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Das hat gerade noch gefehlt. Neben den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus, die bereits zu erheblicher Nervosität an den Börsen geführt haben, gibt es zusätzliche Turbulenzen an der Ölfront. Saudi-Arabien hat sich offen gegen Russland gestellt und die Forderung Moskaus nach einer Reduktion der Fördermenge mit einer Öffnung der Schleusen konterkariert.

Die Erdölnotierungen befanden sich am Montag im freien Fall. Mit einem Minus von rund 30 Prozent wurde der größte Kurssturz seit dem Zweiten Golfkrieg 1991 registriert. Das zeigt schon, wie fragil die Lage ist. Der Ausverkauf an den Aktienmärkten und massive Gegenbewegungen lassen nichts Gutes ahnen. Derart heftige Schwankungen kündigten in der Geschichte schon öfters einen längeren Abschwung an.

Das wäre alles kein Beinbruch, wenn da nicht ein bisschen viel zusammenkommen würde. Analysten der Investmentbanken und diverse Untergangspropheten überschlagen sich mit Voraussagen einer Rezession der Weltwirtschaft. Tatsächlich hat die globale Konjunktur schon vor Ausbruch der Seuche längst ihren Zenit überschritten. Im Jänner beispielsweise war die US-Industrieproduktion schon negativ. Nun wäre auch das kein Problem: Der Aufschwung in den Vereinigten Staaten hielt mehr als zehn Jahre und ist somit der historisch längste. Viel spräche dafür, dass sich die Wirtschaft wieder abkühlt und Kräfte für den nächsten Aufschwung sammelt.

Haushalte fühlen sich ärmer

Doch genau in dieser Phase ist das Coronavirus, gepaart mit den Ölmarktturbulenzen, so gefährlich. Wenn es zu Panik an den Märkten kommt, geht das auch an der Realwirtschaft nicht spurlos vorüber. Warum? Weil die Wirtschaft viel stärker als von den meisten Ökonomen angenommen auf psychologischen Faktoren basiert. Gerade in den USA beruht die Pensionsvorsorge stark auf Aktienveranlagung und Immobilien.

Wenn hier die Preise abrutschen, fühlen sich Haushalte ärmer und reduzieren ihre Ausgaben. Die Unternehmen wiederum werden von der Nervosität an den Märkten verunsichert und bremsen ihre Investitionen. Die Gefahr, dass Finanzmärkte Kettenreaktionen auslösen, sollte daher nicht unterschätzt werden. Der große Crash und die globale Rezession 2008 sind da in schlechter Erinnerung.

Kreditblase

Die ganze Situation ist auch deshalb so brenzlig, weil die Börsenkurse völlig überhöht sind. Dazu haben auch die Notenbanken beigetragen, die im Aufschwung ständig billiges Geld in die Märkte pumpten und zu deren Überhitzung beitrugen. Seit Jahren schon kommt es zu spekulativen Exzessen, als hätte es Lehman nie gegeben. Parallel zur Inflationierung der Vermögenspreise – von Aktien bis Immobilien – kam es zu einer Kreditblase, die ihresgleichen sucht. Der Boom basiert zu einem guten Teil auf Pump.

Für die jetzige Panik sind somit nicht nur die bösen Spekulanten verantwortlich, sondern auch die verschiedenen Politikverantwortlichen: die Notenbanken, die mit ihrem Voodoo-Zauber nur auf gute Stimmung an den Märkten schielen, und Staatschefs wie Donald Trump, die ihren Erfolg am Dow-Jones-Index messen. Wenn Wirtschaftspolitik Spekulations- und Schuldenblasen fördert, darf man sich nicht wundern, wenn diese eines Tages platzen. (Andreas Schnauder, 9.3.2020)