Auf diesem Archivbild aus dem Jahr 2017 sind Kronprinz Mohamed (links) neben Prinz Mohammed bin Najef und König Salman zu sehen.

AFP

Riad – Wegen mutmaßlicher Putschpläne sind in Saudi-Arabien laut Medienberichten mindestens drei Prinzen festgenommen worden, darunter ein Bruder und ein Neffe von König Salman. Salmans Bruder Prinz Ahmed bin Abdulaziz al-Saud und seinem Neffen Prinz Mohammed bin Nayef werde Verrat zur Last gelegt, berichtete die US-Zeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen.

Die beiden seien am Freitagmorgen zu Hause von königlichen Wachen festgenommen worden, schrieb das "WSJ". Ihnen werde ein Putsch zur Entmachtung des Königs und von Kronprinz Mohammed bin Salman – der auch MbS genannt wird – zur Last gelegt, daher drohe ihnen lebenslange Haft oder die Todesstrafe.

Auch die "New York Times" berichtete über die Putschvorwürfe. Nach ihren Informationen wurde auch Prinz Nayefs jüngerer Bruder Prinz Nawaf bin Nayef, festgenommen. Das Onlineportal "Middle East Eye" spricht sogar von mindestens 20 Festnahmen von Mitgliedern der Königsfamilie. Die Onlinezeitung nennt einen vierten festgenommenen Prinzen: Nayef bin Ahmed bin Abdulaziz, der Sohn von Salmans Bruder Prinz Ahmed bin Abdulaziz al-Saud, ist ein hochrangiger Offizier in der saudiarabischen Armee.

Kurz nach den Festnahmen habe MbS den Prinzen der Königsfamilie befohlen, ihm ihre Loyalität zu twittern. Mehrere hätte dies laut "Middle East Eye" bereits getan.

Machtausbau

Mit den Festnahmen könnte MbS seine Macht als de-facto-Herrscher weiter ausbauen. In der Vergangenheit hat er bereits prominente Geistliche, Prinzen, Unternehmer und Aktivisten inhaftieren lassen. 2017 hatte der Kronprinz rund 500 Geschäftsleute und Funktionäre, darunter auch Prinzen, im Ritz-Carlton in Riad festsetzen lassen – um von ihnen "gestohlenes" Geld in die Staatskassen zurückzuführen, lautete die Begründung damals. Rund um die Festnahmen im Ritz-Carlton gab es auch Foltergerüchte.

Prinz Ahmed – jener Bruder von König Salman, der den Berichte zufolge nun in Haft ist – hat noch nie einen Hehl aus seinen Vorbehalten gegenüber MbS gemacht: Er hatte den Aufstieg von MbS zum Kronprinzen im Juni 2017 nicht unterstützt. Nach Kritik an der saudischen Jemen-Politik war er erst einmal in London geblieben. Ahmeds Rückkehr nach Saudi-Arabien im Jahr 2018 hatte daher für Aufsehen gesorgt. Ihm sei von saudischer Seite zugesichert worden, dass man ihn nicht verhaften werde. Auch die britischen und amerikanischen Behörden hatten sich laut Medienberichten damals für sein Wohl eingesetzt.

Ohne jedes Nachspiel

MbS fühlt sich gestärkt, sagte die Expertin Becca Wasser von der US-Denkfabrik Rand Corporation. Er habe schon "jede Bedrohung für seinen Aufstieg beseitigt und Kritiker seines Regimes ohne jedes Nachspiel ins Gefängnis gebracht oder ermordet". Die Festnahmen, über die nun berichtet werde, seien "ein weiterer Schritt, um seine Macht zu stützen und eine Botschaft an alle – inklusive die Königsfamilie -, sich ihm nicht in den Weg zu stellen."

Saudi-Arabien hat derzeit mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wegen der weltweiten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus sind die Preise für Erdöl, die wichtigste Einnahmequelle des Golfstaates, gefallen. Zum Schutz vor der Epidemie setzte Saudi-Arabien die Umrah, die sogenannte kleine Pilgerfahrt, nach Mekka und Medina aus. Damit steht auch in Frage, ob die große muslimische Pilgerfahrt Hadsch Ende Juli stattfinden kann. Hadsch und Umrah bringen alljährlich Millionen Menschen nach Saudi-Arabien und sind somit eine wichtige Einnahmequelle für den Golfstaat. (red, APA, 7.3.2020)