Katzgrabers Krisenmanagement steht in der Kritik.

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Niemand im Gesundheitssystem hat dieser Tage einen leichten Job. Die Welle an Sympathie, die der Branche derzeit entgegenschlägt, hilft hoffentlich den allermeisten, die extrem fordernden Wochen und Monate hindurch die Kraft zu wahren. Viel Kraft braucht derzeit jedenfalls auch Tirols Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber – aus zweierlei Gründen:

Nicht nur eilt er an der Seite von Tirols Landeshauptmann Günther Platter zwischen Pressekonferenzen und Krisensitzungen hin und her. Der gebürtige Wiener und ausgebildete Allgemeinarzt und Gerichtsmediziner sieht sich ob seiner Aussagen und seines (Nicht-)Handelns in den vergangenen Wochen auch breiter Kritik ausgesetzt.

Die Vorwürfe: Noch am 5. März, an jenem Tag, an dem die isländische Regierung wegen der hohen Zahl von am Coronavirus erkrankten Urlaubsrückkehrern den Tiroler Partyskiort Ischgl explizit als Risikoregion deklarierte, gab Katzgraber per Aussendung bekannt, es erscheine "aus medizinischer Sicht wenig wahrscheinlich, dass es in Tirol zu Ansteckungen gekommen ist". Viel eher hätten sich die Isländer beim Rückflug angesteckt.

Kein Abrücken

Ein infizierter Italienurlauber sei ebenfalls im Flugzeug gewesen. Das gehe aus "einer schriftlichen Information vonseiten eines Betroffenen an den Beherbergungsbetrieb" hervor, nannte er eine dubiose Quelle. Als tags darauf bekannt wurde, dass im Umfeld eines Ischgler Barkeepers mindestens 15 weitere Personen erkrankt seien, konnte auch das Land Tirol nicht länger zurückrudern.

Und Katzgraber, oberster Hüter der öffentlichen Gesundheit im Bundesland, muss sich seither sagen lassen, dazu beigetragen zu haben, dass sich Tirol zu einem Multiplikator der Krankheit in Europa entwickelt hat. Auch am Montag wollte man dort nicht davon abrücken, dass der 55-Jährige zurecht so vorgegangen sei, wie es dann geschah: Durch das "umsichtige, professionelle und schnellstmögliche Handeln vonseiten der Behörde" habe der positiv getestete Barkeeper des "Kitzloch" ausgehoben werden können, hieß es in einer Medieninformation des Landes. Es seien "umgehend umfassende Maßnahmen eingeleitet" worden.

Katzgraber, der seit 2002 bei der Behörde ist, sein Amt 2012 antrat und 2017 für seine Leistungen im ¬Gesundheitssektor mit dem Großen Ehrenzeichen um Verdienste für die Republik ausgezeichnet wurde, ließ sämtliche STANDARD-Anfragen zu der Causa bis Redaktionsschluss unbeantwortet. (Fabian Sommavilla, 16.3.2020)