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Foto: Reuters/Nicholls

London/Berlin – Die Zurich-Versicherung will bis Juni alle Kunden des insolventen Reiseveranstalters Thomas Cook entschädigt haben. Derzeit laufen noch "aufwendige Einzelprüfungen" ausstehender Fälle, wie Zurich der "Welt" (Mittwochsausgabe) mitteilte. "Wir verfolgen aber das Ziel, bis Juni auch alle manuell zu bearbeitenden Einzelfälle zu regulieren."

Das Verfahren habe sich unter anderem verzögert, da in etwa jedem zehnten Fall einem Kundenanspruch keine entsprechende Buchungsnummer zuzuordnen sei. "Weitere 35.000 Fälle können wegen inkorrekter Kontonummern nicht angewiesen werden oder erweisen sich als Doppelerfassungen", erklärte der Versicherer.

Haftung gesetzlich begrenzt

Die deutsche Thomas Cook war durch die Pleite des britischen Mutterkonzerns ebenfalls in die Krise gerutscht und hatte Ende September Insolvenz angemeldet. 140.000 Urlauber wurden davon im Urlaub überrascht. Sie wurden nach Hause gebracht, dafür zahlte Zurich 59,6 Millionen Euro.

Da die Haftung für den Kundengeldabsicherer von Thomas Cook pro Geschäftsjahr gesetzlich auf 110 Millionen Euro begrenzt ist, kann Zurich nach eigenen Angaben nicht für alle geltend gemachten Ansprüche aufkommen. Die Bundesregierung hatte angekündigt, einspringen zu wollen und für eine komplette Entschädigung aller Betroffenen zu sorgen. Wie die "Welt" berichtete, erfassten die Insolvenzverwalter bisher die Ansprüche von rund 110.000 Reisenden.

Kolba rät, Forderungen anzumelden

Der österreichische Verbraucherschützer Peter Kolba rät den rund 5.000 Österreichern, die in Deutschland gebucht haben, ihre Forderungen sowohl beim Abwickler der Zurich Versicherung (Karea) als auch in der Insolvenz der Firmen anzumelden.

"Dieser massive Ausfall der Insolvenzabsicherung geht auf eine gesetzliche Regelung in Deutschland zurück, wonach Veranstalter sich nur bis maximal 110 Mio. Euro versichern müssen", erklärte Kolba vom Verbraucherschutzverein (VSV) am Mittwoch. Da Deutschland die Pauschalreiserichtlinie ungenügend umgesetzt habe, bestehe eine Staatshaftung. Deutschland müsse also den Reisenden den Rest, den die Versicherung nicht abdeckt, erstatten.

Kann Jahre dauern

Bisher gibt es aber noch keine Möglichkeit, Ansprüche gegen den deutschen Staat anzumelden. Die deutschen Minister, die vor Weihnachten versprochen haben, dass die Republik einspringen werde, haben laut Kolba einen bemerkenswerten Nachsatz fallen lassen: "ohne Anerkennung der Ansprüche". Und bezahlt würde "nur der Ausfall, der unter Abzug der Leistungen von Dritten (Zurich Versicherung, Insolvenzverfahren und Kreditkartenrückbuchungen) auftritt".

Kunden müssten unter Umständen Jahre warten, bis die Insolvenz abgeschlossen ist, so der VSV-Obmann, der bereits drei Musterklagen in Berlin gegen den deutschen Staat eingebracht hat. Das Gericht möge die Staatshaftung Deutschlands feststellen.

Die deutsche Regierung habe sich von der Reisebranche einkochen lassen. "Die sagten, das wird uns zu teuer. Jetzt wird es eben für den Staat teuer", so Kolba zur APA.

Jene rund 20.000 Österreicher, die beim Österreich-Ableger von Thomas Cook gebucht haben, haben indes Glück. Die österreichische Gesellschaft habe sich gesondert versichert, sagte Kolba. Die Summe von 22 Mio. Euro reiche aus, um alle Kunden, die ihre bereits bezahlte Reise nicht mehr antreten konnten, auszuzahlen. (APA/AFP, 11.3.2020)