Die Coronakrise führt zur Digitalisierung der Klassenzimmer. Das wäre heutzutage ohnehin unabdingbar.

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Maximal sechs Tage haben Eltern von schulpflichtigen und Kindergartenkindern nun also Zeit, sich ein Notfallprogramm zu überlegen. Großeltern sollen wegen der Ansteckungsgefahr nicht auf die Kinder schauen, in den pädagogischen Einrichtungen wird es zwar trotz Aussetzung des Unterrichts Betreuung geben – um die Verbreitung des Virus zu minimieren, soll aber lediglich in Notsituationen darauf zurückgegriffen werden.

Nur, ab wann handelt es sich um eine solche Notsituation? Das liegt im Ermessen der betroffenen Erziehungsberechtigten. Ist es dann der Fall, wenn beide berufstätig sind? Gilt das in erster Linie für Mitarbeiter des Gesundheitssystems? Oder sollen sich Alleinerziehende angesprochen fühlen? Für Eltern gilt es das in den nächsten Tagen jedenfalls abzuwägen, und zum Teil stehen sicherlich auch unangenehme Gespräche mit dem Arbeitgeber bevor. Um Ausnahmeregelungen zu fragen, weil man keine Betreuung für das Kind hat, ist eine Situation, die so mancher lieber vermeiden möchte.

Homeoffice am Wohnzimmertisch

Genaue Handlungsanleitungen wären also dringend notwendig, um den Eltern Unterstützung zu signalisieren. Und es sollte sich nicht darauf beschränken zu sagen: Machen Sie doch Home-Office! Das ist nämlich leichter gesagt als getan. Was macht die Verkäuferin im Supermarkt? Oder der Polier auf der Baustelle? Es mag für Menschen mit Schreibtischjob realisierbar sein. Doch auch hier haben viele zu Hause nicht die entsprechende Infrastruktur. Mit dem Laptop am Wohnzimmertisch sitzen, dabei an einer Videokonferenz teilnehmen, während die Kinder daneben Lego spielen und alle fünf Minuten fragen, ob Mama einen Turm bauen kann? Hochkonzentrierte Arbeit sieht anders aus.

Zu vermeiden gilt es auch, dass in erster Linie Frauen die Mehrlast tragen. Der Mann ist unabkömmlich, weil wichtige Verhandlungen anstehen? Die Politik sollte auch betonen, dass es die Aufgabe beider Geschlechter ist, sich dieser Ausnahmesituation zu stellen.

Bei größeren Kindern ab dem Schulalter wird es ein wenig leichter. Doch auch hier sind die Ansagen von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) noch vage. Davon auszugehen, dass Siebenjährige selbstständig zu Hause die Aufgaben aus der Schule lösen, klingt nach Wunschkonzert.

Aufwind bei E-Learning

Erschreckend wirkt auch die am Mittwoch kommunizierte Zahl, wonach nur 30 Prozent der Schulen für E-Learning gerüstet sind. Man fragt sich, ob das Bildungssystem eine Entwicklung verschlafen hat. Schaut man auf Länder wie Estland, muss man diese Frage leider mit Ja beantworten. Es heißt nicht umsonst, was für andere Schüler die Kreide ist, ist für estnische Kids das iPad. Und besonders wichtig: Wer zu Hause keinen Computer zur Verfügung hat, bekommt von der Schule einen Laptop oder ein Tablet gestellt.

Aber vielleicht ist das ja auch eine Chance für das österreichische Schulsystem. Und die Coronakrise führt zur Digitalisierung der Klassenzimmer. Das wäre heutzutage ohnehin unabdingbar – ob gefährlicher Virus oder nicht. Schreiben und Rechnen lernen die Kinder trotzdem: Estland ist Europaspitzenreiter beim Pisa-Test. (Rosa Winkler-Hermaden, 12.3.2020)