Der Hype um das Virus beschert Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen medienübergreifend eine große Bühne.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Das Coronavirus verschiebt die Mehrheitsverhältnisse in der Medienpräsenz von Politikern. Das zeigt die jüngste Analyse der Marktforscher von Media Affairs. Die Medienaufmerksamkeit rund um das Virus beschert insbesondere Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen medienübergreifend eine große Bühne.

"Anschober punktet mit einer sehr starken Krisenkommunikation – mit Ruhe, faktenbasierten Argumenten und indem er wirklich alle Medien und Kanäle intensiv bespielt", sagt Maria Pernegger, Media-Affairs-Geschäftsführerin, zum STANDARD.

Der Gesundheitsminister habe sich aber bereits "vor Bekanntwerden der ersten Fälle in Europa geschickt mit einem breiten Themenprofil profiliert – etwa im Kontext der Grippeimpfung, Sozialpolitik, Pflegereform oder zu internationalen Entwicklungen", sagt Pernegger.

Mit seinen Äußerungen zur Seenotrettung ecke Anschober beim Koalitionspartner an. Das bringe ihm zwar Kritik seitens der ÖVP, lasse ihn aber auch authentisch erscheinen. Anschober punktet offenbar auch im Boulevard. Pernegger: "Das macht ihn zu einer starken Konkurrenz für die ÖVP."

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Viel Medienaufmerksamkeit für Alma Zadić

Media Affairs hat für Jänner und Februar die Medienperformance der Parteichefs und anderer Spitzenpolitiker analysiert und dafür die Berichterstattung in der "Kronen Zeitung", in "Österreich", "Heute", "Kurier", der "Presse" und dem STANDARD nach Berichtsvolumen (Wörter, gewichtet nach medialer Reichweite) und Berichtstonalität ausgewertet.

Update: So definiert Media Affairs den Begriff "Berichtstonalität":
"Abweichung von einer neutralen (=objektiven) Berichterstattung in die positive oder negative Richtung auf Basis definierter Kriterien. Eine ungünstige Themenlage alleine reicht beispielsweise noch nicht für eine negative Berichterstattung aus, ausschlaggebend ist die entsprechende Aufarbeitung des Themas durch das Medium bzw. den Redakteur."

Die Berichterstattung zum Thema Coronavirus dürfte sowohl Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als auch Anschober für die Medienanalyse von Media Affairs einen weiteren Schub bringen.

Kanzler Kurz – in der Grafik nicht berücksichtigt – ist laut Media Affairs ohnehin mit anhaltend starker Medienpräsenz nach wie vor das Zugpferd der ÖVP-Regierungsmannschaft, und die personelle Breite der ÖVP in der Regierung sichert den Türkisen eine klare Mehrheit in der öffentlichen Wahrnehmung. Aus der Ministerriege konnte sich neben Anschober die grüne Justizministerin Alma Zadić in die erste Reihe der Medienpräsenz von Politikern schieben.

Zadić habe zu Beginn ihrer Amtszeit "sehr viel Medienaufmerksamkeit" auf sich gezogen, analysiert Pernegger, nicht zuletzt, "weil ihr von FPÖ-Seite von Beginn an große Ablehnung entgegengebracht wurde und sie mit Hasskommentaren und sogar Morddrohungen im Netz konfrontiert ist". Zadić punkte mit ihrer umgehend gestarteten Offensive gegen Hass im Netz, verteidige außerdem die Korruptionsstaatsanwaltschaft und eine unabhängige Justiz und setze sich für ein höheres Justizbudget ein.

Blümel mit stärkster Medienpräsenz bei ÖVP-Ministern

Die ÖVP-Minister mit der stärksten Medienpräsenz sind Finanzminister Gernot Blümel mit den Themen Budget, ökosoziale Steuerreform, Bekämpfung der Schwarzarbeit und Heeresministerin Klaudia Tanner, die mit der Causa Eurofighter konfrontiert ist und zudem mit der angespannten Budgetsituation des Bundesheeres und einer Diskussion über Teiltauglichkeit öffentlich in Erscheinung tritt.

Außenminister Alexander Schallenberg will im Atomstreit mit dem Iran vermitteln, äußert sich aber auch zur Seenotrettung und internationalen Geschehnissen. Innenminister Karl Nehammer profiliert sich mit Vorschlägen zur angespannten Flüchtlingssituation vor den Toren Europas und zuletzt erfolgreich im Kontext der Coronavirus-Epidemie mit Kanzler und Gesundheitsminister.

Aus dem Regierungsteam waren die ÖVP-Ministerinnen Christine Aschbacher, Margarete Schramböck, Elisabeth Köstinger und Susanne Raab im Jänner und Februar am wenigsten sichtbar: Auch wenn die ÖVP viele Frauen im Regierungsteam haben – die politische Bühne gehört dort den Männern. (red, 11.3.2020)