Schwarze Witwen erhielten ihren Namen durch ihre grausam anmutende Angewohnheit, paarungswillige Männchen aufzufressen. Dieser "Liebeshunger" kommt auch bei anderen Spinnenarten vor, denn der nahrhafte Snack bringt Vorteile für das Überleben des Nachwuchses. Das Verhalten ist besonders häufig unter Laborbedingungen zu beobachten, wo die Männchen nicht entkommen können, während sie in freier Wildbahn etwas bessere Chancen haben.

Spinnen gehören trotz ihres faszinierenden Verhaltens nicht gerade zu den beliebtesten Tieren.
Foto: imago/Nature in Stock

Einen schlauen Trick hat sich das Männchen der Afrikanischen Goldenen Seidenspinne (Trichonephila fenestrata) einfallen lassen: Es wirft seine Beine ab. Dieses Verhalten untersuchten Forscher an der Universität Hamburg in einer Studie, die sie Anfang des Jahres im Fachblatt "Animal Behaviour" veröffentlichten.

Zum Fressen gern haben

Monogynie, bei der Männchen sich mit nur einem einzigen Weibchen paaren, ist bei Spinnen weit verbreitet und resultiert darin, dass Männchen ihre ganze Energie in diesen einen Paarungsvorgang stecken. Der Kannibalismus der Weibchen ist dabei eine extreme Ausprägung dieses Verhaltens.

Die größte Sorge der Männchen ist jedoch, dass sich das Weibchen mit weiteren Männchen paaren könnte, was den eigenen Fortpflanzungserfolg reduziert. Deshalb bricht das Kopulationsorgan nach der Paarung oft ab und verschließt das weibliche Genital. Da der Paarungspfropf aber nicht immer funktioniert, ist es für das Männchen darüber hinaus von Vorteil, die Annäherungen anderer Männchen abzuwehren.

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Tropische Seidenspinnen können einige Zentimeter groß werden (Beinlänge nicht mit eingerechnet).
Foto: AP/David Lauridsen

Wird das Männchen allerdings beim Sex gefressen, kann es sein Weibchen nicht mehr gegenüber anderen Verehrern verteidigen, um damit das Überleben der eigenen Nachkommen zu garantieren. Für die Weibchen ist es dagegen von Vorteil, sich mit mehreren Männchen zu paaren, weshalb sie sich die besitzergreifenden Männchen durch Kannibalismus vom Leib halten. Die hungrigen Weibchen lassen sich aber davon ablenken, ihnen die eigenen Beine zum Fraß vorzuwerfen.

Lebensrettende Ablenkung

In der vorliegenden Studie beobachteten die Wissenschafter, dass die Spinnenmännchen ihre Beine vor allem dann abwarfen, wenn sie von den Weibchen angegriffen wurden. Die Angriffe erhöhten allerdings auch die Dauer der Kopulation und damit den Paarungserfolg. Es ist für die Männchen also von Vorteil, sich attackieren zu lassen. Wenn die Forscher dem Weibchen ein zusätzliches Spinnenbein anboten, waren sie weniger angriffslustig.

Einige Männchen wurden bei den Experimenten gefressen. Im Falle von abgeworfenen oder zusätzlich angebotenen Beinen geschah dies allerdings seltener. Da die Beine der kleineren Spinnenmännchen eher kalorienarm sind, liegt der Nutzen dieses Verhaltens wohl eher im Überleben des Männchens selbst als in der Vorsorge für den Nachwuchs. Daher ist davon auszugehen, dass es sich eher um ein Ablenkungsmanöver als ein Füttern der Angebeteten handelt. (Friederike Schlumm, 19.3.2020)