Strom, Wasser, Lebensmittel und gesundheitliche Versorgung müssen auch in Krisenzeiten zur Verfügung stehen.

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Österreich steht still. Die Geschäfte sind dicht, die Restaurants geschlossen. Viele Arbeiter und Angestellte arbeiten von zu Hause aus – die Regierung hat eine Ausgangssperre verhängt und betont: Bleibt zu Hause, außer es ist wichtig.

Andernorts herrscht noch Hochbetrieb: Die Versorgung mit Strom, Wasser, Lebensmitteln und Gesundheitsdiensten muss auch in Krisenzeiten sichergestellt sein. Hunderte Menschen arbeiten in entsprechenden Unternehmen der sogenannten "kritischen Infrastruktur", um genau das zu gewährleisten.

Infektionsketten in diesen Betrieben könnten für die Gesellschaft große Auswirkungen haben. Was passiert also, wenn sich eine größere Anzahl an Schlüsselpersonal mit Sars-CoV-2 ansteckt? Auf diese Frage zeigten sich die Unternehmen auf STANDARD-Anfrage gut vorbereitet.

Normales Prozedere, verschärfte Regeln

Eines vorweg: Steckt sich ein Mitarbeiter der besagten Unternehmen mit dem Virus an, wird er wie jeder andere Covid-19-Patient unter Quarantäne gestellt. Darauf folgt das übliche Prozedere, in dem alle Personen, mit denen der Infizierte Kontakt hatte, ermittelt und den Behörden gemeldet werden.

In Deutschland werden sie liebevoll "Kritis" genannt: die Unternehmen der kritischen Infrastruktur.

Um Ansteckungen zu verhindern, gelten in den Institutionen (siehe unten) verschärfte Regeln, etwa was Hygiene anbelangt. Passieren kann natürlich trotzdem etwas.

Rettung setzt auf Freiwillige

Bei den Rettungskräften setzt man in diesem Fall auf Personalumschichtungen, wie Monika Stickler, Leiterin der Abteilung Rettungsdienst und psychosoziale Betreuung beim Roten Kreuz, erklärt: "Wenn es wegen einer Infektion zu Ausfällen kommen sollte, werden diese durch andere Abteilungen kompensiert. Das Rote Kreuz kann im Notfall auf ein großes Netz an Freiwilligen zurückgreifen, die dabei helfen können."

Handle es sich um systemrelevante Einsatzkräfte, könnten diese in Einzelfällen, wenn sie nur sehr losen Kontakt mit Infizierten hatten, auch weiterarbeiten, so Stickler weiter: "Aber nur nach Abstimmung mit den Behörden und dem zuständigen Amtsarzt."

Feuerwehr mit Anpassung von Alarmplänen

Auch bei der Feuerwehr hat man besondere Maßnahmen gesetzt, um Infektionsketten in den Dienststellen zu verhindern. So fallen Sitzungen und Übungen aus, bei der Wartung und in Instandhaltungen wird nur das Notwendigste getan. "Dadurch soll auch sichergestellt werden, dass nicht alle auf einmal ausfallen, sondern maximal einzelne Gruppen wie Fahrzeugbesatzungen", heißt es vom Bundesfeuerwehrverband.

Sollten gesamte Mannschaften ausfallen, wird zunächst wie beim Roten Kreuz intern umgeschichtet. Im Notfall können betroffene Dienststellen auch auf Personal anderer Dienststellen zurückgreifen. Bei den freiwilligen Feuerwehren wird momentan nur das notwendigste Personal alarmiert, insbesondere bei nicht zeitkritischen Einsätzen. "Totalausfälle werden über die Anpassung von Alarm- und Einsatzplänen kompensiert", so der Bundesfeuerwehrverband.

Pflegeheime isolieren Stockwerke

In den Pflegeheimen wäre eine Ansteckung aufgrund der dort heimischen Risikogruppe älterer Menschen besonders fatal. Caritas und Co haben dahingehend besondere Maßnahmen ergriffen: Jedes Stockwerk in den Pflegeheimen arbeitet isoliert voneinander, zwischen den Stockwerken gibt es keinen physischen Kontakt.

Das Besuchsverbot in den Pflegeheimen wird teilweise missachtet, wie die "Kleine Zeitung" berichtet. Alte Menschen zählen zur Hochrisikogruppe!
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Gruppenevents wie der offene Mittagstisch finden nicht mehr statt. In den Tageszentren der Caritas löst sich das Problem von selbst: "Dort kommen normalerweise etwa 25 Gäste, am Montag war es nur einer", erzählt eine Presseprecherin.

Mobilfunker-Backup

In der Mobilfunkbranche lassen sich viele Aufgaben über Homeoffice regeln. Für die Teams in der Technik habe man "selbstverständlich eigene Sicherheitsmaßnahmen eingerichtet", informiert etwa Magenta, das ein zweites Operations-Center als Backup für den Ernstfall eingerichtet hat.

Man befinde sich zudem in engem Austausch mit den Gesundheitsbehörden und dem Krisenstab des Bundes, heißt es: Wenn Verdacht auf eine Erkrankung eines Mitarbeiters bestehe, "gehen wir in Absprache mit diesen Behörden vor ".

Isolation in den Zentralwarten

Bei den Unternehmen der Strom- und Wasseranbieter gehen die Maßnahmen zur Infektionsvermeidung wohl am weitesten. "Die neuralgischen Punkte sind die zentralen Schaltwarten und die Warten in den Kraftwerken", erklärt ein Pressesprecher der EVN. Die dortigen Mitarbeiter arbeiten bereits seit Wochen abgeschirmt und essen auch getrennt voneinander.

Und wenn beim Schlüssepersonal trotzdem Ausfälle auftreten? "Genau für solche Fälle haben wir gewisse Anlagen doppelt." Für Störungsfälle stünden zudem jederzeit 500 Monteure in Bereitschaft.

Stabile Netze

Die großen Stromanbieter wiesen am Montag daraufhin, dass Zwangsabschaltungen bei Zahlungssäumnis bis auf weiteres nicht mehr durchgeführt werden. "Wir nehmen in solchen Zeiten niemanden vom Netz", versichert auch die EVN. Wer noch mit Erlagschein zahle, solle – vor allem ältere Menschen – dementsprechend nicht auf die Bank gehen und lieber daheim bleiben.

Die Angst, dass das Netz kollabiert, hält die EVN für unbegründet. Momentan ist sogar das Gegenteil der Fall: In Wien etwa ist der Stromverbrauch um ein Fünftel gesunken. Stellvertretend für alle Unternehmen der kritischen Infrastruktur meint der EVN-Pressesprecher: "Man muss sich keine Sorgen machen: Diese Unternehmen haben es in ihrer DNA, die Versorgung aufrechtzuerhalten." (Tobias Kachelmeier, 17.3.2020)