Bild nicht mehr verfügbar.

All die Mädchen und Frauen im Land, die auf eine Präsidentin gehofft hatten, "müssen noch vier Jahre warten", sagte Liz Warren.
Foto: AP / Matt Rourke

Welche Rolle spielt das Geschlecht in der Politik? Zu dem Thema werde sie noch einiges zu sagen haben, kündigte Elizabeth Warren an, als sie sich aus dem Rennen um die Präsidentschaft verabschiedete. Für Frauen, so viel schon jetzt, sei das eine Fangfrage. "Wenn du sagt, bei diesem Wettlauf war Sexismus im Spiel, heißt es gleich: Heulsuse! Sagst du, es war kein Sexismus im Spiel, werden zigtausende Frauen denken: Auf welchem Planeten lebst du eigentlich?"

Noch im Herbst hatten Meinungsforscher Warren an der Spitze des Feldes der demokratischen Bewerber fürs Oval Office gesehen. Vor einem Monat landete sie beim Vorwahlstart in Iowa zwar noch auf einem achtbaren dritten Platz, doch von da an ging es abwärts. Am Super Tuesday sah sie kein Land gegen Joe Biden und Bernie Sanders. An der Kompetenz der früheren Harvard-Professorin gab es indes nie auch nur den geringsten Zweifel.

"Solange es abstrakt bleibt, haben wir kein Problem mit weiblichen Anführern"

Ergo debattiert die Öffentlichkeit über die Frage, ob sexistische Vorurteile ihr enttäuschendes Abschneiden erklären. "Solange es abstrakt bleibt, haben wir kein Problem mit weiblichen Anführern", sagt Jennifer Palmieri, im Wahlkampf 2016 die Sprecherin Hillary Clintons. "Sobald sich Frauen tatsächlich der Macht nähern, sind all die Stereotype wieder da, wenn auch manchmal nur im Unterbewusstsein." So lächerlich das auch sei: Mit ambitionierten Frauen habe das Land eben doch ein Problem. Diplomatischer formuliert es Kamala Harris, Senatorin aus Kalifornien: "Die Realität ist, es liegt noch viel Arbeit vor uns." Wie außerordentlich qualifiziert Frauen für den Posten des Commander-in-Chief seien, müsse man vielen Leuten offenbar erst noch klarmachen.

Kate Brown, die Gouverneurin von Oregon, erklärt es mit dem dringenden Wunsch der Demokraten, Donald Trump nach vier Jahren im Amt abzulösen. Wegen der Härte des anstehenden Duells hätten offenbar große Teile der Parteibasis das vermeintliche Risiko gescheut, mit einer Frau in den Kampf zu ziehen. Und aus Miami meldet sich Tennislegende Martina Navratilova: "Die Beste aller Kandidaten musste aufgeben. Sie hatte für alles einen Plan, nur etwas Entscheidendes fehlte – das richtige Geschlecht."

Fehler bei Frauen wirken schwerer

Dass Warren Fehler gemacht hat, dass nicht alles auf sexistische Klischees zurückzuführen ist, bestreiten nicht einmal ihre treuesten Anhänger. So übernahm sie nach langem Zögern Sanders’ Forderung, eine staatliche Krankenversicherung für alle einzuführen und im Gegenzug private Krankenversicherungen abzuschaffen. Nach Kritik aus dem moderaten Lager ruderte sie wieder zurück, was ihr auf der Linken schadete, ohne dass es ihr in der Mitte genutzt hätte. Allerdings, merken ihre Fans an, haben auch Biden und Sanders keineswegs alles richtig gemacht. Männern lasse man nun mal durchgehen, wofür Frauen sofort bestraft würden.

David Plouffe, 2008 Wahlkampfmanager Barack Obamas, sieht es ähnlich. In dem Buch A Citizen’s Guide to Beating Donald Trump schreibt er, die Aussicht auf eine Mrs. President löse stärkeren Widerstand aus, als dies bei Männern der Fall sei.

Der Abgang der vitalen 70-Jährigen ist auch ein Dämpfer für alle, glaubten, dass sie einen Trend fortschreiben würde: Seit 2018 sitzt eine Rekordzahl von Frauen im US-Repräsentantenhaus. Kurz darauf meldeten so viele wie noch nie Ansprüche aufs Weiße Haus an: Warren und Harris, deren Senatskolleginnen Kirsten Gillibrand und Amy Klobuchar, die Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard und auch Marianne Williamson, Mentorin der Talkshow-Königin Oprah Winfrey. Übrig bleiben mit Biden (77) und Sanders (78), doch wieder nur zwei alte Männer. (Frank Herrmann aus Washington, 7.3.2020)

Übrig bleiben mit Biden (77) und Sanders (78), doch wieder nur zwei alte Männer.
Foto: Mark Felix and Mark RALSTON / AFP