Mit "Nachdruck" bat Bundeskanzler Sebastian Kurz heimische Unternehmer am Dienstag, Mitarbeiter – falls möglich – von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Home-Office lautet also die Parole für tausende Arbeitnehmer. Wie viele Betriebe dem Aufruf der Regierung bisher Folge leisten, ist nicht bekannt.

Während das Arbeiten im Eigenheim in einigen Branchen unkompliziert und ohne Einkommenseinbußen möglich ist, bereitet die Situation allen voran Selbstständigen Kopfzerbrechen. Sie sehen sich mit einer Reihe von Absagen konfrontiert, wie ein Rundruf des STANDARD verdeutlicht.

Auftragsausfälle

"Wir haben im März bereits zwischen 80 und 90 Prozent Ausfälle", erzählt Christoph Ainedter, der in Salzburg ein Videoproduktionsunternehmen leitet. Sein Betrieb bietet Liveübertragungen von Sport- und Kulturveranstaltungen an, die nun größtenteils abgesagt wurden. Noch seien die Ausfälle allerdings "überbrückbar", meint Ainedter.

Abgesagte Sportveranstaltungen und Konzerte sorgen bei Eventfotografen für eine Stornierungswelle. Auch andere Selbstständige berichten von Ausfällen.
Foto: Christian Fischer

Ähnlich sieht es bei den Fotografen aus. Deren Innungsmeister, Ulrich Schnarr, beschreibt die Stimmung als "sehr schlecht". Auftragsstornierungen der kommenden zwei Monate beliefen sich auf bis zu 90 Prozent. Wie viele davon nachgeholt würden, sei unklar. Einzig Produktfotografen treffe die Situation weniger hart.

Auch in anderen Sparten macht sich das Virus bemerkbar: Einzelunternehmer erzählen von Absagen von Coaching-Terminen und Fortbildungen, wie auch von Terminausfällen im Therapiebereich.

Keine Antworten im Wirtschaftsministerium

Im Wirtschaftsministerium hat man einstweilen keine Antwort auf die Sorgen der Unternehmer. Man sei sich der schwierigen Lage bewusst, versicherte ein Sprecher von ÖVP-Ministerin Margarete Schramböck: "Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen." Ob es Entschädigungszahlungen für Betroffene geben wird, konnte das Ministerium auf Anfrage nicht beantworten.

Margarete Schramböck (ÖVP) zufolge wird im Wirschaftsministerium "mit Hochdruck" nach Lösungen gesucht.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Im österreichischen Epidemiegesetz ist zur Vergütung bei Verdienstentgang Folgendes zu lesen: "Für selbstständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen." Was genau das nun im Falle von Corona bedeutet, wird derzeit von einer Arbeitsgruppe geklärt, heißt es aus dem Ministerium. Die Ergebnisse dazu sollen demnächst vorliegen.

"Sehr angespannte" Situation

Laut Wirtschaftskammer (WKO) sei die Lage in bestimmten Branchen "sehr angespannt". In Zusammenarbeit mit der Regierung und Sozialpartnern versuche man, rasch Unterstützungsmaßnahmen umzusetzen – "sei es in Form von arbeitsrechtlichen Regelungen oder Maßnahmen zu Sicherstellung der Liquidität". Auf der Kammer-Homepage wurde zudem eine Frage-Antwort-Rubrik rund um das Virus eingerichtet.

Bei der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) bereitet man sich unterdessen auf mögliche Corona-Folgen vor. Damit es zu keiner "existenzbedrohlichen Gefährdung für österreichische Unternehmen kommt", stellt die AWS Garantien für Überbrückungsfinanzierungen im Ausmaß von zehn Millionen Euro zur Verfügung.

Absage von Großevents

Auf diese könnten in absehbarer Zeit wohl einige Betriebe zurückgreifen. Absagen von Großveranstaltungen wie dem Wien-Marathon oder Konzerten in der Stadthalle und anderen Veranstaltungsorten sorgen für Stornierungswellen. Ein Eventausstatter, der unter anderem Absperrgitter und Bodenschutz vermietet, beklagt für März einen Auftragsausfall von 98 Prozent. Aktuell nehme er die Situation noch gelassen, nutze die "freie Zeit" für Vorbereitungen auf den Sommer. Sollte sich die Situation bis Mai nicht verbessern, habe er jedoch ein "massives Problem", sagt der Unternehmer, der namentlich nicht genannt werden will.

Unzählige Firmen hoffen, dass das Donauinselfest wie geplant stattfinden kann.
Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

Im Eventbereich hat Ernst Buchinger, Geschäftsführer der Marketingfirma Werbehelden, hingegen noch Hoffnung: "Für uns sind das Donauinselfest und die Public Viewings im Rahmen der Europameisterschaft sehr wichtig. Wir machen dort große Werbeaktionen." Bisher seien mehrere Promotion-Aktionen im Gastronomiebereich storniert worden. Für die kommenden Monate erwartet er einen Ausfall von bis zu 70 Prozent.

Auch die ausbleibenden Touristen bereiten Selbstständigen, wie etwa Chiara Barizza, Sorgen. Sie ist Reiseführerin in Wien und arbeitet ausschließlich mit italienischen Gruppen zusammen. Zu tun hat sie momentan nichts. "Jänner und Februar ist sowieso eine umsatzschwache Zeit, die Schulklassen im März und April machen aber fast ein Drittel meines Jahresumsatzes aus", sagt Barizza zum STANDARD. Sie habe aktuell keinen einzigen Auftrag. Aufgrund des Reiseverbots für Schulklassen habe sie keine Stornogebühren verlangen können und somit überhaupt keine Einnahmen. (Andreas Danzer, Nora Laufer, 11.3.2020)