Gerti Drassl vor "Kaiserin Maria Theresia" von Anton von Maron.

Helmut Wimmer

Bilder sprechen für sich. Aber manchmal mischt sich bei diesem Von-sich-aus-Sprechen jemand ein. Besonders bei Gemälden des Kunsthistorischen Museums (KHM), die uns zeitlebens faszinieren, da sie gut abgehangene Fantasien bergen, ist die Verlockung groß. Sie zum Sprechen zu bringen, hat im Vorjahr die Ö1-Reihe six seasons mittels Klangkunst versucht – AutorInnen entwickelten zu ausgewählten Bildern Hörspiele, die als Podcastserie zugänglich waren.

Für das Theaterprojekt Ganymed in Power nunist ein Besuch im Museum Voraussetzung – das Ephemere, das Hier und Jetzt gehören zum Wesen des Theaters. Zum bereits siebten Mal flutet Regisseurin Jacqueline Kornmüller das KHM mit dem bewährten Stationentheater. An zwölf Gemälden entzünden sich Geschichten zum Thema Macht, geschrieben, vertont, getanzt und performt.

Kontra-Königreich

Das reicht vom mächtigen Gefieder des Pfaus im Bild Geflügelhof von Melchior de Hondecoeter über den Monarchenkörperin Anton von Marons KaiserinMaria Theresia (analysiert von Isolde Charim, gespielt von Gerti Drassl) bis zum anrührenden Song The Hidden Kingdom von Emily Stewart, der vom Kontra-Königreich erzählt, welches die Infantin Margarita von Diego Velázquez unter ebenjenem verborgen mit sich trägt.

Elfriede Jelinek beschrieb die Reifröcke der Infantinnen in der ersten Ganymed-Ausgabe 2010 übrigens als "Heuwagen", deren Geräumigkeit findet nun bei Emily Stewart ihre Fortsetzung.

Dino-Sterben

In Anbetracht von Leonhard Becks Gemälde Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen schlägt sich Benny Omerzell auf die Seite des getöteten Tieres und antwortet mit einem traurigen Stop-Motion-Film, der die Ausrottung einer Dinosaurierfamilie durch eine unbekannte Macht zeigt: ein empathischer Standpunkt, der eine junge Generation von Bildbetrachtern mit eigenwilligen Blickwinkeln repräsentiert.

Dazu zählte auch der weißrussische Schriftsteller Victor Martinovich, der die Geste der Opferung in Caravaggios David mit dem Haupt Goliaths in eine kindliche Katzentötung weiterdenkt, gespielt von Raphael von Bargen. Welch’ erschütterndes "Zwiegespräch" mit einem 400 Jahre alten Gemälde! (afze, 7.3.2020)