Wien – Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hat die Integration der seit 2015 nach Österreich Geflüchteten als "gesamtgesellschaftlichen Kraftakt" bezeichnet. "Österreich hat die Folgen von 2015 noch nicht überstanden", erklärte sie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag und warnte, dass die Migrationskrise schnell zur Integrationskrise werden könne.

In Österreich hätten seit 2015 rund 200.000 Menschen um Asyl angesucht, 110.000 hätten einen positiven Asylbescheid erhalten, erklärte die Ministerin: "Das ist in der Größenordnung der Stadt Klagenfurt." Die Unterbringung in den Asylquartieren habe mehr als zwei Milliarden Euro gekostet, insgesamt habe man 70.000 Deutschkurse und 100.000 Wertekurse sowie mehr als eine halbe Million Beratungen durchgeführt.

Österreich dürfe nicht die falschen Signale setzen, sagte Susanne Raab.
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Österreich habe zahlreiche Maßnahmen zur Integration gesetzt, auch ehrenamtlich sei "enorm" viel geleistet worden, betonte Raab. Es gebe aber weiterhin viel zu tun. Aktuell befinden sich 30.000 Asylwerber in der Grundversorgung, rund 100.0000 Flüchtlinge hätten 2018 Mindestsicherung bezogen. Eine der größten Herausforderung sei die Integration der rund 32.000 als arbeitslos gemeldeten Asylsuchenden.

Die Qualifikationen der Zugewanderten seien unterschiedlich, zum Teil müssten sie erst alphabetisiert werden, ehe eine Integration in den Arbeitsmarkt möglich sei. Internationalen Erfahrungen zufolge brauche es ungefähr zehn Jahre, bis sich die Arbeitslosenquote der Flüchtlinge jener der heimischen Bevölkerung angleicht.

"Primär" sollten Nachbarländer Schutz bieten, meinte Raab und verwies auf Österreichs Leistungen während der Jugoslawien-Krise. Damals habe Österreich 90.000 Menschen aufgenommen. Daher habe sich die Regierung auch dazu bekannt, Griechenland zu unterstützen und die Hilfe vor Ort auszubauen beziehungsweise humanitäre Hilfe in Krisenregionen zu leisten. Freilich strebe man ein Folgeabkommen mit der Türkei an, "wir lassen uns aber auch nicht erpressen".

Heuer 1.000 Frauen und Kinder

Eine Aufnahme von Frauen und Kindern aus griechischen Lagern lehnt Raab ab. Sie verweist darauf, dass Österreich laufend Menschen aufnehme. Heuer waren es bis dato 2.600 Asylanträge, davon 1.000 Frauen und Kinder. Die Integrationsministerin erinnerte in diesem Zusammenhang an das Recht auf Familiennachzug: "Wenn Frauen und Kinder kommen, kommen auch die Männer nach."

Die Menschen müssten langfristig integriert werden, schließlich seien diese gekommen, "um ein Leben lang zu bleiben". Europa dürfe nicht die Fehler von 2015 wiederholen und falsche Signale setzen, so Raab: "Wir dürfen nicht vermitteln, dass, wenn man es nach Griechenland schafft, schafft man es auch nach Österreich, Deutschland oder Schweden." Österreich sei EU-weit nach Zypern und Luxemburg das Land mit dem höchsten Migrantenanteil: "Jeder Vierte in Österreich hat einen Migrationshintergrund."

Raabs Auftritt wurde von mehreren Aktivisten gestört, die ein Transparent mit dem Slogan "Grenzen schließen heißt Menschen erschießen" entrollten und dabei unter anderem skandierten: "Asyl ist Menschenrecht." Wie diese im Anschluss erklärten, waren sie Vertreter der Sozialistischen Jugend (SJ), des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) und der Jungen Generation der SPÖ. Die Aktion sei Teil eines Aktionstags gewesen. Unter anderem kündigten die Aktivisten an, auch vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse gegen die "Aushebelung der Genfer Flüchtlingskonvention" zu protestieren. (APA, 5.3.2020)