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"Mit seinem selbstironischen Humor und seiner Zuversichtlichkeit wirkte er ansteckend auf die Menschen", sagte sein Verleger Jörg Sundermeier über den nun verstorbenen Giwi Margwelaschwili.

Foto: Marko Lipus / picturedesk.com

Tiflis/Berlin – Deutsche und Georgier trauern um den im Alter von 92 Jahren gestorbenen Schriftsteller Giwi Margwelaschwili. Der deutsch-georgische Humanist und Philosoph starb am Freitag im Kreis seiner Familie in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Er galt als großer Denker.

"Mit seinem selbstironischen Humor und seiner Zuversichtlichkeit wirkte er ansteckend auf die Menschen, die er traf", sagte sein Verleger Jörg Sundermeier. 2006 hatte Margwelaschwili die Goethe-Medaille erhalten. Mit seinen im Verbrecher Verlag erschienen Romanen rund um die Figur "Kapitän Wakusch" setzte Margwelaschwili nach Meinung von Kritikern literarische Maßstäbe. Schöpfen konnte der Kenner des Werks von Thomas Mann und Martin Heidegger selbst aus einem ereignisreichen Leben zwischen zwei Welten – Deutschland und seiner georgischen Heimat am Schwarzen Meer. Er hatte beide Staatsbürgerschaften.

Geboren wurde er in Berlin-Wilmersdorf am 14. Dezember 1927 als staatenloser Spross politischer Flüchtlinge aus der damals noch jungen und von den Kommunisten gegründeten Sowjetunion. In Deutschland war Margwelaschwili nach Angaben seines Verlags auch in verschiedenen Lagern interniert – zuletzt in Sachsenhausen.

Entführung 1946

Damit nicht genug. Anfang 1946 entführte der sowjetische Geheimdienst NKWD ihn und seinen Vater. Und es dauerte bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion, dass Margwelaschwili erfuhr, dass sein Vater unter Diktator Josef Stalin als Verräter hingerichtet worden war.

1990 kam Margwelaschwili nach Deutschland zurück – brachte jede Menge auf Deutsch geschriebene Romane und Erzählungen mit. Weitgehend unbeachtet von der sowjetischen Öffentlichkeit hatte er in den 1960er Jahren in Tiflis auch Lyrik, Theaterstücke und Essays geschrieben. Vieles davon gebe es für deutsche Leser noch zu entdecken, sagte Verleger Sundermeier der Deutschen Presse-Agentur.

Doch Margwelaschwili, der 2008 das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte, zog es 2011 wieder nach Georgien zurück – aus Gründen familiärer Geborgenheit. In der Südkaukasusrepublik leben seine Ex-Frau, die Schriftstellerin Naira Gelaschwili, und die gemeinsame Tochter Anna Margwelaschwili sowie seine Enkelkinder, die sich um ihn kümmerten. Der Schriftsteller selbst sprach von einem "Schaukelleben" zwischen Berlin und Tiflis. Fünf Sprachen beherrschte er.

"Politisch hellwach"

Deutsch war für ihn stets "seine Heimat". Darin sei er hineingeboren, schrieb er in einem Buch seines Verlags zum 90. Geburtstag 2017. Sein Leben beschrieb er in autobiografischen Romanen kunstvoll und tiefsinnig. Das Deutschland seiner Jugend, in der er rettungslos dem Jazz verfiel, wurde zum "Dixie- und Deuxiland".

Später beschäftigte er sich mit der Zeit in Georgien, wo er Deutsch lehrte. In der Ex-Sowjetrepublik blieb ihm die große Anerkennung versagt, weil er dort nicht als Einheimischer galt. Eine größere Würdigung seines Werks gab es aber zuletzt auch auf der Frankfurter Buchmesse, wo sich das in die EU und Nato strebende Land als Ehrengast der Weltöffentlichkeit präsentierte.

An dem bewegten Leben in seiner georgischen Heimat nahm Margwelaschwili nach Angaben seiner Familie bis zuletzt regen Anteil. Zuletzt kam es in dem inzwischen bei westlichen Touristen zunehmend beliebten Land immer wieder zu größeren Protesten der Opposition gegen die Regierung. "Er war bis zuletzt politisch hellwach. Die Menschlichkeit hat heute einen ihrer engagiertesten Fürsprecher verloren", sagte Verleger Sundermeier der dpa. (APA, 13.2.2020)