Indianerkostüm zum Fasching? Nudeln vom Chinesen statt selbstgekochtes Gemüse für die Kleinen? Oh Gott! Die hippen Kölner Eltern haben in Andere Eltern schon einige Diskussionen hinter und noch viele Meinungsverschiedenheiten vor sich.

Nach der Kita-Gründung in der ersten Staffel geht der Wahnsinn ab heute auf TNT Comedy (abrufbar via Sky X) in die Verlängerung. In acht neuen Folgen – immer dienstags um 20.15 Uhr – kreisen diese anderen Eltern in der improvisierten Serie wieder vor allem um sich selbst. Und sie reiben sich zwischen Erziehungs- und Beziehungsfragen, zwischen der Sorge um das Kind, Loslassen und Karriere gnadenlos lustig auf.

Alles für das Kindeswohl: Lavinia Wilson in "Andere Eltern".
Foto: Frank Dicks, eitelsonnenschein, Turner

"Es ist die Kunst der Komödie, dass in der Überspitzung die Wahrheit liegt. Dass sich so eine heterogene Gruppe zusammenschließt, ist aber in der Realität eher ungewöhnlich. Da würden einige früher aufgeben", sagt Lavinia Wilson (Schoßgebete, Deutschland 86, Tatort) im Gespräch mit dem STANDARD: "Es hat damit zu tun, dass dieses Kinderhaben in unserer komplexen Welt so ein emotionaler Einbruch ist. Es geht immer um die Frage: Wie leben wir richtig? Leistungsdruck und Selbstoptimierungswahn hören ja nicht auf, wenn man Kinder bekommt. Im Gegenteil, das wird dann noch verstärkt. Dann knallen unterschiedliche Meinungen aufeinander. Und so kommen diese absurden Diskussionen zustande, ob wir etwa zu Fasching Indianer sein dürfen." Der Kern der Serie sei, dass "jeder Einzelne nach Orientierung sucht und versucht, alles richtig zu machen. Und dabei geht alles schief. Es liegt schon viel Wahrheit in der Serie, andere Eltern sind ja auch oft sehr anstrengend, aber das sagen andere Eltern über mich sicher auch."

Jasin Challah, Nadja Becker, Lavinia Wilson, Sebastian Schwarz, Henny Reets.
Foto: Frank Dicks, eitelsonnenschein, Turner

Erfolg neu definieren

In Andere Eltern spielt Lavinia Wilson (40), selbst Mutter von drei Kindern, die dreifache Mutter Nina Züger, die nach der Karenz in ihren Job als Kreativdirektorin einer Werbeagentur zurückkehren will. Das ist nicht so einfach, wie eben im echten Leben auch. Wilson: "Langsam sind wir zwar auf dem guten Weg in Richtung Gleichberechtigung. Aber natürlich stimmt etwas im System nicht, wenn Frauen schlechter bezahlt werden."

Gleichzeitig sei es "eine Illusion zu glauben, man kann denselben Erfolg haben, dieselbe bedingungslose Karriere machen, wenn man Kinder bekommt. Man muss sich überlegen, was man als Erfolg definiert. Wenn ich hundertprozentig verfügbar bin in einer Gesellschaft, die mir sagt, dass ich alles haben kann und alles haben wollen muss, dann werden Kinder immer eine Form von Verzicht bedeuten. Entweder weniger Zeit für die Kinder, für die Karriere oder für das Privatleben. Irgendwas wird auf der Strecke bleiben, der Tag hat eben nur 24 Stunden."

Der Spagat sei da, "aber ich glaube nicht, dass man alles haben kann. Und so geht es Nina in Andere Eltern auch." Sie ist für Wilson jemand, die typisch für unsere Zeit ist. "Sie versucht verzweifelt, in einer immer verrückter werdenden Welt die Kontrolle zu behalten." Mit der Geburt der Kinder werde "alles komplett auf den Kopf gestellt. Gerade bei Nina mit ihrem sehr optimierten, auf Selbstverwirklichung ausgelegten Alltag brechen mit den Kindern
all die archaischen Gefühle wie Angst, Sorge, aber auch bedingungslose Liebe, Sehnsucht nach Sinnstiftung und der Wunsch, alles richtig zu machen, hervor."

Kinder würden "das Beste und Schlechteste in uns zum Vorschein" bringen. "Nina versucht verzweifelt, das Richtige zu tun – und es kommt immer das Falsche dabei raus. Sie kämpft auf jeden Fall, versucht, Oberwasser zu haben. Je mehr sie versucht, die Kontrolle zu behalten, desto weniger gelingt es ihr", so Wilson.

Fit, und das Kind macht mit: Nina (Lavinia Wilson), Nike (Henny Reents) und Anita (Nadja Becker) auf dem Selbstoptimierungstrip.
Foto: Frank Dicks, eitelsonnenschein, Turner

Ohne vorgegebene Dialoge

Auch die zweite Staffel von Andere Eltern wurde als Mockumentary gedreht – die Handlung der Figuren wurden vorab skizziert, die Dialoge von den Schauspielern improvisiert. "Gemeinsam mit den Autoren und dem Regisseur Lutz Heineking jr. haben wir im Vorfeld der Drehs Ideen entwickelt, in welche Richtung sich die Figuren bewegen sollen und welche Situationen für sie spannend sind. Daraus entstanden dann sogenannte Briefings." Ein Briefing umreiße die Grundstruktur und die Frage, wohin es gehen soll in der Staffel.

"Während der Dreharbeiten gab es dann für jede Figur sogenannte Tagesbriefings. Dialoge waren keine vorgegeben, manchmal aber ein gewünschter Ausgang. Etwa ob eine Szene im Streit oder einer Versöhnung enden soll. Es gab aber auch ganz freie Szenen, zum Beispiel die Stuhlkreise, und man schaute, was da rauskommt. Da wurden wir aufeinander losgelassen wie eine Horde Wildtiere", erzählt Wilson. Gut so.

Neben Wilson spielen Jasin Challah, Nadja Becker, Sebastian Schwarz, Henny Reents, Daniel Zillmann, Rebecca Lina, Serkan Kaya sowie Johanna Gastdorf. Ob es eine dritte Staffel geben wird, steht noch nicht fest, Wilson würde es sich wünschen, "ich habe viele Ideen".

Momentan sei der "Mut und auch die Freiheit bei Pay-TV-Sendern und Streaming-Anbietern größer als bei Öffentlich-Rechtlichen, die in Strukturen gefangen sind, die es schon lange gibt", sagt Wilson. Aber diese Strukturen würden langsam aufbrechen. "Mediatheken bieten hier eine große Chance, weil eine ganz andere Klientel zuschaut. Aber man soll den Menschen Rosamunde Pilcher nicht wegnehmen, wenn es sie glücklich macht."

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(Astrid Ebenführer, 10.3.2020)