Ruhig weitermachen ist die Devise der Stunde.

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Karin Pollack und Bernadette Redl beschäftigen sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Was sie dabei erleben, erzählen sie hier.

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Virus, Krankenzahlen, Todesstatistiken: Seit Anfang des Jahres beobachten wir mit großem Interesse, wie sich ein neues Virus rund um den Globus ausbreitet. Wir sind so aufgeregt, wie Virologen es sind – nämlich kaum.

Für Laien sind Viren an sich etwas Bedrohliches, etwas, das, wenn es die öffentliche Aufmerksamkeit erreicht, immer mit Krankheiten verbunden ist. Für Virologen ist das nicht so. Sie sind mit diesen biologischen Kleinststrukturen bestens vertraut. Sie wissen, dass sie Teil des evolutionären Prozesses sind, und können demnach die Situation sehr viel realistischer einschätzen. Als Mediziner gehört für sie die Tatsache, dass Menschen sterben, zum Leben dazu. Zudem: Die allermeisten Menschen, auch wenn sie mit Sars-CoV-2 infiziert sind, werden einfach wieder gesund. Aus diesen Gründen sind Virologen so wie alle wissenschaftlichen Experten auch in der Krise ruhig.

Unsicherheit aushalten

Coronaviren gibt es seit langem auch hierzulande. Sie verursachen Atemwegserkrankungen. Auch das neue Virus tut das. Allerdings gibt es vieles, was sich im Laufe der letzten drei Monate erst herausgestellt hat. Und genau diese Unsicherheit – und die Unmöglichkeit definitiver Antworten – lässt Sorgen entstehen. Doch noch einmal: Virologen sind gelassen, weil die überwiegende Mehrheit ja wieder gesund wird. Das halten wir uns jeden Tag vor Augen, wenn wir unseren Dienst hier in der Redaktion antreten.

Denn, und das ist jetzt wichtig, wir sind trotz der relativen Harmlosigkeit dieses Virus sehr stark für alle Isolationsmaßnahmen. Social Distancing inklusive. Es ist wichtig, alte Menschen zu schützen und unser Gesundheitssystem vor Überlastungen zu bewahren. Wir haben keine Angst vor dem Virus, unterstützen aber gleichzeitig sämtliche Vorsorgemaßnahmen hundertprozentig. Schwarz-Weiß-Zeichnung ist in so einer komplexen Situation einfach nicht möglich.

Und noch eine Sache verbieten wir uns als Gesundheitsjournalistinnen: Wir machen nicht den Fehler, statistische Daten mit unserem eigenen Leben in eine unmittelbare Beziehung zu setzen und zu denken, dass wir uns selbst in den nächsten Tagen infizieren werden. Manchmal erfordert das echt auch einen inneren Ruck: Wer zehn Stunden am Tag auf die Grafik der Johns-Hopkins-Universität schaut und stets auf der Suche nach relevanten Daten ist, muss sich anstrengen, die Zahlen von der eigenen Existenz abzukoppeln. Und auch nicht an die eigenen Eltern zu denken, die ziemlich genau in die Hochrisikogruppe fallen.

Mut wider Angst

Was wir generell auch noch beobachten, ist der Angstfaktor, der sich leider nicht quantifizieren oder messen lässt. Tendenziell ängstliche Menschen werden in der Krise noch ängstlicher, Mutige mutiger. Es geht darum, dass wir die nächsten Wochen gut und zuversichtlich überstehen: Der innere Mindset jedes Einzelnen ist Teil davon.

Ruhe und Zuversicht werden wir auch brauchen, weil wir wissen, dass diese Krise andere Folgen haben wird, die nichts mit Gesundheit zu tun haben – etwa wirtschaftliche Herausforderungen. Ruhig weitermachen ist die Devise der Stunde in der Gesundheitsredaktion. Und Händewaschen nicht vergessen. (Karin Pollack, Bernadette Redl, 14.3.2020)