Liverpool – Erst beschimpfte Jürgen Klopp die Fans als "f***ing idiots", dann stand er selbst blöd da. "Wenn ich alles aussprechen würde, was mir durch den Kopf geht, würde ich aussehen wie der schlechteste Verlierer der Welt", sagte der Teammanager des FC Liverpool nach dem dramatischen Aus des Titelverteidigers im Achtelfinale der Champions League gegen Atletico Madrid. "Also lasse ich es lieber."

Erklärungsansätze.
SPORT1

Doch Klopp war nach dem bitteren 2:3 (1:0, 1:0) nach Verlängerung viel zu verärgert, um wirklich zu schweigen. Stattdessen schimpfte er über die destruktive Taktik seines Kollegen Diego Simeone. "Wie sie gespielt haben: Ich verstehe es nicht, ich verstehe es einfach nicht. Warum?", klagte er beleidigt: "Aber egal, der Gewinner hat recht." Hat er? Klopp fand ganz offensichtlich: nein. Atletico sei "mit Weltklassespielern gespickt, hat sich aber entschieden zu spielen wie jemand, der um den Klassenerhalt kämpft", schimpfte er. "Es fühlt sich ungerecht an. Sie könnten vernünftigen Fußball spielen, aber stehen tief und setzen auf Konter."

Simeone: "Wir respektieren unsere Identität"

Das stimmte, dürfte Klopp aber kaum überrascht haben. Simeone hat Atletico mit seinem Stil in zwei Champions-League-Endspiele und zu zwei Triumphen in der Europa League geführt. "Wir spielen, um zu gewinnen, mit den Waffen, die wir haben", hielt er Klopps Kritik kühl entgegen. "Wir respektieren unsere Identität, die Charakteristika unserer Spieler und nutzen die Schwächen unserer Rivalen." Ätsch.

Wijnaldum (43.) und Roberto Firmino (94.) hatten die Reds nach dem 0:1 im Hinspiel vom Viertelfinale träumen lassen. Doch Tore von Llorente (97./105.+1) und Alvaro Morata (120.+1) trafen Liverpool ins Herz.

34:10 Torschüsse, 47:5 Flanken, 71 Prozent Ballbesitz, alles für die Jetti-Tant. "In den entscheidenden Momenten war alles gegen uns", sagte Klopp, der nach drei Endspielen mit Liverpool erstmals im Europacup das Finale verpasste.

Abklatschen? Sicher nicht!

Der Ärger ging für ihn schon vor dem Spiel los. Die Fans, die ihm ungeachtet der zunehmenden Ausbreitung des Coronavirus ihre Hände zum Abklatschen entgegenstreckten, als er aus dem Spielertunnel kam, wies er barsch zurück. Lippenleser übersetzten: "Nehmt eure Hände weg, ihr verdammten Idioten."

Danach spielte seine Mannschaft "90 Minuten, die ich geliebt habe" (Klopp). Einziger Makel: die Chancenverwertung. "Barcelona hat Lionel Messi, der für sie den Unterschied macht. Wir haben Jan Oblak, den besten Torhüter der Welt", sagte Simeone. Auf der anderen Seite verschuldete Adrian per Fehlpass das Anschlusstor. "Er ist ein Superspieler, aber das war falsch", sagte Klopp.

"Was Liverpool am meisten schmerzen wird: Sie haben verloren, nicht Atletico gewonnen", schrieb das Liverpool Echo. Der Guardian meinte: "Klopp gehen die Wunder aus". Dem 52-Jährigen bleibt immerhin die Premier League, die erste Meisterschaft seit 1990 könnte am nächsten Spieltag perfekt sein. Das Aus werde "keinerlei Einfluss" haben, betonte Klopp. Das Coronavirus schon. Ein möglicher Saisonabbruch würde Klopp und die Reds weit härter treffen. (sid, red, 12.3.2020)