Die Arbeitgeber in Frankreich halten eine Frauenquote von 40 Prozent in Vorständen für nicht realisierbar.

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Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron hat zum Internationalen Frauentag bestätigt, dass sie in größeren Vorständen eine Frauenquote von 40 Prozent einführen will. Sie soll ab 2024 für Unternehmensleitungen mit mehr als acht Mitgliedern gelten. Ab 2022 sollen in einer ersten Etappe 20 Prozent Frauenanteil obligatorisch werden.

Die Schwelle von 40 Prozent Frauen erreicht in Frankreich bisher nur eine der 120 größten Firmen, die Immobilienagentur Icade mit 56 Prozent. Andere Konzerne wie Orange (Telekom), L’Oréal (Kosmetika), Danone (Nahrungsmittel) oder Publicis (Werbung) kommen auf einen Anteil von 33 bis 37 Prozent. Ein Viertel aller Firmen im Börsenindex SBF 120 verfügt in ihrem acht- oder mehrköpfigen Exekutivausschuss allerdings über keine einzige Frau.

Im internationalen Vergleich steht Frankreich bei der betrieblichen Frauenförderung dennoch gut da. Stellt man über die Spitzenposten hinaus auch die Salärunterschiede oder die Elternauszeit in Rechnung, nehmen die Französinnen dem Unternehmensberater Equileap zufolge die Spitzenstellung in Europa ein.

Quote in der Verwaltung

In den Verwaltungs- und Aufsichtsräten kommt Frankreich heute schon auf eine starke weibliche Vertretung. In diesen Gremien gilt seit 2011 eine Frauenquote von 40 Prozent. Diese gesetzliche Vorschrift wird heute mehr als befolgt: 44 Prozent aller Sitze in den französischen Aufsichtsräten werden heute von Frauen belegt.

In den Vorständen ist die Aufgabe ungleich schwieriger zu verwirklichen: Direktorinnen können anders als Aufsichtsräte nicht einfach von außen berufen werden. Häufig haben sie sich im eigenen Betrieb hochgearbeitet, wie auch der Konzernvorsteher von Icade, Olivier Wigniolle, gegenüber der Zeitung Le Parisien erklärte: "Mehr Frauen in den Vorstand zu berufen erfordert eine lange betriebsinterne Vorbereitung, die es erlaubt, aus einem Reservoir schöpfen zu können. Insbesondere müssen die Frauen zuerst im Management gefördert werden."

Skepsis der Arbeitgeber

Die Personalchefin von L’Oréal, Blandine Thibault-Biacabe, räumt ein, dass die Frauenförderung bis in die Generaldirektion einen entsprechenden Willen und konkretes Handeln voraussetze: "Manchmal muss man bewusst Frauen für gewisse Posten suchen und ihnen Verantwortung übertragen, auch wenn sie bei Jobbeginn noch nicht sämtliche Kompetenzen beherrschen." Der französische Unternehmerverband Medef ist gegen jegliche Frauenquote in den Chefetagen. Er stützt sich auf eine Erhebung des Headhunterbüros Heidrick & Struggles, laut der in den 120 größten französischen Unternehmen 280 Frauen für Spitzenpositionen fehlen.

Mit anderen Worten: Selbst beim besten Willen wäre es laut Medef nicht möglich, den Frauenanteil in den Vorständen binnen weniger Jahre von teilweise null auf 40 Prozent Frauen anzuheben. Die Arbeitgeber schlagen deshalb vor, dass Firmen die Zielgröße selbst beziffern.

Verzögerung im Parlament

Frauenministerin Marlène Schiappa hält an den Quoten fest. Der spektakuläre Anstieg des Frauenanteils in den französischen Aufsichtsräten zeige nur Genüge, dass solche Druckmittel notwendig und auch sinnvoll seien: "Ohne Quoten gibt es keine Geschlechterparität." Schiappa wollte das Gesetz eigentlich noch in diesem Monat durch das Parlament bringen. Das Vorhaben verzögert sich aber laut offizieller Darstellung wegen des Coronavirus und wegen der Rentenreform, die für Macron Priorität hat.

Gut möglich, dass auch der Widerstand des Arbeitgeberverbands eine Verzögerung bewirkt. Und vielleicht schlicht der Umstand, dass die Frauenquote für Frankreichs Wirtschaftsleben, jedenfalls in zahllosen Firmen, eine ziemlich revolutionäre Umstellung bedeuten würde. (Stefan Brändle aus Paris, 9.3.2020)