Die regierungsamtlichen Versuche, die Österreicherinnen und Österreicher vom Nutzen des Händewaschens wenigstens in Corona-Zeiten zu überzeugen, haben ein wenig die Tatsache in den Hintergrund gedrängt, dass diese Woche eine des politischen Aufbruchs in eine bessere Zukunft – mit Schwergewicht auf der Bundeshauptstadt – werden sollte. Was man hierzulande als Aufbruch gelten lässt. Strache kündigte an, anlässlich der Wiener Landtagswahl eine neue Bewegung zu gründen, weil ohne ein Gemeinderatsmandat für ihn als Ergänzung zum Nationalratsbezug seiner Gemahlin die Existenz einer Familie plus Hund als gefährdet gelten muss.

Die Restfreiheitlichen unter Nepp traten mit einem Plakat an die Öffentlichkeit, auf dem sie ankündigten: Wir holen unser Wien zurück. Damit kann nur das Wien zwischen 1938 und 1945 gemeint sein, weil man von einer freiheitlichen Unsrigkeit Wiens sonst bisher noch nie etwas gehört hat, selbst wenn man, wie derzeit en vogue, bis zu den alten Römern zurückgeht. Erhärtet wurde dieser Verdacht durch den erläuternden Zusatz: keine Gnade für ausländische Kriminelle. Nicht ganz ohne Selbstlosigkeit wollen sie Gnade eher inländischen Kriminellen vorbehalten wissen, das Gespür für diesen feinen Unterschied wird man einem Recht, das der Politik folgen soll, wohl abverlangen dürfen.

Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp und sein Wahlkampfleiter Harald Vilimsky.
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Die türkise Bewegung forderte auf ihrem Landesparteitag mehr Türkis für Wien. Zu einem unvergesslichen Ereignis wurde die Veranstaltung aber erst durch den Auftritt eines eingeladenen Sympathisanten, den die Wiederwahl des bisher eher unauffälligen Wiener ÖVP-Obmanns mit 96,8 Prozent zu einem hundertprozentig spontanen Lob der zierlichen Gluteen desselben auf Facebook hinriss.

Mit einem derartigen Eröffnungsangebot ist die Wiener Volkspartei noch nie in eine Wahlschlacht gezogen, und wenn Keszler Gernot Blümels mögliche Talente als türkise Drag Queen nicht angesprochen hat, dann vielleicht nur, weil man sich noch etwas für den Endspurt aufheben will. Man weiß im Vorhinein ja nie, ob die Begabung, mit einem Knackarsch auf zwei Kirtagen zu tanzen, bei der Budgetrede des Inhabers ausreichen wird, auch der Würde des Hohen Hauses gerecht zu werden.

Kam, "weil mich der Gernot angerufen hat": Gery Keszler sprach vor türkisem Parteivolk.
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Zu dieser Promotion konnte es nur kommen, "weil mich der Gernot angerufen hat", wie Keszler dem türkisen Parteivolk erzählte, ohne dabei etwas von der "unkontrollierten Wut" erkennen zu lassen, die ihn après überfiel, ausgelöst durch "verletzende Anwürfe der fundamentalistischen Hardliner aus der Homosexuellen-Community". Das hätte der Gernot vor seinem Anruf wissen müssen, es liegt ein eklatantes Versagen der Message-Control vor. Dass ausgerechnet fundamentalistische Hardliner aus der Homosexuellen-Community der christlichen Volkspartei so zu einem fulminanten Wahlkampfstart verhalfen, bekräftigt aufs Neue die Unergründlichkeit der Wege des Herrn. Im Zeichen des Gluteus kann sie, laut Kurz, siegreich "vom vierten auf den zweiten Platz springen", doch nur weil er die Blauen teilte, wie einst das Rote Meer. Am sonstigen Angebot kann es nicht liegen.

Nur die SPÖ-Chefin glaubt, so darf es nicht weitergehen. (Günter Traxler, 6.3.2020)