Entlang der wichtigen Verbindungsstraße M4 soll ein Sicherheitskorridor eingerichtet werden.

Foto: APA / AFP / OMAR HAJ KADOUR

Idlib – Die USA haben im UNO-Sicherheitsrat eine Erklärung blockiert, mit der die von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe für Syrien begrüßt werden sollte. Eine solche Erklärung wäre "verfrüht", argumentierten die Vertreter Washingtons nach Angaben aus Diplomatenkreisen am Freitag bei dem Treffen hinter geschlossenen Türen.

Sie wiesen damit einen Vorstoß Moskaus zurück, das die Unterstützung des Sicherheitsrates für das mit Ankara ausgehandelte Abkommen bekommen wollte. "Es gibt noch viele Fragen", sagte nach dem Treffen die britische Botschafterin Karen Pierce. Unter anderem sei unklar, wie die Vereinbarung in der Praxis umgesetzt werden und wer die Waffenruhe überwachen solle. Auch der deutsche Botschafter Christoph Heusgen betonte, es müsse zunächst abgewartet werden, wie die Lage sich entwickle. Es gehe jetzt vor allem darum, sichere Gebiete für die Zivilisten zu schaffen.

Feuerpause seit Nacht auf Freitag in Kraft

Die zwischen Russlands Staatschef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag in Moskau ausgehandelte Feuerpause für die umkämpfte nordsyrische Provinz Idlib war in der Nacht zum Freitag in Kraft getreten. Sie hielt am Freitag weitgehend. Auch wenn erneut neue Kämpfe gemeldet wurden. Bei Gefechten zwischen syrischen Regierungstruppen und Kämpfern einer islamistischen Rebellengruppe seien 15 Menschen getötet worden, teilte die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag mit.

Russland und die Türkei hatten sich als Schutzmächte der syrischen Regierung einerseits und der Rebellen andererseits am Donnerstagabend auf eine neue Waffenruhe für Idlib geeinigt. Der Einigung waren zähe Verhandlungen vorausgegangen. Sie trat um Mitternacht (Ortszeit) in Kraft. Die Türkei hat in der Region eigene Truppen im Einsatz, die in den vergangenen Tagen mit den Regierungstruppen zusammengestoßen waren.

Die Vereinbarung sieht auch einen zwölf Kilometer breiten Sicherheitskorridor entlang der strategisch wichtigen Autobahn M4 in Nordsyrien vor. Um den Korridor zu schützen, soll es ab 15. März erstmals gemeinsame Patrouillen russischer und türkischer Soldaten geben.

EU-Außenminister verhalten optimistisch

Die EU-Außenminister zeigten sich vor einem Krisentreffen Freitag in Zagreb vorsichtig optimistisch, dass das Abkommen positive Auswirkung auf die Versorgung der Flüchtlinge in der Region haben könnte. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht "ein vorsichtiges Hoffnungszeichen".

"Das ist zunächst mal zu begrüßen, was da beschlossen worden ist zwischen Russland und der Türkei", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas dem Deutschlandfunk. "Ich gehe davon aus, dass mit dieser Vereinbarung auch die Voraussetzung dafür geschaffen worden ist, dass den Menschen geholfen werden kann und dass die internationale Staatengemeinschaft dafür jetzt auch Angebote machen muss".

Syrische Rebellen skeptisch

Die Rebellen in Syrien reagierten auf die Waffenruhe mit Skepsis. "Wir vertrauen der russischen Seite und den Gangs des (syrischen Präsidenten Bashar) al-Assad nicht", erklärte der Sprecher des Rebellenbündnisses Nationale Befreiungsfront, Naji Mustafa, am Freitag.

"Wir erwarten, dass diese Milizen die Waffenruhe verletzen, wie sie es bei früheren Waffenruhen gemacht haben", fügte er hinzu. Auch der Sprecher der oppositionellen Syrischen Nationalarmee, Youssef Hammoud erklärte, er glaube nicht, dass Russland in der Lage sei, seine Versprechen und Verpflichtungen einzuhalten. "Die Waffenruhe wird nicht halten", sagte er. Da in der Region weiterhin "Terroristen des Regimes" präsent seien, könnten auch die Vertriebenen nicht in ihre Heimatorte zurückkehren. Nur dann hätte ihr Leiden aber ein Ende.

Seit Anfang Dezember sind in der Region fast eine Million Menschen vor den Kämpfen und den heranrückenden Regierungstruppen geflohen. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Katastrophe, weil sie es nicht mehr schaffen, die Menschen ausreichend zu versorgen. Schon früher wurden mehrfach Waffenruhen für die umkämpfte Region vereinbart, die jedoch nicht hielten. (APA,6.3.2020)