Ein Professor nimmt seine Vorlesung an der Universität Milano-Bicocca vor leeren Sitzreihen auf.

Foto: APA/AFP/PIERO CRUCIATTI

Gezeichnet von permanenten Krisensitzungen und schlaflosen Nächten ist Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte vor die Kameras getreten, um die Schließung sämtlicher Bildungsinstitute zu verkünden: Kindergärten, Grund-, Haupt- und Mittelschulen sowie Universitäten bleiben in ganz Italien bis mindestens Mitte März geschlossen. "Wir befinden uns in einem nationalen Notstand", erklärte der Premier gleich zu Beginn seiner fünfminütigen Ansprache über Facebook. Aber Italien sei stark und werde diesen Notstand überstehen, wenn alle ihren Beitrag dazu leisten, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat es keine Krise, keine Epidemie, kein Erdbeben, keine Anschlagserie und keinen Mafiakrieg gegeben, der die Regierung veranlasst hätte, eine derartig weitreichende Maßnahme zu ergreifen. Vor allem die Millionen Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind, stellen die Schließungen vor Probleme. Staatsangestellte sollten bezahlten Urlaub nehmen können. Angestellten in der Privatwirtschaft stellte die Regierung Gutscheine für Babysitter und andere Hilfen in Aussicht.

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Marode Spitäler

Rom will vor allem die Ausbreitung in den Süden verhindern. Bisher wurden 95 Prozent der mehr als 3000 Fälle in den norditalienischen Regionen Lombardei, Venetien und Emilia-Romagna registriert – also in den Regionen mit einem gut funktionierenden Gesundheitssystem. Weil etwa jeder zehnte Infizierte Intensivpflege benötigt, geraten auch diese Vorzeigeregionen an die Grenze ihrer Kapazitäten.

Sollte sich das Virus in massiver Form auch im Süden mit seinen maroden Spitälern ausbreiten, wären die Folgen dramatisch: Viele Patienten könnten nicht so behandelt werden, wie es nötig wäre. Die Regierung hat veranlasst, dass es 50 Prozent mehr Intensivpflegebetten geben soll. Die Betten in den Abteilungen für Lungenkrankheiten sollen verdoppelt werden.

Verängstigte Menschen

Mit der Schließung der Schulen und dem Verbot fast aller öffentlichen Veranstaltungen ist in Italien nichts mehr, wie es einmal war: Das Virus hat das Leben auf den Kopf gestellt und die Menschen verängstigt. Auch in Städten wie Rom, wo es kaum Infizierte gibt, gehen die Menschen in den Bars auf Distanz. Die Warteschlangen am Kolosseum und vor den Vatikanischen Museen sind verschwunden. Selbst das Heiligste in Italien, der Fußball, ist infrage gestellt: Für den Fall, dass einer der Serie-A-Profis positiv auf das Virus getestet wird, erwägt der Fußballverband, die Meisterschaft abzusagen. Daran, dass die Spiele bis auf weiteres ohne Publikum stattfinden, hat man sich ohnehin schon gewöhnt.

Conte kündigte in seiner Rede an, dass er sich in Brüssel dafür stark machen werde, im laufenden Jahr das Haushaltdefizit leicht erhöhen zu dürfen, um der Wirtschaft und den Familien unter die Arme greifen zu können. Medien spekulierten, dass die Regierung für die zusätzlichen Hilfen 4,4 Milliarden Euro bereitstellen will.

Keine Flüge nach Israel

Wirtschaftlich wird wohl auch Israel unter dem dort seit heute geltenden Einreisestopp leiden. Reisende aus Österreich sowie Italien, Deutschland, Spanien, Frankreich und der Schweiz dürfen nicht mehr in das Land. Rund 100.000 Israelis befinden sich zudem für zwei Wochen in Heimquarantäne. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist das Virus mittlerweile bei 15 Personen in Israel nachgewiesen. Todesfälle wurden bisher nicht gemeldet.

Als Reaktion auf die neuen Bestimmungen sagen Austrian Airlines, Laudamotion und Wizzair alle Israel-Flüge ab Wien ab. Auch sämtliche Lufthansa-Flüge wurden abgesagt. (Dominik Straub aus Rom, 5.3.2020)