Die Spatzen haben es nicht erst seit gestern von den Dächern gepfiffen: Die deutsche EnBW will ihre Beteiligung an der niederösterreichischen EVN abstoßen. Gut informierte Kreise zwitscherten das vor zehn Jahren schon. Allein – es fand sich nie ein Käufer, der bereit gewesen wäre, auf die Preisvorstellungen der Energie Baden-Württemberg einzusteigen – bis jetzt. Nun sind es ausgerechnet die Wiener Stadtwerke, die den Deutschen die Rutsche zum Ausstieg legen und für die knapp 29 Prozent EVN-Aktien kolportierte 780 Millionen Euro ausgeben.

Man hat es ja. Oder doch nicht? Die Wiener argumentieren, dass man für die milliardenschweren Pensionsrückstellungen eine attraktive Rendite gesucht und in der EVN gefunden habe. Wiewohl politisch anders gepolt, verstehen sich die roten Stadtwerke und die schwarze EVN ausgesprochen gut. Beim Verbund, dem gemeinsamen Feind, hat man die Anteile syndiziert, zusammen hält man die Sperrminorität. Gemeinsame Sache machen Wiener und Niederösterreicher auch im Strom- und Gasvertrieb, wobei hier auch die Burgenländer eingebunden sind. Schließlich ist die EVN auch beim dortigen Landesversorger beteiligt.

Die deutsche EnBW will ihre Beteiligung an der niederösterreichischen EVN abstoßen.
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Dass die Stadtwerke nun bei EVN einsteigen, ist ein Puzzlestein mehr, der zur Verfestigung der wenig aufgeräumten Energielandschaft in Österreich beiträgt. Schon jetzt sind die Überkreuzbeteiligungen zwischen den Landesgesellschaften, teil auch zwischen diesen und dem Verbund so dicht, dass Quereinsteiger kaum Luft zum Atmen finden. Abschottung zur Verteidigung von Marktanteilen mag kurz- bis mittelfristig wirken; in die Zukunft retten werden sie sich nur mit zündenden Ideen – und vor allem mit Angeboten, die die Kunden ansprechen.

Bestätigt ist außer dem Faktum, dass ein Deal vorliegt, noch nichts; man hat Stillschweigen vereinbart. Das lässt die Gerüchte ins Kraut schießen, wonach der Kauf, sollte er in trockene Tücher kommen, teurer werden könnte als gedacht. Je nach dem, wie die Wettbewerbshüter die Vertriebskooperation der Akteure im Strom- und Gasbereich namens Energie Allianz interpretieren, könnte auch ein Übernahmeangebot der Wiener Stadtwerke an die EVN-Minderheitsaktionäre fällig werden. Die tatsächlichen Kosten des Deals wird man spätestens in einem Jahr erfahren. Dann müssen die Stadtwerke den Geschäftsbericht für 2020 vorlegen. Egal, wie hoch die Summe am Ende sein wird: Bezahlen muss sie am Ende der Konsument. (Günther Strobl, 5.3.2020)