Gestorben wird nicht nur zu Allerheiligen, sondern das ganze Jahr über. Dennoch beschäftigen sich die Österreicher nur ungern mit dem Tod: Laut Notariatskammer macht nur jeder fünfte Österreicher ein Testament, jeder dreizehnte hat eine Patientenverfügung. Umso größer sei dann die Betroffenheit, wenn es einen unvorhergesehenen Todesfall gibt oder eine schwere Krankheit eintritt, sagt Sabine List, die heuer zum zweiten Mal die Publikumsmesse "Seelenfrieden" ausrichtet.

Sie selbst ist Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleiterin und möchte mit der Messe das Thema Tod aus dem Tabu holen. In ihrem Arbeitsalltag beobachtet sie immer wieder, wie überfordert Angehörige sind, wenn jemand stirbt. "Plötzlich muss man sich mit Themen auseinandersetzen, über die man sich noch nie Gedanken gemacht hat", sagt sie. "Gibt es ein Testament? Eine Lebensversicherung? Hat der Verstorbene Wünsche bezüglich seiner Bestattung geäußert?" All diese Fragen sollten zu Lebzeiten geklärt werden, findet List. Danach folgen ohnehin weitere Herausforderungen wie die Kündigung von laufenden Zahlungen oder die Wohnungsauflösung des Verstorbenen.

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Vorbereitung, Information und eine Auseinandersetzung mit dem Tod machen ihn nicht mehr dunkel und bedrohlich.
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Vorstellungen für das Lebensende klar formulieren

Sich frühzeitig mit dem Sterben auseinanderzusetzen sei keineswegs negativ. Ganz im Gegenteil: Es könnte die eigene Sichtweise auf das jetzige Leben nachhaltig verändern. "Wir sind nicht unsterblich und sollten unser Leben so gestalten, dass wir am Ende sagen können, dass es schön war." Für List heißt das auch, dass man seine Wünsche und Vorstellungen für das Lebensende klar äußert – sei es mündlich oder schriftlich. Das würde vor allem eine große Entlastung für die Hinterbliebenen bedeuten. In ihrer Arbeit als Trauerbegleiterin beobachtet List, dass im Todesfall bei vielen schier keine Zeit zum Abschiednehmen bleibt. So würden Angehörige erst nach dem Begräbnis in ein emotionales Loch fallen – dann, wenn sie den Verlust eines geliebten Menschen realisiert haben.

Demnach war es der Organisatorin ein besonderes Anliegen, dass Experten vor Ort über Patientenverfügungen, Pflege, Palliativ- und Hospizbetreuung oder Tatortreinigung informieren. List findet, auch junge Menschen sollten eine Patientenverfügung erstellen lassen. Diese kann im Falle eines schweren Unfalls relevant werden. "Mit einer Patientenverfügung kann man zum Beispiel, falls man dazu selbst nicht mehr in der Lage ist, bestimmte medizinische Behandlungen vorweg ablehnen."

Bunt gekleidet aufs Begräbnis

Bei der Messe erfährt man als Besucher auch, dass ein Begräbnis nicht immer grau und traurig sein muss. "Die Bestattungsbranche ist in einem Wandel, es gibt viel Spielraum für eigene Wünsche, Ideen und Vorstellungen", sagt List. In anderen Kulturen wird beim Abschied gelacht und getanzt. Hierzulande würde man das Begräbnis hingegen noch immer so trist organisieren, "weil es sich so gehört". Dabei könnte es auch eine Abschiedsfeier mit schönen, berührenden und sogar heiteren Momente sein. So sei es etwa nicht mehr zwingend erforderlich, völlig in Schwarz gekleidet zu erscheinen: "Man darf auch bunt kommen, wenn man das möchte." Letztendlich sollte der Abschied authentisch sein, man will sich gemeinsam an das Leben des Verstorbenen erinnern. Wie individuell ein Begräbnis heute sein kann, beweisen Start-ups und Künstler, die bunt bemalte Särge oder Töpferkurse für selbstgemachte Urnen anbieten.

Der Umgang mit trauernden Menschen

Neben zahlreichen Ausstellern gibt es an den zwei Tagen auch ein vielfältiges Programm an Vorträgen und Workshops. Es wird über Trauer am Arbeitsplatz aufgeklärt oder darüber, dass Männer anders trauern als Frauen. "Viele wissen nicht, was sie sagen oder tun sollen, wenn jemand einen geliebten Menschen verloren hat", sagt List. Das Schweigen sei für die Betroffenen ganz schlimm. "Deswegen thematisieren wir, wie man als Freund, Kollege oder Vorgesetzter eines Betroffenen mit so einer Situation umgeht."

Auch kleine Kinder würden unterschiedliche Unterstützung benötigen, wenn sie Trauer im nahen Umfeld erleben, sagt Erzieherin und Trauerbegleiterin Beate Seemann. Sie ist eine der Vortragenden an diesem Wochenende. "Erwachsene versuchen oft Kinder durch Ablenkungsmanöver zu schützen und zu vertrösten." Sie selbst musste als Neunjährige die schmerzliche Erfahrung machen, dass nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters niemand mit ihr darüber sprach. In ihrem Vortrag sollen Eltern, Erzieher, Lehrer, Psychologen oder Pflegekräfte erfahren, wie man Kinder in Trauerprozesse einbezieht und unterstützt, ohne sie zu überfordern. (Nadja Kupsa, 6.3.2020)