"Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen", sagt Lederer im Gespräch mit dem STANDARD, wenn die FPÖ gegen die Rundfunkgebühren mobilisiert und den Vorsitzenden im Stiftungsrat stellt.

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Wie steht der Vorsitzende des obersten ORF-Gremiums zur Kampagne seiner Partei, die mit den GIS-Gebühren den Großteil der ORF-Einnahmen streichen will und Tipps zur Vermeidung gibt? Und wie steht dieser freiheitliche ORF-Rat Norbert Steger zur Forderung der FPÖ, die Länder mögen den Gebührenzahlern die Landesabgaben auf die GIS zurückzahlen? Diese Fragen will Heinz Lederer (SPÖ) kommende Woche im ORF-Stiftungsrat stellen.

"Klarstellung" Stegers

"Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen", sagt Lederer im Gespräch mit dem STANDARD. Wenn die FPÖ gegen die Rundfunkgebühren mobilisiert, die rund 640 Millionen Euro pro Jahr einspielen – rund zwei Drittel der Umsatzmilliarde von Österreichs größtem Medienunternehmen ORF. Lederer erwartet eine "Klarstellung" Stegers dazu.

ORF-Stiftungsräte sind in ihrer Funktion unabhängig von den entsendenden Organen; sie sind dem ORF verpflichtet, insbesondere in wirtschaftlichen Fragen.

Der Stiftungsrat tagt kommenden Donnerstag, schon am Montag berät der Finanzausschuss, am Mittwoch der Programmausschuss des obersten ORF-Organs.

Sägt Lederer da schon am Vorsitz Stegers im Stiftungsrat? Der SPÖ-Vertreter weist das zurück.

Ein Kandidat für den Vorsitz aber dürfte sich nach STANDARD-Informationen auf einem Regierungsmandat der nun türkis-grünen Regierung finden: Lothar Lockl, selbstständiger Politik- und Strategieberater, der in den 2000er-Jahren bei den Grünen Wahlkämpfe managte und 2016 den Präsidentschaftswahlkampf von Alexander Van der Bellen leitete.

Regierung und Parteien sind aber gerade dabei, die neun beziehungsweise sechs Mandate im obersten ORF-Gremium neu zu besetzen, wie nach Nationalratswahlen und Regierungsbildung üblich. Mehr zur anstehenden Neubesetzung hier.

Die ÖVP soll laut Vereinbarung mit den Grünen fünf Regierungsmandate statt bisher vier im Stiftungsrat bekommen, die Grünen zwei Regierungsmandate. Zwei Regierungsmandate statt bisher eines wollen die Koalitionspartner gemeinsam mit Unabhängigen besetzen. Lockl dürfte auf einem dieser Regierungsmandate in den ORF-Rat kommen.

"Ménage à trois"

Lederer verlangt aber auch von den Grünen und der ÖVP "Klarstellungen", wie sie es mit dem ORF halten nach den fundamentalen Angriffen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Finanzierung in Regierungszeiten von ÖVP und FPÖ.

"Die Grünen sollen klar sagen, worum es ihnen geht, bei Gebühren, bei Ländern, beim öffentlich-rechtlichen Auftrag, beim ORF-Player", sagt Lederer. "Wir brauchen klare Linien und keine ménage à trois." Im ORF bleiben die Freiheitlichen (mit Mandaten aus dem ORF-Publikumsrat) drittstärkste Fraktion, stärker als die Grünen (wenn man ihnen keine unabhängigen Mandate zurechnet). Er befürchtet, dass sich die in der Regierung geplatzte türkis-blaue Koalition im ORF fortsetzt.

Die Rückkehr der Grünen mit mehreren Mandaten in den Stiftungsrat begrüßt Lederer ausdrücklich "im Interesse des Öffentlich-Rechtlichen und der Journalisten, die in Ruhe arbeiten können sollen". (fid, 10.3.2020)