Die teilstaatliche OMV setzt auf Petrochemie. Der Plan, den OMV-Anteil an Borealis zu erhöhen, soll am Mittwoch im Aufsichtsrat behandelt werden.

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Wien – Für Spannung ist derzeit gesorgt, im börsennotierten Öl- und Gaskonzern OMV. Am Mittwoch tagt der Aufsichtsrat des Konzerns, an dem die Republik via Beteiligungsholding Öbag 31,5 Prozent hält – und das Gremium könnte eine sehr, sehr große Investition beschließen. Der Tagesordnungspunkt dazu lautet "Antrag auf Erwerb von zusätzlichen Anteilen an der Borealis AG".

Was laut Informationen des STANDARD dahintersteht: Die von Rainer Seele geführte OMV soll zu ihren 36 weitere 39 Prozent am Kunststoffproduzenten erwerben, wodurch ihr Anteil auf 75 Prozent stiege. Für den Erwerb des Aktienpakets soll die OMV bereit sein, 4,7 Milliarden Euro in die Hand zu nehmen. Derzeit gehören 64 Prozent der Borealis dem Staatsfonds Mubadala aus Abu Dhabi (früher: Ipic), der seinerseits 24,9 Prozent an der OMV hält. Die Borealis-Mehrheitseigner aus Abu Dhabi sind durchaus verkaufswillig, ist zu hören. Was insofern interessant ist, als die Ipic vor wenigen Jahren die OMV rauskaufen wollte.

Verkäufe geplant

Im Gegenzug zur kapitalaufwendigen Transaktion sind dem Vernehmen nach Verkäufe geplant. Wie aus der OMV zu hören ist, sei angedacht, vor allem im Upstream-Bereich (Exploration und Förderung von Erdöl bzw. Ergas) zu "deinvestieren" – von Verkäufen betroffen sein könne etwa die 100-Prozent-Tochter Exploration & Production (E&P). Aber auch die Gas Connect Austria (GCA) könnte zur Disposition gestellt werden. Die Gesellschaft betreibt das Gaspipelinenetz, gehörte der OMV bis 2016 allein, dann hat sie 49 Prozent verkauft.

Die OMV selbst wollte zu alldem erst nichts sagen, man kommentiere keine Marktgerüchte, teilt ein Unternehmenssprecher mit. Als der STANDARD-Bericht online ging, brach der Konzern rasch sein Schweigen. Er bestätigte die Borealis-Pläne vollinhaltlich, verwies aber auf die noch einzuholenden Beschlüsse und Genehmigungen.

Grünerer Fokus

Vorstandschef Seele hat zuletzt immer wieder betont, dass der Ölkonzern (20.000 Mitarbeiter, 17,4 Milliarden Euro Umsatz, der Betriebsgewinn ist 2019 auf rund 780 Millionen Euro gesunken) künftig mehr auf Klimaschutz Bedacht nehmen und weniger Öl fördern wolle.

Dafür werde sich die OMV verstärkt im petrochemischen Bereich engagieren. Und, so Seele im Herbst: Man wolle "das Kunststoffrecycling zu einem kommerziellen Erfolg bringen". All das könnte via Borealis geschehen, die zuletzt rund 8,3 Milliarden Euro umgesetzt und einen Nettogewinn von rund 900 Millionen Euro erzielt hat.

Umstrittener Plan

In Aufsichtsrat und Vorstand sollen nicht alle für die – wohl mit einer tiefgreifenden Umstrukturierung verbundenen – von Seele forcierten Pläne brennen. Kapitalvertreter im Aufsichtsrat hätten bis zuletzt weitere Unterlagen und Analysen verlangt (und bekommen), Belegschaftsvertreter hätten Skepsis angemeldet, hört man. So, wie sich die Dinge nun darstellen, hat sich die Mehrheit überzeugen lassen: Der Megadeal dürfte durchgehen.

Eine andere Transaktion, der OMV-Einstieg ins russische Achimov-Gasfeld, wackelt dagegen. Geplant war der Verhandlungsabschluss mit Gazprom für Ende 2019 zum Preis von 905 Millionen Euro. Am Freitag wurde bekannt, dass die Gespräche bis 2022 verlängert werden, der Preis nicht mehr fix ist und Gazprom auch mit anderen verhandeln darf. (Renate Graber, 6.3.2020)