Börsianer lassen sich von den milliardenschweren Hilfspaketen, die rund um den Globus präsentiert werden, noch nicht beeindrucken.

Foto: AFP / Johannes Eisele

Asiatische Aktien rutschen am Dienstag nach einem turbulenten Auf und Ab ins Minus und folgen damit der Tendenz der Wall Street. An der US-Börse ist der Dow-Jones-Index zum Wochenstart so stark abgestürzt wie seit 1987 an einem Tag nicht mehr. Die Maßnahmen der Währungshüter können da zunächst wenig ausrichten.

Die US-Notenbank Fed hatte Sonntagnacht umfangreiche Maßnahmen vorgestellt, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise abzufedern. Die Leitzinsen wurden auf die Spanne von null bis 0,25 Prozent gesenkt, 700 Milliarden Dollar werden in das System gepumpt. Gemeinsam mit den Zentralbanken in Kanada, Großbritannien, Japan, der Schweiz und mit der EZB wurde vereinbart, günstige Dollar-Kredite anzubieten. Damit soll das Finanzsystem global gestärkt und die Versorgung der Geldhäuser mit der Weltleitwährung gesichert werden.

In vielen Ländern werden milliardenschwere Hilfspakete verkündet. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) bietet betroffenen Ländern Finanzhilfen. Die Kreditkapazität von einer Billion US-Dollar (900 Milliarden Euro) des Fonds könne zur Unterstützung von Mitgliedsstaaten eingesetzt werden, teilte IWF-Direktorin Kristalina Georgieva mit. Die Europäische Investitionsbank kann bis zu 40 Milliarden Euro für Mittelständler lockermachen.

Märkte reagieren mit Panik

Dennoch kannten die Börsen weltweit nur eine Richtung: nach unten. Die Kurse brachen ein. Der Euro Stoxx 50, er fasst Europas führende Unternehmen zusammen, schloss um fünf Prozent leichter, der deutsche Dax ebenso. Damit schloss das Barometer der deutschen Börse auf dem niedrigsten Stand seit 2013. Der Wiener Leitindex ATX hat im Verlauf seine Verluste ausgebaut und sackte um zehn Prozent ab. Die US-Börsen haben aufgrund massiver Verluste den Handel nach dem Start unterbrochen. Zu Handelsschluss verzeichnete der Dow Jones Index ein Minus von 12,94 Prozent. Das war der schwächste Handelstag seit dem "schwarzen Montag" im Jahr 1987 und unter der fünf höchsten in der Geschichte. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 11,98 Prozent.

Warum beruhigen die Aktionen der Notenbanken die Märkte nicht? Das ist erklärbar mit dem aktuellen Spannungsfeld. "Die konzertierte Aktion der Notenbanken soll zeigen, dass die Liquidität im Finanzsystem sichergestellt wird. Zeitgleich macht das die Besorgnis im Markt deutlich", erklärt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin Private Banking der Unicredit Bank Austria. Es zeigt, wie ernst die Lage geworden ist und dass die Fed bereits im absoluten Krisenmodus ist, wie zuletzt in der Finanzkrise 2008. Hinzu kommen erste Stimmen aus dem Markt, wonach die Maßnahmen der Fed zu früh und zu stark waren. Es gebe damit weniger Puffer.

Zweitrundeneffekte vermeiden

Rasches Handeln ist aber wohl das Gebot der Stunde. "Durch die in Summe extrem angespannte Lage gilt es, Zweitrundeneffekte zu verhindern", erklärt Gerhard Winzer, Chefvolkswirt der Erste Asset Management. Die Liquidität, die von Notenbanken und anderen Stellen zugesagt werde, müsse auch bei kleinen Unternehmen und EPUs ankommen, "damit diese noch da sind, wenn die Nachfrage wieder steigt", sagt Winzer.

Und hier steckt die Sprengkraft: Durch die umfangreichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sind viele Branchen – allen voran der Tourismus – von einem Angebots- und Nachfragestopp betroffen. Dennoch laufen Kosten (für Miete, Inventar, Personal) weiter. Wenige Unternehmen können sich das lange leisten. Je mehr Konkurse es in der Folge gibt, je mehr die Arbeitslosigkeit steigt, desto mehr werden die Leute ihre Kredite nicht mehr bezahlen können, die Rate der sogenannten Non Performing Loans (NPL) wird wieder ansteigen. Das belastet die Banken, die als Liquiditätsverteiler eine wichtige Rolle haben.

Die globale Rezession ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Die Corona-Krise betrifft eben nicht nur die Finanzwelt wie 2008, sie hat die Realwirtschaft fest im Würgegriff. Die Kreditausfallversicherungen von europäischen Unternehmen verteuern sich bereits und haben den höchsten Stand seit 2012. Eurogruppen-Chef Mario Centeno sagte am Montag, die erzwungenen Eindämmungsmaßnahmen brächten Europas Volkswirtschaften in "kriegsähnliche" Zeiten. (Bettina Pfluger, 17.3.2020)