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Das starke Geschlecht bei der Lebenserwartung: Frauen leben im Schnitt vier bis fünf Jahre länger als Männer. das liegt nicht nur an ihrem gesünderen Lebensstil, behaupten Forscherinnen.

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Sydney/Wien – Laut den aktuellsten Daten betrug die durchschnittliche Lebenserwartung von männlichen Neugeborenen in Österreich im Jahr 2018 rund 79,3 Jahre, bei den Frauen waren es hingegen rund 84 Jahre. Dieser deutliche Unterschied von mehr als vier Jahren gilt auch für die EU (78,4 versus 83,8 Jahre) und weltweit (70,2 versus 74,7).

Als Hauptgründe für diese Diskrepanz gilt vor allem der ungesündere männliche Lebensstil: Männer rauchen mehr, trinken mehr Alkohol und neigen zu riskanteren Aktivitäten, die nicht selten mit dem vorzeitigen Tod enden.

229 Tierarten im Vergleich

Es dürfte aber auch die unterschiedliche biologische Chromosomenausstattung eine Rolle spielen. Das behauptet jedenfalls ein australisches Forscherinnentrio um Zoe Xirocostas (University of New South Wales in Sydney), das die unterschiedliche Lebenserwartung von 229 Tierarten – von Insekten über Fische bis hin zu Säugetieren – nach Geschlecht ermittelt hat und mit der Verteilung der Geschlechtschromosomen verglich.

Die Biologinnen wollten dabei eine seit Längerem diskutierte Hypothese überprüfen, der gemäß (umgedreht?) ein doppeltes Geschlechtschromosom (also etwa zwei X-Chromosomen bei weiblichen Säugetieren) für ein höheres Alter sorgt. Die Vermutung: Wenn ein Chromosom Schäden erleidet, gibt es immer noch das andere, während männliche Säugetiere (mit einem X- und einem kleineren X-Chromosom) diesen Ersatz nicht haben.

Ein männlicher Eisvogel übergibt dem Weibchen ein Balzgeschenk. Bei den Vögeln haben die männlichen Tiere zwei gleiche Geschlechtschromosomen – und leben entsprechend länger, trotz Balz und Revierkampf.
Foto: imago/imagebroker

Bei Vögeln hingegen ist es umgekehrt. Da haben die Männchen zwei Z-Chromosomen, während die Weibchen ein Z- und ein W-Chromosom haben.

Positiver Zusammenhang

Wie die Forscherinnen diese Woche im Fachblatt "Biology Letters" der britischen Royal Society berichteten, bestätigte sich der vermutete Zusammenhang: Bei Arten, deren Männchen zwei gleichgeschlechtliche Chromosomen haben, leben die männlichen Artvertreter im Durchschnitt 7,1 Prozent länger, also etwa auch bei den Vögeln. Ist es umgekehrt – also bei Menschen und anderen Säugetieren –, leben die weiblichen Individuen durchschnittlich um 20,9 Prozent länger.

Laut dem Resümee der Biologinnen dürften doppelte Geschlechtschromosomen die Lebensspanne tatsächlich positiv beeinflussen. Zoe Xirocostas betont freilich auch, dass andere Faktoren sich günstig für weibliche Tiere auswirken: So sei bekannt, dass Östrogen die Chromosomenenden (die so etwas wie ein biologischer Altersindikator sind) schützen. Und nicht unbedingt lebensverlängernd sind typisch männliche Aktivitäten wie Kämpfe ums Revier oder um Weibchen zur Paarung.

Ausnahmen von der Regel

Schließlich gebe es aber auch Ausnahmen von der Regel, die wieder eine eigene Regel begründen könnten: So etwa leben bei den Nachtaffen die Männchen trotz X- und Y-Chromosom länger als die Weibchen, was womöglich damit zu tun hat, dass sich bei dieser Primatengattung vornehmlich die Männchen um den Nachwuchs kümmern. (tasch, 6.3.2020)