Mehl wird in Österreich nicht knapp, Produzenten fordern aber flexiblere Arbeitszeiten.

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Wien – Keine Sonderurlaube, kein Homeoffice, stattdessen Mehrfachschichten und Produktion auf dem laufenden Band: Österreichs Industrie produziert derzeit Lebensmittel auf Hochtouren. "Es gibt ausreichend Rohstoffe, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert", betont Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Verbands der Lebensmittelindustrie, im Gespräch mit dem STANDARD. "Hamsterkäufe sind nicht notwendig."

Mehr Nudeln, Mehl, Zucker

Auch wenn die Reisefreiheit stark eingeschränkt sei, der Güterverkehr laufe nach wie vor, die Lieferketten hinter dem Einzelhandel funktionierten. Geliefert werde auch aus Ländern wie Italien und Spanien. Lebensmittel seien keine Überträger des Virus, noch weniger, wenn sie verarbeitet sind. "Österreichs Produzenten fahren die Kapazitäten massiv nach oben." Die Industrie konzentriere sich vor allem auf stark nachgefragtes, lang haltbares Sortiment wie Teigwaren, Mehl, Zucker und Konserven.

Was tun bei Quarantäne?

Die Unternehmen selbst seien auf Krisen wie eine Pandemie vorbereitet. Was es nun aber für sie brauche, seien Rahmenbedingungen für flexiblere Arbeitszeitmodelle, sagt Koßdorff. Die Politik sei bereits auf gutem Weg, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Was, wenn dennoch eine ganze Lebensmittelproduktion in Quarantäne ist und kurzzeitig zusperren muß? Das Risiko, dass ein ganzes Werk geschlossen wird, sei sehr gering, sagt Koßdorff. Wenn doch, könnten andere Betriebe einspringen. Österreichs Lebensmittelindustrie zählt 200 Unternehmen, dazu kommen zahlreiche gewerbliche Hersteller.

Generell seien die Hygienestandards in der Branche sehr hoch. Man fahre unterschiedliche Schichten, ganze Teams ließen sich notfalls durch andere ersetzen.

Hohe Dichte an Filialen

Was, wenn Lebensmittelfilialen aufgrund erkrankter Mitarbeiter temporär schließen müssen? Die Dichte an Supermärkten sei in Österreich so hoch, dass ausreichend andere Filialen den Bedarf decken können, sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. In Italien habe Spar bisher keine einzige Filiale aus dem Handel gezogen.

Rewe hielt ihre Standorte in Ischgl und St. Anton am Samstag zu. Sie sollen bereits kommende Woche wieder öffnen, sagt Konzernsprecher Paul Pöttschacher. Auch er betont, dass Filialen im Worst Case nur kurzzeitig nicht zugänglich sein könnten.

Am Freitag kam es aufgrund des hohen Kundenandrangs auf Lebensmittelgeschäfte vereinzelt zu Polizeieinsätzen. Am Samstag beruhigte sich die Lage, die meisten Supermärkte waren wieder gut bestückt. Bei Spar etwa helfen ab Montag Soldaten in den Zentrallagern aus, um die Bestellmengen rasch abzuwickeln.

Im Burgenland startet Eisenstadt einen Einkaufsdienst für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen. Dinge des täglichen Bedarfs sowie rezeptpflichtige Medikamente werden besorgt und nach Hause geliefert. Die Kosten für die Besorgungen streckt die Stadt vor. (Verena Kainrath, 15.3.2020)