Lausanne – Eine stetig wachsende Wolke aus technologischen Produkten sammelt sich um die Erde an – darunter funktionale ebenso wie längst ausrangierte, sogenannter Weltraumschrott. Solche Teile erfüllen keinen Nutzen mehr, können aber sehr wohl Schaden anrichten: Je mehr davon im Orbit kreist, desto höher ist die Kollisionsgefahr – und die Trümmer aus solchen Kollisionen erhöhen ihrerseits das Risiko.

Schon jetzt kreisen rund 30.000 Objekte größer als zehn Zentimeter um die Erde, wie Holger Krag, Leiter des Programms Weltraumsicherheit der Esa, erklärte. Oberhalb einer Größe von einem Zentimeter Durchmesser sind es über 900.000 Bruchstücke. Inklusive kleiner Schrotteile oberhalb des Ein-Millimeter-Bereichs sind es sogar über 150 Millionen Fragmente. Und die Zahl wächst.

Die Funktionsweise

Allerdings kann man dieser Entwicklung auch entgegenarbeiten. Eine der vielen Initiativen, mit denen Ordnung im Orbit geschaffen werden soll, ist die Mission Clearspace-1 der Esa. Ein Konsortium unter Leitung des Schweizer Start-ups Clearspace, eines Spin-offs der ETH Lausanne (EPFL), arbeitet derzeit an etwas, das künftig als Müllabfuhr für Weltraumschrott fungieren soll. Schon 2025 könnte der erste solche "Abschleppwagen" in den Orbit starten und damit beginnen, größeren Weltraumschrott einzusammeln.

Vorerst sollen vor allem große Objekte abgeschleppt werden, die bei Kollisionen hunderttausende kleine Trümmer produzieren würden. Und das erste Zielobjekt steht schon fest: Der 100 Kilogramm schwere Vespa (Vega Secondary Payload Adapter), der nach dem Flug mit der Esa-Trägerrakete Vega 2013 auf einer Umlaufbahn verblieb.

Der "Mülljäger" wird das Objekt mit Sensoren orten müssen, es präzise ansteuern und sich ihm soweit nähern, dass vier Greifarme es einfangen, heranziehen und an der Basiseinheit fixieren können. "Die Greiftechnik ist neu, ausprobieren lässt sie sich erst beim ersten Probelauf und Rendezvous mit Vespa im All", sagt Luc Piguet, CEO von Clearspace.

Hintergrund

Die Idee des Start-ups Clearspace entstand aus einem Forschungsprojekt der EPFL. 2009 schickte ein EPFL-Team einen Nanosatelliten in einen Erdorbit in 700 Kilometern Höhe, wo besonders viel Weltraumschrott umherfliegt. Mehrfach habe es Kollisionswarnungen gegeben, sagte Piguet. Als man den Satelliten drei Jahre später wieder herunterholen wollte, wollte niemand dafür bezahlen und es hab auch kein Unternehmen, das diesen Service angeboten hätte. Daher gründete Piguet mit der Raumfahrtingenieurin Muriel Richard und der Industriedesignerin Catherin Johnson selbst eines. (red, APA, 11. 3. 2020)