"Beim Zuhören fühlt man sich durch seine starke Akzentuierung am Obergaumen – falls nicht operativ entfernt – an den eigenen Nasenpolypen gekitzelt": Sprech-Expertin Tatjana Lackner in "News" über den Innenminister.

Foto: Matthias Cremer

In diesen Tagen kriegt man den Twitter-Account des Kanzler-Controllers Gerald Fleischmann vom vorigen Wochenende einfach nicht aus dem Kopf. Kaum schaut man ins Fernsehen oder schlägt eine Zeitung auf, glaubt man zu hören: "Was für eine peinliche Inszenierung! Warum muss der Kurz eine Konferenz zum Coronavirus machen, was geht ihn das überhaupt an!? Lasst den Anschober machen! Da fühl’ ich mich wohler."

Die Peinlichkeit hält sich, egal, zu welchem Thema der Kurz sich vordrängt, ob nun zu AUA, Flugverkehr und Grenzkontrollen – oder aktuell zum Virus. Besonders dankbarer Abnehmer einer solchen peinlichen Inszenierung war Mittwoch die Grazer "Kleine Zeitung", die den Kurz zwischen Nehammer und Anschober in einer denkwürdigen Pressekonferenz zeigte, bei der sie beispiellose Maßnahmen verhängten.

Karl Habsburgs Gelassenheit

Oberverhänger der denkwürdigen Beispiellosigkeiten war natürlich der Kurz, wobei ihm vom Blatt und von Allerhöchster Stelle der Rücken gestärkt wurde. Karl Habsburg, der Enkel des letzten Kaisers, ist mit dem Coronavirus infiziert. Eine alte Tradition: Es bleibt ihm nichts erspart. Seit Donnerstag befindet er sich in seinem Haus in Niederösterreich in Quarantäne, wie Habsburg Dienstagfrüh der Kleinen Zeitung berichtete. "Es ist lästig, aber mir geht es gut. Es ist ja nicht die schwarze Pest." Bei so viel Gelassenheit würde man sich fast lieber den schwarz-gelben Enkel des letzten Kaisers als den türkisen Liebling der schwarzen Bewegung zwischen Nehammer und Anschober wünschen, aber man kann nicht alles haben.

Als besonderes Zeichen Allerhöchster Huld sagte der inzwischen auch schon alte Herr: "Ich muss den österreichischen Behörden ausdrücklich Lob aussprechen, denn sie handeln mit Maß und Ziel." Es war sehr schön, es hat ihn sehr gefreut, auch wenn diese Einschätzung in einem gewissen Widerspruch zu den beispiellosen Maßnahmen der Grazer Kaiserpostille stand.

Kurz geht Alarmismus mit gutem Beispiel voran

Wie beispiellos die Maßnahmen sind, die Kurz nicht nur über die Nation, sondern vorbildlich auch über sich verhängt, konnte "Österreich" Donnerstag berichten. "Ich will meine Eltern nicht anstecken", ging er dem von ihm geförderten Alarmismus mit gutem Beispiel voran. Ja, meine Freundin und ich haben ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Wir haben uns jetzt aber bewusst entschieden, sie in den nächsten Wochen nicht zu besuchen. Ich habe mit so vielen Menschen zu tun. Ich möchte nicht derjenige sein, der meine eigenen Eltern ansteckt.

Wer möchte schon irgendwen anstecken! Als oberster Virenmagnet des Staates könnte er zwar die Regierung zusperren, aber vielleicht reicht es, wenn er sich öfter gründlich die Hände wäscht. Der "Kronen Zeitung" hatte er am Wochenende noch gesagt: Wenn man viel Kontakt mit Menschen hat, achtet man ohnehin auf normale Hygienestandards. Tut er das, gäbe es keinen Grund, seine Eltern in den nächsten Wochen nicht zu besuchen. Schön war auch der Rat an die Leserinnen und Leser des Kleinformats, nicht in Panik zu verfallen, auch nichts zu tun, was keinen Sinn macht.

Kitzelnder Obergaumen

Exakt zur rechten Zeit ist "News" mit seiner Serie über die Sprachfehler der Regierungsmitglieder diese Woche bei Karl Nehammer angekommen. Aus dem Gewürzschrank des guten Rhetorikers verriet Tatjana Lackner diesmal: Den Ehrgeiz des neuen Bundesministers hört man. Seine Reden haben Schwung. Dennoch fehlen ihm beim Vertrauensindex auf seinen Chef noch viele Punkte. Was aber nichts ausmacht, weil er dem ohnehin nur nachplaudert. Sein Problem: Er lässt sich selten aus der Reserve locken, "zischelt" aber noch ein bisschen zu viel.

Das Zischeln wird ausgeglichen durch ein wunderbares Talent im zwischenmenschlichen Bereich. Beim Zuhören fühlt man sich durch seine starke Akzentuierung am Obergaumen – falls nicht operativ entfernt – an den eigenen Nasenpolypen gekitzelt. Vor allem auf Wählerinnen, sie sind ja sensibler, muss es einen unvergesslichen Eindruck machen, wenn sie sich von Nehammers starker Akzentuierung am Obergaumen an den eigenen Nasenpolypen gekitzelt fühlen. Solange er sich seinen Obergaumen nicht operativ entfernen lässt, und sie noch über eigene Nasenpolypen verfügen, hat er seinem Chef viele Punkte voraus, Vertrauensindex hin oder her.

Im "Kurier" versprach ORF-GI Wrabetz genügend Unterhaltendes, damit die Leute nicht depressiv werden. Gelungen: Wir haben "Dancing Stars" verschoben. Gar nichts Wertvolles soll die Corona-Krise bringen? (Günter Traxler, 14.3.2020)