Selbst vielen erfahrenen Investoren ist bei dem rasanten Kursverfall der vergangenen Tage flau im Bauch geworden. Wie soll es dann erst Börsenneulingen gehen, die aufgrund der Zinsflaute in den vergangenen Jahren ihre ersten Schritte im Aktienmarkt gewagt haben und nun das erste Mal ein solches Kursdebakel erleben? Soll man aussteigen, nachkaufen, oder besteht sonst Handlungsbedarf? Das lässt sich nicht für alle Anleger über einen Kamm scheren – zumal noch niemand Dauer und Ausmaß der Coronakrise sowie ihre wirtschaftlichen Folgen abschätzen kann. Es gibt aber allgemeingültige Daumenregeln, an denen sich Anleger orientieren können.

Frage: Ist das Schlimmste überstanden?

Antwort: Wahrscheinlich nicht. Man sollte auf jeden Fall damit rechnen, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen noch verstärken und die Börse diese verschlechterten Aussichten einpreist – also noch weitere Abwärtsschübe kommen könnten.

Frage: Soll man Aktien jetzt verkaufen?

Antwort: In den meisten Fällen lautet die Empfehlung: Nein, es ist besser, den Kopf in den Sand zu stecken. Und zwar dann, wenn Anleger zumindest über einen fünfjährigen Zeithorizont das Kapital voraussichtlich nicht benötigen werden. Denn in diesem Zeitraum besteht eine recht hohe Chance, die Kursverluste wieder aufzuholen. Das war sowohl beim Wall-Street-Crash des Jahres 1987, der Technologieblase der Jahrtausendwende als auch nach der Finanzkrise 2008 der Fall. Besonders inklusive der laufenden Dividendenausschüttungen waren damals die Kursverluste binnen weniger Jahre wieder aufgeholt. Einzige Ausnahme war diesbezüglich der Börsenkrach von 1929 samt folgender Weltwirtschaftskrise: Erst 1954 waren die Kursverluste wieder ausgebügelt.

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Die Sichtweite bei der Konjunktur- und Börsenentwicklung ist derzeit sehr eingeschränkt – ähnlich der Tiefsee, wo die mit einem Leuchtorgan ausgestatteten Anglerfische leben.
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Frage: Und wenn man das Geld früher benötigt?

Antwort: Wenn hingegen in nächster Zeit das investierte Kapital sicher oder zumindest wahrscheinlich benötigt wird, sollte man den passenden Betrag sicherheitshalber aus Aktien oder anderen riskanten Anlagen abziehen und kurzfristig auf dem Konto der depotführenden Bank parken. Alternativ ist zur Zeitüberbrückung auch ein Sparbuch empfehlenswert – insbesondere dann, wenn sich etwa über Einstiegsangebote für Neukunden bei manchen Banken zumindest ein bisschen Zinsertrag generieren lässt.

Frage:Besteht bei Sparplänen, etwa auf Indexfonds wie ETFs oder aktive Investmentfonds, Handlungsbedarf?

Antwort: Nein. Bei Sparplänen haben zwischenzeitliche Phasen tiefer Kurse sogar den Vorteil, dass man währenddessen billiger zukaufen kann. Unter dem Strich kann sich dadurch der Gesamtertrag am Ende sogar erhöhen.

Frage:Ist es nach dem Kurssturz schon an der Zeit, um am Aktienmarkt einzusteigen oder zuzukaufen?

Antwort: Das ist eine Frage der Risikobereitschaft. Eigentlich gilt an der Börse: nicht in ein fallendes Messer greifen. Eskaliert etwa die Lage in den USA, wären weitere Kursverluste sehr wahrscheinlich. Nur entsprechend mutige und optimistische Anleger sollten derzeit schon einen Einstieg oder Zukäufe ins Auge fassen.

Frage:Ab wann erscheinen Käufe für weniger mutige Anleger ratsam?

Antwort: Man sollte abwarten, bis sich die Lage beruhigt hat und die Aktienmärkte einen tragbaren Boden gefunden haben. Wann das so weit sein wird, ist noch nicht absehbar. Die Börsen werden wahrscheinlich auf ein Abklingen der Neuinfektionen in Europa positiv reagieren. Ebenso sollten Meldungen über die Normalisierung des Alltags und des Wirtschaftslebens die Kurse beeinflussen.

Frage:Ist dann die Börsenschwäche schon ausgestanden?

Antwort: Das ist keineswegs sicher. Ab April werden die Unternehmen ihre Zahlen zum ersten Quartal und den Ausblick auf das Gesamtjahr präsentieren. Dabei ist mit Überraschungen zu rechnen, sowohl mit negativen als auch mit positiven. Ebenso, wenn Staaten ihre den BIP-Zahlen zum ersten Quartal vorlegen. Diese Ereignisse sollten vorsichtigere Anleger noch abwarten.

Frage:Was kann man jetzt schon tun, wenn man noch Geld auf der hohen Kante hat?

Antwort: Wenig. Es ist aber ratsam, einen gewissen Betrag schon auf das Konto der depotführenden Bank zu überweisen, damit es bereitsteht, wenn die Börsenampel wieder auf Grün springt.

Frage:Soll man aus dem Aktienmarkt aussteigen, wenn man mit den aktuellen Kursschwankungen kaum zurechtkommt?

Antwort: Die wirtschaftliche Vernunft spricht zwar dagegen – aber wenn jemand mit dem Gefühl von Kursverlusten und den aktuell starken Schwankungen nur schwer zurechtkommt, kann es sinnvoll sein, die Reißleine zu ziehen. Nicht alle Menschen sind für die Börse geschaffen, Lebensqualität geht im Zweifel vor. (FRAGE & ANTWORT: Alexander Hahn, 14.3.2020)