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Eine globale Strategie gegen Sars-CoV-2 gibt es derzeit noch nicht.

Foto: REUTERS/Nicholas Pfosi

Es hört einfach nicht auf: Nachrichten, welches Land gerade welche Maßnahme gegen das neue Coronavirus gesetzt hat, ändern sich im Stundentakt. Während sich österreichische Politiker in Gelassenheit üben, bleiben in Italien Schulen geschlossen, und Israel verschärft seine Einreisebestimmungen. Jedes Mal taucht die bange Frage auf: Handeln die eigenen Behörden richtig, wenn in anderen Ländern viel drastischere Strategien zur Eindämmung des Virus angewendet werden. Warum gibt es kein einheitliches Vorgehen?

Das hat zwei Gründe: Zum einen ist Sars-CoV-2 ein Virus, das es niemals zuvor auf der Erde gab. Insofern gibt es auch niemanden, der seriöserweise hundertprozentig sichere Prognosen treffen kann. Diesem Umstand geschuldet gehen viele Behörden nicht immer von Worst-Case-Szenarien aus. Italien ist die in Europa am stärksten betroffene Region, die Infektionszahlen sind im Vergleich zu anderen Ländern wesentlich höher. Das ist besorgniserregend. Man dürfte sich deshalb ein Beispiel an China genommen haben. Die Zahlen dort zeigen, dass Quarantänemaßnahmen wirken und derzeit viel mehr Menschen genesen, als neue Erkrankungen auftreten. Insofern ist es verantwortungsvoll, sich an dieser Erfolgsstory zu orientieren. Die Entscheidung fußt auf Fakten, die in den letzten zwei Monaten gewonnen wurden.

Beim Management der Worst-Case-Szenarien spielt aber immer auch der kulturelle Umgang der eigenen Bevölkerung mit Angst eine Rolle – er ist von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Allein die Tatsache, dass Sars-CoV-2 zum jetzigen Zeitpunkt trotz aller Anstrengungen mit einer Portion Ungewissheit beladen ist, ist furchteinflößend; die Behörden in Italien und Israel könnten also auch darauf reagiert haben. In Krisenzeiten wünschen sich viele eine starke Hand, die sagt, was richtig und was falsch ist, und möglichst auch keine Unterschiede zwischen den Ländern.

Doch eine globale Strategie gegen Sars-CoV-2 gibt es derzeit noch nicht. Man könnte das auch als Vorteil sehen: Auch in der Vielfalt der Strategien gegen das Virus liegt Erkenntnisgewinn. Mit jedem Tag lernt man das Virus besser kennen – und ebenso die Wirksamkeit verschiedener Strategien. Was in einem Land funktioniert, kann dann Vorbild für andere werden. In einigen Monaten wird man eher wissen, ob der italienische oder der österreichische Weg der richtige war. (Karin Pollack, 5.3.2020)