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Noble Stimme der Musikkritik: John Malkovich.

Reuters

Wer, wenn nicht John Malkovich, der in Wien schon Diktatoren und Jack Unterweger gespielt hat, wäre besser geeignet, das böse Antlitz der Musikkritik erstrahlen zu lassen: Im Konzerthaus zelebriert er das Klischee des Komponistenvernichters mit jener dandyhaften Herablassung und kühlen Noblesse, die ihm immer so lässig von der Hand geht. Das Stück The Music Critic bietet zudem viele historische Werturteile, deren Gnadenlosigkeit Malkovichs Glaubwürdigkeit als Darth Vader der Musikschreibe noch befeuert.

Eduard Hanslicks Statement zu Tschaikowskis genialem Violinkonzert ist zwar nicht dabei ("ob es nicht auch Musikstücke geben könne, die man stinken hört"). Dafür zelebriert er offenherzig Tschaikowskis brutale Worte über Johannes Brahms ("chaotisch") und Fachirrtümer etwa zu Chopin, dem "ungesundes Streben nach Lärm" bescheinigt wird.

Triumph über sadistische Spielanweisungen

Malkovich bohrt, so will es das Stück von Geiger Aleksey Igudesman, seine Beleidigungen direkt hinein in das delikate Musizieren von Igudesman und Kolleginnen (Hyung-ki Joo, So-Ock Kim, Max Baillie und Tanja Tetzlaff). Es gibt allerdings auch Gegenwehr: Funk The String wird zum virtuos rasenden Aufbegehren der gedemütigten Solistenseele gegen Verbalattacken, die Geiger Igudesman zu seinen Konzerten im Internet gesammelt hat ("Mozart dreht sich im Grab um!"). Auch Mozarts Türkischer Marsch (aus der 11. Klaviersonate) wird schließlich in einer orientalischen Variante zum Triumph über die sadistischen Spielanweisungen Malkovichs.

Am heitersten geriet der Abend jedoch, als Igudesman an Max Regers Umgang mit Musikkritik erinnerte. Der deutsche Komponist schrieb einem Kritiker, er habe dessen Artikel an einem stillen Örtchen gerade vor sich, gleich aber hinter sich ... Es wurde herzlichst gelacht. Und auch der Kritiker selbst nimmt die Frohbotschaft mit nach Hause, dass seine Worte zumindest verdauungsfördernd wirken können. (toš, 10.3.2020)