Viele Eltern werden in den nächsten Tagen mehr Zeit für ihre Kinder haben. Spielplätze dürften da eine Option sein.

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Die Fragen häufen sich. Seit die teilweise Schließung von Schulen und Kindergärten, die ab Montag in Etappen in Kraft treten soll, bekannt ist, sind viele Eltern verunsichert. Teilweise gibt es – vor allem bei Alleinerziehern – keine Möglichkeit, die Kinderbetreuung mit der beruflichen Tätigkeit zu ver binden. Viele Eltern sind zudem mit arbeitsrechtlichen Fragen konfrontiert.

An den Schulen wird der Unterricht zwar ausgesetzt, und die Regierung empfiehlt dringend, Kinder dort, wo das möglich ist, zu Hause zu betreuen. Aber Schulen und Kindergärten bleiben prinzipiell geöffnet, es wird Betreuung angeboten. Genau dieses Angebot sorgt aber dafür, dass vielen Eltern nichts anders übriggeblieben wäre, als ihre Kinder weiter in Schulen und Kindergärten zu schicken.

Das liegt an der Rechtslage in Österreich. Im Urlaubsgesetz ist geregelt, dass Eltern eine bezahlte Pflegefreistellung nehmen können, wenn ihr Kind erkrankt ist oder aber die Person, die das Kind normalerweise betreut, ausfällt. Möglich ist in diesem Fall eine Freistellung bei einer Entgeltfortzahlung für eine Woche. Wenn das Kind unter zwölf Jahren ist und neuerlich erkrankt, kann noch eine zweite Woche dazugenommen werden.

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Allerdings würde diese Bestimmung in den meisten aktuellen Fällen Berufstätigen nicht helfen, sagt der Arbeitsrechtler Martin Risak. Denn die sozialen Kontakte sollen schon eingeschränkt werden, wenn noch niemand erkrankt ist, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Wenn in der Familie alle gesund sind, gibt es aber eben auch keine Pflegefreistellung mit Entgeltfortzahlung.

Neue Regelung

Am Donnerstag kündigte die Regierung eine neue Regelung an: Demnach wird es einen Sonderurlaub von bis zu drei Wochen für Eltern geben. Unternehmen würden dabei entscheiden, ob Mitarbeiter freigestellt werden, erklärte Kurz. Bis Ostern erhielten die Betriebe im Falle einer Freistellung ein Drittel der Lohnkosten ersetzt.

Der ÖVP-Chef sagte weiter, dass die Unternehmen möglichst viele Mitarbeiter freistellen würden. Allerdings müsse auch kritische Infrastruktur – von Polizei und Supermärkten über Energieversorgung bis hin zu Verkehrsmitteln und Produktionsbetrieben – erhalten werden. Viele Personen müssten hier Dienst verrichten und vielfach Betreuungseinrichtungen in Anspruch nehmen.

Gemischte Reaktionen

Arbeitnehmervertreter haben die Ankündigung zwiespältig aufgenommen. Einerseits sei der Sonderurlaub eine Verbesserung, sagt Arbeiterkammerdirektor Christoph Klein zum STANDARD, andererseits hätte er sich gewünscht, dass ein Rechtsanspruch der Mitarbeiter besteht. Die Betreuung würde zudem leichter fallen, wenn der Staat den Betrieben die Lohnkosten gänzlich ersetzen würde. "Mit der jetzigen Regelung wird das nicht so stark greifen", erläutert Klein, der freilich eingesteht, dass eine völlige Kompensation den Bund sehr teuer kommen würde.

Die Rechtsanwältin Barbara Klinger meint zu der Regelung, dass sie viele Fragen aufwerfe und viel Eigenverantwortung von den Arbeitgebern verlange. Jedenfalls will die Regierung damit dem Umstand Rechnung tragen, dass auch eine zweite Bestimmung für den Ausfall einer Betreuungsperson nicht greift. Diese Regel zielt nur auf Fälle ab, wenn der Babysitter oder die Großeltern verhindert sind, so Risak, und nicht auf Änderungen in Institutionen wie Schulen.

"Wichtiger Grund"

Daneben gibt es noch eine Regel im Angestelltengesetz und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, wonach Dienstnehmer der Arbeit "aus wichtigem Grund" fernbleiben können, und zwar bei voller Weiterzahlung.

Zu diesen Gründen zählen auch rechtliche Verpflichtungen, wie etwa die Obsorge für ein minderjähriges Kind, so Risak, sprich: Wenn es keine Betreuung für das eigene Kind gibt, können Dienstnehmer zu Hause bleiben. Wie lange genau, ist nicht ausjudiziert, sagt Risak, aber die herrschende Meinung unter Juristen ist, dass Arbeitnehmern zehn bis 14 Tage für eine solche bezahlte Freistellung zustehen.

Bei einem Kind mit zwei Eltern würde dies genügend Zeit bringen, um bis Ostern auszukommen, wenn beide Eltern die Auszeit nutzen. Aber: Aktuell würde auch diese Regelung nicht greifen, sagt Risak. Denn solange Schulen und Kindergärten prinzipiell offen halten, können Arbeitgeber zu Recht sagen, dass eine zumutbare Betreuung existiert, und damit verlangen, dass ihre Dienstnehmer erscheinen. Wer zu Hause bleibt und nicht auf die Kulanz seines Arbeitgebers bauen kann, wäre somit in einer schlechten Position.(Andreas Schnauder, András Szigetvari, 12.3.2020)