Theoretisch wäre es einfach: Man müsste halt miteinander reden. Und ein bisschen pragmatisch sein. Dutzende österreichische Bürgermeister haben sich in den vergangenen 48 Stunden gemeldet, die bereit wären, zumindest eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen. Sie alle reden von einem temporären Schutz für jene Kranken, Mütter und Kinder, die derzeit auf einer der griechischen Inseln im Morast und in der Kälte sitzen. Zur Erinnerung: Laut EU-Kommission sind 5500 Kinder und Jugendliche allein, also unbegleitet, auf den griechischen Inseln unterwegs. Sie frieren, sie hungern – und niemand kümmert sich um sie. Das ist schon lange so, nicht erst, seit der türkische Staatschef Tayyip Erdogan die Menschen in Bussen zur Grenze karren lässt. Die EU? Sie hat bis dato kläglich versagt. Jeder wusste, was sich in den Lagern auf den Inseln abspielt – und dass das EU-Mitglied Griechenland, alleingelassen, mit dem Problem überfordert ist.

Laut EU-Kommission sind 5500 Kinder und Jugendliche allein, also unbegleitet, auf den griechischen Inseln unterwegs.
Foto: imago/Tatiana Bolari

Nun bringt die Zuspitzung der Situation das moralische Gewissen einiger Kommunalpolitiker in diesem Lande auf Trab. Immerhin. Politisch riskant ist das wahrscheinlich nicht, denn die Österreicherinnen und Österreicher sind grundsätzlich ein hilfsbereites Volk. Sie spenden, sie helfen aus, sie sind für Nächstenliebe zu haben. Diese darf halt nicht auf Dauer beansprucht und strapaziert werden.

Geld, Expertise, Personal

Darauf kann man Rücksicht nehmen, wie es die Bürgermeister tun, und was der Anstand gebietet tun: temporäre Aufnahme und Hilfe für die Schwächsten anbieten. Man könnte auch Hilfskonvois organisieren und in den Lagern selbst helfen – mit Geld, Expertise, Personal. Vielleicht könnte ja sogar das Bundesheer seinen "Assistenzeinsatz" neu definieren und mit seinen Pionieren aushelfen. Denn katastrophal sind die Zustände auf den Inseln allemal.

Der Bundeskanzler hat sich für einen anderen Weg entschieden. Er sagt kategorisch Nein zu allem, was über "Grenzen schützen" hinausgeht. Er spricht konsequent von "Illegalen", um kein Mitleid aufkommen zu lassen. Er wiederholt mantraartig, dass sich "2015 nicht wiederholen darf" – als ob ein chaotisches Überrennen von Grenzen auch nur im Raum stünde. Jetzt geht Kurz noch einen Schritt weiter: In Interviews für internationale Zeitungen warnt er andere EU-Staaten davor, Flüchtlinge aufzunehmen. Sein grüner Koalitionspartner leidet daneben still.

Das müsste alles nicht sein: Man könnte einfach mit den Bürgermeistern reden und das menschlich Richtige tun. (Petra Stuiber, 7.3.2020)