"Coin Master" ist nur eines von vielen Spielen, bei denen Menschen durch Mikrotransaktionen viel Geld ausgeben.

Foto: "Coin Master"

"Es sind über 10.000 Euro. Die Dunkelziffer ist sicher höher." Mikrotransaktionen finden Eingang in immer mehr Spiele. Für kleinere Summen können Inhalte oder Fortschritt erkauft werden. Schnell sind wie beim Glücksspiel größere Summen möglich. DER STANDARD hat mit mehreren Personen gesprochen, die regelmäßig Geld für Games ausgeben oder es getan haben. Sie wurden anonymisiert.

14 Jahre lang habe ein Leser etwa 500 bis 1.000 Euro pro Jahr für Mikrotransaktionen wie Skins oder Kartenpackungen ausgegeben: "Wie viel genau, kann ich nicht sagen, da man bei manchen Spielen nicht oder fast nicht nachvollziehen kann, wie viel es war." Bei den meisten Games ist es tatsächlich schwierig einzusehen, wie viel über die Jahre ausgegeben wurde. Die Spiele würde er heute nicht mehr nutzen. Insgesamt schätzt er, dass so weit über 10.000 Euro zusammengekommen sind.

Battlefield

Erweiterung der Spielwelt

"Ein Witz, dass überhaupt so was angeboten wird," erzählt ein weiterer Leser. Er selbst habe viel Geld in Story-Erweiterungen und Karten für Spiele wie Battlefield gesteckt. Gerechtfertigt sei der bezahlbare zusätzliche Content dann, wenn ein geliebtes Spiel damit erweitert wird. Als Positivbeispiel nennt er The Witcher 3: "Bei manchen Entwicklern freut man sich, wenn diese weiter am Spiel arbeiten und an der Mehrarbeit verdienen." Das Spiel erhielt zwei Erweiterungen: Hearts of Stone mit knapp zehn bis 15 Stunden extra Spielzeit um zehn Euro und Blood and Wine mit knapp 30 Stunden extra Spielzeit um 20 Euro.

Im Jahr 2019 lukrierte die Gaming-Branche weltweit knapp 97,3 Milliarden Euro: 57,3 Milliarden durch Mobile-, 26,3 Milliarden durch PC- und 13,7 Milliarden durch Konsolen-Games. Allein der Free-to-Play-Markt, exklusive der gesamten Mobile-Einnahmen, brachte 20,2 Milliarden Euro ein. Das geht aus Daten der Marktforschungsfirma Superdata hervor.

Pokémon GO

Zeit ist Geld

Sechs der zehn beliebtesten Free-to-Play-Titel mit den höchsten Einnahmen 2019 waren Mobile-Games wie beispielsweise Candy Crush Saga (Platz 5) und Pokémon GO (Platz 6). Die genannten Spiele finanzieren sich durch "Zeitsparer". In Candy Crush Saga kann man seine fünf Leben per Echtgeldzahlung auffüllen lassen – oder man wartet eben 30 Minuten pro Leben.

Bei Pokémon GO gibt es hingegen sogenannte Ei-Brüter. Eier erhält der Spieler laufend bei Pokestops. Kurz bei einer Sehenswürdigkeit vorbeigelaufen, mit dem Finger über das Display gewischt, und ein Ei fällt heraus. Ohne Geld zu investieren wird das Ausbrüten langwierig: Ein Ei schlüpft, je nach Art, nach zwei, fünf oder zehn Kilometern Laufweg. Schneller geht es, wenn man zahlt.

Raid: Shadow Legends

Skins für Spielspaß

Ein weiterer Leser erzählt dem STANDARD, innerhalb von 15 Jahren knapp 3.000 Euro bei Free-to-Play-Spielen investiert zu haben. "Ich gebe Geld aus, wenn mir das Resultat es wert ist. Der Skin kostet zehn Euro, und ich benutze ihn dann circa fünf Stunden, heißt, ich habe effektiv für zwei Euro pro Stunde Freude daran. Da kosten andere Freizeitbeschäftigungen mehr."

Spiele wie League of Legends und Fortnite bieten nur optische Veränderungen der spielbaren Helden an. Zum Preis von fünf bis 20 Euro kann man seine Lieblingscharaktere in einem anderen Outfit sehen und spielen. Hier sind die Käufe rein optischer Natur und bringen keine Verbesserung im Spiel mit sich. League of Legends habe er knapp ein Jahr gespielt und um die 200 Euro investiert.

Er bereue nur die Ausgaben bei Apps mit Glücksspielmechanik. Laut eigenen Angaben flossen dort knapp 100 bis 200 Euro pro Monat. Insgesamt sollen so 1.000 Euro zusammengekommen sein. Eine konkrete App kann er nicht mehr nennen, nur vergleichbare Beispiele wie RAID Shadow Legends. Man sammelt dort Charaktere in Lootboxen, levelt sie auf und besiegt dann den nächsten Gegner. Der Schwierigkeitsgrad wird nach kurzer Zeit enorm hochgeschraubt. Man muss dann viel Zeit oder Geld investieren, um eine Chance auf eine stärkere Figur zu haben, die wiederum zum Sieg verhilft. Diese Summe sei für ihn nicht überraschend gewesen, jeden Kauf tätigte er bewusst.

Game Trailers

Lieber weniger ausgegeben

Ein anderer Leser bereut zuletzt viele seiner Käufe: "Wenn ich die Möglichkeit hätte, die Käufe rückgängig zu machen, dann sicherlich die Hälfte." Künftig will er nur mehr 192 Euro pro Jahr für das Mobile-Game Idle Heroes ausgeben. In den vergangenen drei Jahren waren es immerhin 1.300 Euro. Bei dem Titel kann Spielwährung ab fünf Euro gekauft werden. Bis zu 110 Euro sind möglich. Das Game bietet allerdings auch ein monatliches Abo, wodurch sich die von ihm errechneten 192 Euro im Jahr ergeben.

Auch bei Idle Heroes sammelt man Helden, die unter anderem durch eine Glücksspielmechanik – ein Glücksrad – erspielt werden können. "Grund dafür ist, dass eine gewisse Menge an Premium-Währung notwendig ist, um im oberen Bereich vom PVP (Player versus Player, Anm.) mithalten zu können", schildert er. Er hätte zwar ohne Premium-Währung Spaß am Spiel – "es wäre halt alles um einiges langsamer". (Konstantin Emminger, 16.3.2020)