Sollte die OMV ihre Anteile an der Borealis wie geplant aufstocken, dürften Verkäufe von Geschäftsbereichen die Folge sein.

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Setzt sich der Vorstand der börsennotierten Öl- und Gaskonzerns OMV argumentativ durch, so wird der Aufsichtsrat am Mittwoch die größte Akquisition der Firmengeschichte beschließen. Auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung steht ja der Antrag, die Beteiligung der OMV am Petrochemiekonzern Borealis AG um 39 auf 75 Prozent aufzustocken – es geht um ein Investment im Volumen von 4,1 Milliarden Euro.

Entsprechende Informationen in einem Bericht des STANDARD hat die OMV Ende voriger Woche in einer Ad-hoc-Mitteilung bestätigt.

Neue Basis

Zwar haben sich angesichts des jüngsten Einbruchs des Ölpreises um rund 30 Prozent die Entscheidungsgrundlagen verändert – in Eigentümerkreisen geht man aber trotzdem davon aus, dass der Borealis-Deal in der Aufsichtsratssitzung mit großer Mehrheit oder gar einstimmig abgesegnet wird.

Mitglieder des Kontrollgremiums haben zwar eine gewisse Skepsis erkennen lassen, die Aufstockung des OMV-Engagements bei einem der führenden Petrochemiekonzerne Europas böte aber eine einmalige Gelegenheit, einen Strategiewechsel zu vollziehen, sollen die Argumente des Managements sinngemäß lauten.

Neue Strategie

OMV-Chef Rainer Seele will mit dem Energiekonzern, an dem die staatliche Beteiligungsgesellschaft Öbag 24,9 Prozent hält, künftig mehr auf Klimaschutz Bedacht nehmen, weniger Öl fördern und sich eben verstärkt im petrochemischen Bereich engagieren. Dazu soll die Transaktion mit der Borealis AG dienen. Die Aktiengesellschaft gehört derzeit zu 64 Prozent der Gesellschaft Mubadala (früher: Ipic) aus Abu Dhabi. Borealis hat zuletzt rund 8,3 Milliarden Euro umgesetzt und einen Nettogewinn von rund 900 Mio. Euro erwirtschaftet.

Insider gehen davon aus, dass der Deal, sollte er denn umgesetzt werden, zu einer tiefgreifenden Strategieänderung führen werde. In ihrer Ad-hoc-Meldung informierte die OMV, dass man mit der Transaktion "die Wertschöpfungskette der OMV im petrochemischen Bereich erweitern" könne. Wie berichtet, soll im Gegenzug geplant sein, dass sich die OMV von Geschäftsbereichen trennt. Von Deinvestments war in der Meldung aber nicht die Rede.

Fünftes Vorstandsmitglied

Beschlossen wird am Mittwoch auch die Bestellung eines fünften Vorstandsmitglieds. Und zwar für den 2019 geschaffenen Bereich "Marketing & Trading" im Downsteam (Raffinerien, Tankstellen). Diese Aufgabe hat bis jetzt OMV-Chef Seele miterledigt. Den Job dieses neuen Chief Marketing Officer (CMO) soll eine Frau bekommen, ein Headhunter war in die Suche eingeschaltet. Aus der OMV wird die Neue nicht kommen.

Die Vorentscheidung hat der Präsidial- und Nominierungsausschuss getroffen, dem Gesamtaufsichtsrat wird die Kandidatin am Mittwoch vorgestellt. (Renate Graber, 11.3.2020)