Der Innsbrucker Landhausplatz war am Sonntag bereits ungewöhnlich leer.

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Innsbruck – "Jetzt hoaßt’s, dahoam bleiben, mia packen’s schon!" Mit diesem Appell schloss Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Sonntagvormittag seine via Facebook übertragene Rede, in der er die Tirolerinnen und Tiroler über die nunmehr geltenden "Verkehrsbeschränkungen" informierte. Diese sehen ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor, die eine weitere Ausbreitung des Coronavirus bremsen und das Gesundheitssystem vor einem drohenden Kollaps bewahren sollen.

Mit Stand Sonntagnachmittag verzeichnete Tirol 254 Coronavirus-Infizierte, das ist mit Abstand der höchste Wert aller Bundesländer, Oberösterreich folgte zu dem Zeitpunkt mit 159 Fällen auf Platz zwei in der Statistik. Angesichts von gesamt 169 Intensivbetten an Tirols Spitälern, von denen rund 70 für Coronavirus-Patienten freigehalten werden, zeigt sich die Notwendigkeit der Maßnahmen.

Engpass bei Intensivbetten verhindern

Denn bleibt der Verlauf der Neuinfektionen, derzeit verdoppeln sich diese etwa alle drei Tage, derart dynamisch wie im Moment, so ist spätestens Montag in einer Woche die kritische Zahl an Infizierten erreicht, die zu einem Engpass an Intensivbetten führt.

Um das zu verhindern, gelten seit Sonntag strenge Ausgangssperren. Vorerst, befristet auf eine Woche, darf niemand ohne triftigen Grund sein Haus oder seine Wohnung verlassen. Auch Spaziergänge sind fürs Erste zu unterlassen, so der Sprecher der Landesregierung.

Versorgung ist gesichert

Ausnahmen gelten allein für Besorgungen, die zur Stillung der Grundbedürfnisse dienen – also Lebensmitteleinkäufe, der Gang zur Apotheke, zum Arzt oder zum Bankomaten. Und wer arbeiten gehen muss – Unternehmen wurden angehalten, ihren Mitarbeitern Homeoffice zu ermöglichen – darf dies ebenfalls. Zudem gelten Ausnahmebestimmungen für dringend nötige Besuche bei Älteren und Minderjährigen, körperlich geschwächten Personen und behinderten Menschen.

Wer Besorgungen oder Erledigungen für Menschen unternimmt, die das selbst nicht tun können, ist dafür ebenfalls von der Ausgangssperre ausgenommen. Auch den Hund kurz auszuführen bleibt erlaubt.

Polizei wird mit Fingerspitzengefühl handeln

Die Verkehrsbeschränkungen traten im Lauf des Sonntagnachmittags mit dem Anschlagen des Textes in den jeweiligen Gemeindeämtern in Kraft und werden ab Montag von der Exekutive überwacht. Dabei werde man mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen, versicherte das Landespolizeikommando. Strafen oder Zwangsmaßnahmen sollen nur im Not- und Ausnahmefall zur Anwendung kommen. Beides ist aber möglich, wenn sich jemand nicht an die Maßnahmen hält und damit sein Umfeld gefährdet.

Im Zuge dessen kommt es auch zu massiven Einschränkungen des öffentlichen Verkehrs. So wurden mit Sonntag sämtliche Bus- und Zugsverbindungen nach Deutschland eingestellt, jene nach Italien wurden bereits im Lauf der Woche gestoppt. Zudem wurden neben Touristen sowie nicht in Tirol wohnhaften Ausländern nun auch in Tirol aufhältige Österreicher, die hier über keinen Wohnsitz verfügen, aufgefordert, das Bundesland zu verlassen.

In der Tiroler Bevölkerung stießen die restriktiven Maßnahmen auf breites Verständnis, schon am Sonntagnachmittag leerten sich die Straßen zusehends, das öffentliche Leben kam zum Erliegen.

Kritik an Tourismusindustrie reißt nicht ab

Allerdings lief der Skibetrieb in vielen Wintersportorten bis Sonntagabend weiter. Während Landeshauptmann Platter der Bevölkerung die Ausgangssperren erklärte, waren auf den Webcams vieler Skigebiete noch Wintersportler zu sehen.

Für anhaltende Kritik an der Tourismusindustrie sorgten Medienberichte, wonach sich allein in Innsbruck am vergangenen Freitag rund 300 Urlauber aus den Quarantänegebieten Paznaun und St. Anton am Arlberg kurzerhand Hotelzimmer buchten, weil ihre Flüge erst am Samstag angesetzt waren. Auch aus anderen Tiroler Regionen war zu hören, dass Urlauber aus den Krisengebieten im Oberland, die eigentlich zur sofortigen Ausreise angehalten waren, noch dort eincheckten. (Steffen Arora, 15.3.2020)