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In Zukunft werden die großen IT-Konzerne noch mächtiger.

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Sie sind groß, haben eine gigantische Marktmacht, und wollen diese auch behalten: IT-Giganten wie Google, Amazon oder Facebook gehören zu den einflussreichsten Unternehmen unserer Zeit. Träumten einst Jungunternehmer aus dem Silicon Valley noch davon, womöglich die nächste große Innovation auf den Markt zu bringen – und damit selbst zum nächsten großen Tech-Konzern werden –, ist die Lage in der kalifornischen Start-up-Wiege heute eine andere.

Denn je tiefer die Fußstapfen der großen IT-Konzerne werden, desto aggressiver agieren sie, um Mitbewerber zu verhindern. Mit der Corona-Krise wird sich das nur noch weiter intensivieren, denn sie gelten als die wenigen Gewinner – oder zumindest nicht so großen Verlierer – der Situation.

Datenschatz

Mit wieviel Tatendrang dabei die Konkurrenz verhindert wird, lässt sich etwa an Amazon beobachten. Jeff Bezos‘ Online-Imperium ist längst nicht mehr bloß ein Versandhändler, sondern hat zahlreiche Werkzeuge im Repertoire, die für Markteinsteiger undenkbar sind: So kann die Firma anhand seines Marktplatzes enorm wertvolle Daten sammeln. Amazon fungiert einerseits selbst als Verkäufer von Produkten, bietet aber auch gleichzeitig mit dem Marketplace eine Plattform für Firmen, um ihr Angebot an Nutzer zu bringen.

Dadurch kann das Unternehmen Informationen darüber sammeln, welche Produkte Kunden interessieren, wieviel sie dafür ausgeben würden, wer die großen Player am Markt sind – und auch, wie übersättigt er ist. So weiß Amazon auch, wann ein bestimmtes Segment einen neuen Teilnehmer vertragen könnte, der die Mitbewerber aussticht.

Dazu kommen die massiven finanziellen Möglichkeiten, die es erlauben, ein gleichwertiges Produkt zu schaffen – und Amazons Strategie, nicht in Produkten selbst, sondern in Ökosystemen zu denken. Das beste Beispiel sind Alexa und Kindle-E-Reader. Sie sind vergleichsweise so günstig, weil Amazon weiß, das Geld verdient sich mit dem zugehörigen Service – so eben E-Books. So werden die Preise künstlich tief gehalten, bis es keinen Rivalen mehr am Markt gibt.

Zahlreiche Instrumente

Zudem hat das Unternehmen durch seinen Onlineshop einen unkomplizierten Vertriebsweg – und gleichzeitig die Möglichkeit, die eigenen Erzeugnisse aggressiv zu bewerben, während gleichwertige konkurrierende Produkte nach hinten verlegt werden. Und: Umsätze werden direkt wieder investiert.

Ein Beispiel, wie all diese Instrumente ausgenutzt werden, ist etwa der Umgang des Konzerns mit dem Start-Up June, das Smarte Öfen mit WLAN-Anbindung, Sprachassistenten-Unterstützung und einem eigenen Bildschirm für Rezepte anbiet. In der Branche zog die Vorstellung eines solchen, zunächst innovativen Produkts, gleich mehrere größere Investoren an, darunter im Jahr 2018 sogar Amazon selbst.

Doch der Konzern entschied sich 2019 dann selbst dazu, einen smarten Ofen auf den Markt zu bringen: Mit vergleichbarem Angebot, aber zum halben Preis. Für June machte das die Existenz geradezu unmöglich: Denn einerseits musste das Start-Up mit Amazon konkurrieren, gleichzeitig aber seine Einnahmen an den Online-Konzern, der ja investiert hatte, berichten.

Facebook kopierte Snapchat

Ähnlich lässt sich auch das Verhalten anderer IT-Giganten beobachten, wie Facebook, das den Social-Media-Markt fest in der Hand hält. Mögliche Konkurrenten wie Whatsapp werden gekauft. Ähnlich wurde das bei Snapchat versucht. Jedoch wollte der Rivale sich nicht erwerben lassen – woraufhin der Social-Media-Konzern populäre Funktionen wie die "Story", also Bilder, die 24 Stunden sichtbar sind und dann verschwinden, kurzerhand kopierte. Mittlerweile sind diese "Storys" ein enorm beliebtes Feature bei Facebooks Foto-Plattform Instagram.

Ein älteres Beispiel liefert Microsoft, das aggressiv gegen Mitbewerber umgegangen ist: Etwa mit der standardmäßigen Installation seines damaligen Browsers Internet Explorer. Die Strategie ging in diesem Fall nicht auf, heute führt Googles Chrome.

Die Sieger der Pandemie

In Zukunft wird diese Marktmacht nur weiter steigen. So werden die IT-Giganten als die Sieger der Pandemie prognostiziert – ihre Börsenwerte, sowieso bei Amazon, Microsoft und Apple im Billionbereich, sind entsprechend im Höhenflug. Wie die "New York Times" schreibt, haben die Konzerne das notwendige Kapital, um eine Wirtschaftskrise zu überleben.

Und auch, wenn sie damit Gutes täten, seien es mittlerweile zu wenige Unternehmen, die den Schlüssel zum Datenschatz von Nutzern haben. Gleichzeitig lassen sie sich für ihr destruktives Vorgehen nicht in die Verantwortung ziehen – und könnten kaum von gewählten Regierungen unter Kontrolle gebracht werden. Schon jetzt ist es eine Mammutaufgabe, sie in Schach zu halten –noch schwieriger wird es sein, wenn der Fokus darin liegt, wiederaufzubauen, anstatt zu zerschlagen. (muz, 1.6.2020)