Nicht jeder Brief freut gleichermaßen!

Foto: imago images

Der Tod seiner Tante hat Herrn K. einen Haufen Papierkram beschert – und es handelt sich hier nicht um eine despektierliche Beschreibung von Sterbeurkunden, Notariatsakten oder der GIS-Abmeldung. Herr K. meint die stapelhohen Werbezusendungen, die er seither an seine Adresse umgeleitet bekommt – vom Autohändler, von der Leukämiehilfe, von der Umweltschutzorganisation WWF. Die alte Dame bekam von allen was.

Was Herrn K. jedoch etwas verwundert zurückließ, war die Tatsache, dass er die adressierte Reklame trotz Retoursendens nicht stoppen konnte. Herr K. schaute also genauer hin und entdeckte, was mit freiem Auge kaum lesbar ist: Retouren an Postfach 555 steht da – was nichts anderes als ein Synonym für den direkten Weg in den Müll ist.

Die Werbesendungen, die Herr K. zurückschicken will, werden nämlich auf halbem Weg bereits gestoppt: in den "Logistikzentren und Zustellbasen" der Österreichischen Post, wie ein Sprecher erklärt. Von dort werden sie zu "den lokalen Entsorgern" gekarrt und ebendort beseitigt. "Was geschieht dann mit den Mitgliedskarten, den Kulis und anderen kleinen Beigaben?", fragt sich Herr K. in Zeiten der Klimakrise. Bei der Post verlässt man sich auf eine ordentliche Mülltrennung der Entsorgungsbetriebe.

Tonnenweise in den Müll

Wie viel Werbematerial innerhalb eines Jahres auf diese Weise auf der Deponie landet? Bei der Post schätzt man "zwischen 600 bis 700 Tonnen" – die Hälfte davon alleine aus dem Zustellbereich Wien-Niederösterreich-Burgenland. Wie viele Post-Kunden von diesem Service Gebrauch machen? Dazu will sich das Unternehmen nicht äußern. Der Vorteil für die Werber liegt jedenfalls auf der Hand: Sie sparen sich das Rückporto von 1,20 Euro pro hundert Briefen. Der Nachteil für die Umwelt: Es fällt tonnenweise Papier an, das nur herumgeschickt wird, um letztlich entsorgt zu werden. Das wissen natürlich auch Organisationen und Unternehmen, die diese Dienste in Anspruch nehmen. Insbesondere auch jene, die beim Thema Nachhaltigkeit sonst besondere Sensibilität an den Tag legen.

Warum Herr K. dann ausgerechnet vom WWF lästige Schreiben, adressiert an die verstorbene Tante, erhält? In der Regel schreibt die Umweltschutzorganisation ihre Sympathisanten einmal pro Monat auf dem Postweg an. Gleichzeitig betont man: Vier Mal im Jahr lasse man sich die Retouren schicken – "um Daten aktuell zu halten und falsche Zustellungen möglichst zu vermeiden". Das Dilemma, insbesondere für NGOs: "Zusätzliche Retouren-Bearbeitungen sind für uns als Verein auch eine finanzielle Frage, seit die Post dafür eigene zusätzliche Gebühren erhebt." Das tut diese übrigens seit 2006. Generell bemühe sich der WWF darum, "den Papieraufwand laufend zu reduzieren".

Papier vermeiden können auch die vielen tausend Angeschriebenen selbst – sie haben nämlich die Möglichkeit, sich aus den diversen Verteilern herauszureklamieren. Das Zauberwort heißt Robinsonliste, in die man sich eintragen kann. Sie wird von der Wirtschaftskammer geführt und ist an Adressverlage und Direktvermarkter gerichtet. Die Funktionsweise ist simpel: Wer sich online einträgt, bekommt kein persönlich adressiertes Werbematerial mehr. Allerdings: Senden Firmen ihre Zuschriften nicht über diese Anbieter, hilft nur eine direkte Kontaktaufnahme.

Wie viele Menschen von der Robinsonliste Gebrauch machen, wird von der Kammer nicht verraten. Immerhin europaweit stellt man eine Schätzung an. Demnach würde ein entsprechendes Service gerade einmal von einem Prozent der Bevölkerung genutzt.

Es gibt auch andere Wege aus der Werbespirale: Procter & Gamble zum Beispiel versendet in Österreich gerade kleine Waschmittelpackungen. Wer "Lenor" nicht will, kann sich via Hotline die Rücksendung der Probe organisieren. Laut Firma hätten das aber nur wenige verlangt.

Service "Sterbetreffer"

Und was passiert, wenn ich die unerwünschte Werbesendung retourniere und die "Zustelladresse" an das Postfach 555 am Kuvert einfach durchstreiche? "Dann würde das vermutlich an den Absender zurückgehen", heißt es bei der Post. Als Abhilfe bietet man Werbekunden auch einen Abgleich mit besagter Robinsonliste an – macht zwei Euro für 1000 Datensätze. Auch nach einem anderen Kriterium wird Unzustellbares gemeldet, damit Unternehmen und Organisationen ihre Datenbanken updaten können: Es handelt sich um das Service "Sterbetreffer" – schlägt mit 1,50 Euro zu Buche. (Peter Mayr, Karin Riss, 6.3.2020)