"Herr Bundeskanzler und Herr Innenminister, greift zum Telefon. Das Land ist viel weiter und schöner, als ihr es uns einreden wollt." Rudi Fußi appelliert zur Abkehr von der Flüchtlingspolitik der ÖVP.

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Rudi Fußi ist das Blödeln vergangen, schon in der zweiten Ausgabe seines Satire- und Talkformats "Bussi Fussi" auf Puls 24. Nur ein paar Minuten, etwa über Gery Keszler und den "Knackarsch" von Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel. Dann wird es ernst am Donnerstagabend.

Die Bilder von der türkisch-syrischen Grenze, "Wir schießen auf Menschen", "Wir setzen das Asylrecht aus", die Bilder vom Flüchtlingselend auf Lesbos. "Eigentlich ist mir gar nicht nach Blödeln", sagt Fußi.

"Niedertracht"

Er hat den Starschlagzeuger und "Krone.at"-Kolumnisten Martin Grubinger eingeladen, der in seiner Kolumne gerade mit dieser Flüchtlingspolitik abgerechnet hat: "Wir haben diese gefühllose, kalte und abstoßende Politik selbst erschaffen. Wir haben das gewählt." Für Europas Politiker wäre es ein Leichtes, 8.000 Kindern auf Lesbos zu helfen. Doch sie glaubten, "dass wir Wähler diese kalte, unmenschliche Politik genau so wollen". Mit der "Politik der Niedertracht von Türkis-Blau" habe man sich schon fast abgefunden, aber die Grünen müssten ihre Stimme erheben. Grubinger sagt bei Fußi, er habe größtenteils positive Reaktionen auf die Kolumne bekommen, die weit von der üblichen "Krone"-Linie, parallel zu jener der ÖVP unter Sebastian Kurz, abweicht.

Von Niedertracht ist viel die Rede in der Sendung und von "niederträchtiger Berechnung" (Fußi), von Umfragewerten statt menschlichen Werten, von Datenpolitikern, die man durch Roboter ersetzen könnte (Grubinger).

"Tatbestand unterlassene Hilfeleistung"

"Jeder, der einen Funken Anstand oder Menschlichkeit hat, muss aufstehen und handeln", sagt Kampfsportler Ronny Kokert, der mit Flüchtlingen arbeitet und die Lager auf Lesbos besucht hat. Er spricht vom "Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung".

Von "natürlicher Niedertracht" spricht auch Politikwissenschafterin Natascha Strobl, die keinen Unterschied zu erkennen vermag zwischen "der Rhetorik der extremen Rechten und der ÖVP".

Grubinger appelliert: "Ruft eure Bürgermeister an, schreibt Mails, auch an den Kanzler, schreibt Leserbriefe, damit diese Bewegung der Menschlichkeit in Gang kommt."

87 Gemeinden bereit für Flüchtlinge

Rudi Fußi, im Hauptjob Politikberater und nebenbei Kabarettist, hat telefoniert. 126 Gemeinden habe er an einem Nachmittag vor der Sendung durchgerufen, ob sie Flüchtlinge aufnehmen würden, vier pro Gemeinde. 87 hätten sich bereiterklärt, "jederzeit eine Familie zu nehmen", sagt Fußi am Ende der Sendung, er nennt etwa Steyr, Bad Ischl, Marchtrenk, Bad Goisern.

Und Fußi schließt mit: "Herr Bundeskanzler und Herr Innenminister, greift zum Telefon. Das Land ist viel weiter und schöner, als ihr es uns einreden wollt."

Bussi, Fußi. (Harald Fidler, 6.3.2020)