Als zweite Performance wurde das Festival mit Again the Sunset von der Isländerin Inga Huld Hákonardóttir eröffnet: eine gelungene Darstellung.

Foto: Stanislav-Dôbak/brut

Dieses Motto lässt aufhorchen: "We dance what you think." Denn es spiegelt das bis zum Exzess gesteigerte Begehren, zu wissen, was anderen durch die Köpfe geht. Im Zusammenhang mit dem Performanceprogramm des Imagetanz-Festivals von Brut-Theater zielt dieser Slogan offenbar auf Publikumsbedürfnisse. Dabei stellt sich die Frage, ob er noch als künstlerische Ansage gemeint ist oder schon als Marketing-Gag eingesetzt wird.

Seit Samstag jedenfalls läuft die diesjährige Ausgabe des 1989 gegründeten Festivals. Eröffnet wurde in der Ankerbrotfabrik mit zwei bestechenden Tanzstücken: Panflutes and Paperwork des Künstlerpaars Ingrid Berger Myhre und Lasse Passage sowie Again the Sunset von Inga Huld Hákonardóttir. Die norwegische Choreografin Berger Myhre und der Musiker Passage haben aus der Frage danach, was es heute bedeutet, sich zu oder mit Musik zu bewegen, eine so humor- wie stimmungsvolle Performance entwickelt.

Darin spielen weder Panflöten noch Papierkram mit, sondern vor allem Gitarrenklänge, Sprachspiele und ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, dass Tanz mehr sein soll als gekonnte Körperarbeit. Ein weiterer Beleg dafür, dass sich junge Tanzschaffende um Konventionen im Tanz nicht mehr kümmern müssen.

Subvertierte Klischees

Anders Hákonardóttir. Auch bei ihrem Again the Sunset ist der Musiker Yann Leguay in die Performance integriert, doch das wird nicht extra thematisiert. Lieber subvertiert die Isländerin gefühlsgeladene Klischees der Sublimierung von Liebe. Entsprechend stimmungsvoll ist das Ergebnis – eine gelungene Darstellung von Routinen und Kreisläufen des Begehrens in ihrer kulturellen Veredelung.

Weiter im Festival geht’s ab Montag cyborghaft mit Malika Fankhas Oxy Moron. Ab Freitag beschwört Lau Lukkarila eine erotische Nyxxx. (Helmut Ploebst, 8.3.2020)