Forscher entdeckten in einem seit 15 Jahren rauchfreien Kino nicht weniger als 35 Chemikalien, die beim Rauchen entstehen.
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Seit gut vier Monaten gilt in Österreich das generelle Rauchverbot. Damit ist auch in der Gastronomie das Risiko des Passivrauchens für das Personal und die übrigen Gäste minimiert. Und die freuen sich darüber, dass nach dem Verlassen des Lokals Kleidung und Haare nicht mehr nach Zigarettenrauch stinken.

Ob in ehemaligen Raucherlokalen seit dem 1. November 2019 auch alle chemischen Reste des Rauchens verschwunden sind, darf freilich bezweifelt werden. So konnte eine Studie zeigen, dass sich Rauchspuren in leerstehenden Wohnungen bis zu zwei Monate nach dem Auszug der Raucher nachweisen lassen. Ähnliches wurde in einem Kasino festgestellt, wo sechs Monate zuvor ein totales Rauchverbot erlassen worden war.

Pionierstudie in einem Kino

Ist es nur eine Frage der Zeit und der Lüftung, bis die zum Teil giftigen Rückstände des Rauchs verschwunden sind? Eine neue Untersuchung zur Luftqualität in einem deutschen Kino, in dem seit 15 Jahren Rauchverbot herrscht und eine erstklassige Ventilation eingebaut ist, kommt nun zu einem etwas anderen, durchaus überraschenden Ergebnis: Raucher belasten allein schon durch ihre Anwesenheit – konkret: durch das Ausdampfen ihrer Kleidung – die Luft. Und diese Luftverschmutzung ist stärker, als man annehmen würde.

Durchgeführt wurde das Experiment in einem Kino in Mainz, wo das deutsch-amerikanische Forscherteam um Drew Gentner (Yale University und Max-Planck-Institut für Chemie) in der Lüftungsanlage ein hochempfindliches Massenspektrometer installiert hat. Das Gerät zeichnete vier Tage lang die Luftqualität im Kinosaal auf, während die verschiedenen Filme liefen. Immer wenn das Publikum das Lichtspieltheater betrat, registrierte das Luftmessgerät einen deutlichen Anstieg von 35 Chemikalien, die beim Rauchen entstehen. Unter den detektierten Substanzen befanden sich auch giftige Rauchinhaltsstoffe wie Benzol und Formaldehyd, wie das Team im Fachblatt "Science Advances" berichtet.

Einige Daten zu den registrierten Schadstoffen.
Grafik: Gentner et al., Science Advances 2020

Ausgasen der Kleidung

Die Schadstoffe waren, wie die Forscher folgern, vor allem mit der Kleidung der Zuschauer in den Kinosaal transportiert worden – insbesondere von jenen Personen, die Raucher waren und sich kurz vor dem Kinobesuch noch eine Zigarette gegönnt hatten. Das zeigte sich nicht zuletzt dadurch, dass die Schadstoffbelastung bei jugendfreien Filmen weitaus geringer war als bei Filmen, die nur für ein erwachsenes Publikum zugelassen waren. Bei diesen Filmen war die Belastung für die Zuseher in etwa doppelt so hoch.

Raucher tragen Rauchinhaltsstoffe in ihrer Kleidung mit sich. In Räumen kann das zu einer durchaus spürbaren Belastung führen.
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Doch wie gefährlich ist die Menge der ausgegasten Stoffe tatsächlich? Oder ist sie nur mit dem Massenspektrometer messbar? Laut den Forschern um Gentner entsprach die Menge der Schadstoffe für die Dauer des Films einer Belastung durch Passivrauch von bis zu zehn Zigaretten – also jener Menge, die man inhaliert, wenn jemand gegenüber die entsprechende Anzahl an Zigaretten raucht. Darüber, wie sich das auf die Gesundheit auswirkt, gibt die Studie zwar keine Auskunft. Die Wissenschafter verweisen aber auf die wissenschaftlichen Nachweise für die Gefahren durch das Passivrauchen. (tasch, 6.3.2020)