserat bei einem "Heute"-Reporter, der einen Angehörigen eines Tatverdächtigen (hier zunächst falsch: Mordopfers) glauben ließ, er sei ein Polizeibeamter.

Den Persönlichkeitsschutz "gänzlich missachtet" haben Medien nach Ansicht des Presserats mit der Veröffentlichung des Dopingvideos eines Langlaufathleten.

Strache und Flüchtlinge als "Ratten"

Mit der Karikatur der ehemaligen FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus als "Ratten" in einer Ibiza-Szene verstieß nach Ansicht des Presserats die "Krone bunt" nicht gegen den Ehrenkodex. Der Senat verweist etwa auf den Sachbezug zum Braunauer "Rattengedicht".

Das "Süd-Ost Journal" verglich Flüchtlinge mit Ratten: "Die Stadt Wien, die einstige Hochburg der Monarchie, ist auf dem Wege zur kriminellen Hauptstadt des Staates Österreich. Wie die Ratten hausen sie da, die illegal nach Österreich Eingedrungenen." Eine Pauschalverunglimpfung und Diskriminierung laut Presserat.

Eine "Krone"-Kolumne von Michael Jeannée über Conchita Wurst und ihren Auftritt auf dem Opernball 2019 verletzte nach Ansicht des Presserats ebenfalls den Ehrenkodex. Der Kolumnist bezeichnete sie etwa als "krank" und "verhaltensgestört".

Bei der APA und dem STANDARD stellte der Presserat 2019 einen Verstoß mit der Berichterstattung über Details der Tötung einer Siebenjährigen im Jahr 2018 fest. Der Fall wurde in der Statistik der Verstöße 2018 ergänzt.

Die auffällig hohe Zahl von Meldungen über den STANDARD im Jahr 2019 bei null festgestellten Verstößen erklären Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek und Senatsvorsitzende Andrea Komar mit der hohen Bekanntheit des Presserats unter den STANDARD-Lesern; zudem hätten sich Beschwerden wegen "Nichtigkeiten" gehäuft, die Warzilek als Versuch der Instrumentalisierung des Presserats durch rechte Kreise interpretiert. Komar verweist auch auf Beschwerden über Kommentare, die nicht der Meinung der Beschwerdeführer entsprachen. (fid, 5.3.2020)