47.000 Österreicherinnen und Österreicher befinden sich – Stand Dienstag – noch im Ausland, das Außenministerium hat eine umfangreiche Rückholaktion in die Wege geleitet. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) rief am Dienstag alle Landsleute zur Reiseregistrierung und zur dringenden Rückkehr nach Österreich auf. Denn zusätzlich zu den 30.000 dürften noch einige tausend Reisende ohne entsprechende Registrierung irgendwo unterwegs sein – sehr zum Unmut der heimischen Behörden, die nun, im Krisenfall, auf diese Informationen angewiesen sind.

Nach dem Bericht vom Montag haben den STANDARD zahlreiche Leserbriefe erreicht, in denen Österreicherinnen und Österreicher ihre Odysseen schildern.

Außenminister Schallenberg bittet um Reiseregistrierung.
Österreichisches Außenministerium

Gestrandet im Dschungel

Ein Österreicher, er möchte lieber anonym bleiben, meldete sich aus dem südamerikanischen Dschungel in Französisch-Guyana, wo er gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Kolumbien, Litauen, Deutschland und den USA in der Forschungsstation Centre national de la recherche scientifique (CNRS) im Nouragues-Regenwald festsitzt. Weil die Station aufgrund der Corona-Krise geräumt wird und eine geordnete Abreise aufgrund der Situation in Frankreich nicht mehr möglich war, wartet der Biologe zur Stunde auf einen Hubschrauber, der ihn und das übrige Team in einem planmäßig etwa dreißigminutigen Flug in die 120 Kilometer entfernte Hauptstadt Cayenne bringt.

"Wir haben Kontakt zur Botschaft in Paris und sind auf einer Warteliste für Heimholungen, müssen dafür aber erst einmal aus dem Wald, einen Flug nach Paris erwischen und dann auch noch vom Flughafen Orly zum Flughafen Charles de Gaulle oder zu einem Bus oder Zug kommen", schreibt er. Vonseiten der Botschaft wurde dem Österreicher empfohlen abzuwägen, ob er nicht besser weitere drei bis fünf Wochen in Cayenne bleibt, anstatt sich auf die ungewisse Reise nach Paris zu machen, von wo aus es dann womöglich kein Weiterkommen gibt, sondern Quarantäne auf ihn wartet. Der Österreicher, der betont, sich von der Botschaft gut betreut zu fühlen, regt an, sich vermehrt über Landtransfers Gestrandeter innerhalb Europas Gedanken zu machen. Ursprünglich hätte er noch bis 12. April in Französisch-Guyana arbeiten sollen.

Heimreise aus Venedig

Die Wiener Journalistin Lydia Ninz wurde am vergangenen Freitag aus dem besonders vom Coronavirus heimgesuchten Venedig nach Österreich geflogen. Die gebürtige Boznerin fand sich mitten im Krisengebiet wieder, als sie für einen dringenden Familienbesuch in Italien weilte. Am Donnerstagabend wurde ihr per Mail mitgeteilt, dass sie am nächsten Vormittag zwischen 10.30 und 12.30 Uhr nach Mestre bei Venedig kommen müsse, um noch einen Platz in der Maschine einnehmen zu können. Da ihre Geschwister coronabedingt einer "Wohnortsperre" unterlagen, nahm sie den Zug. In Mestre habe sie das "Team Austria" in Empfang genommen.

Lydia Ninz mit Maske im Flugzeug von Venedig nach Wien.
Foto: Ninz

Sie schreibt: "Wir mussten alle eine Kostenbeteiligung schriftlich zusagen. Bei uns aus Venedig waren es bis zu 275 Euro. Bei den aus Rom Heimgeflogenen sollen es bis zu 800 sein." Es sei für sie selbstverständlich, dass sie für ihre Heimreise zu zahlen hat, betont sie, immerhin sei es die einzige Chance gewesen, aus Italien heimzukommen.

Dieses Foto ließ uns Lydia Ninz zukommen. Es zeigt Spezialkräfte des österreichischen Bundesheers, die an der Heimholung der Österreicherin beteiligt waren und sie in Venedig in Empfang nahmen.
Foto: Ninz

Allerdings richtet sie auch einen Appell an die Verantwortlichen: "Man sollte bei den künftigen Heimholungen mehr auf die letzten Schritte achten. In unserem Fall wurden wir mit Bussen auf die einzelnen Bezirke verteilt, aber nicht genau bis zur Haustür", was angesichts der potenziellen Übertragungswege gerade bei Rückkehrern aus Italien durchaus angebracht sei. Nun befindet sie sich den vierten Tag in ihrer Wiener Wohnung in Quarantäne.

Mit diesem eigentlich für Touristentouren genutzten Bus wurde Frau Ninz vom Wiener Flughafen in die Stadt gebracht.
Foto: Lydia Ninz

"Angst, dass wir hier überbleiben"

Aus Panama erreichte den STANDARD ein "Hilferuf" eines österreichischen Paares, das "so wie 30 bis 40 weitere Österreicher" in dem mittelamerikanischen Land festsitzt. Die panamaische Regierung habe angesichts der Corona-Krise sehr rasch reagiert und alle Flüge aus Europa gestrichen, berichtet Mara Spiegl, die gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten nun auf ihre Heimreise wartet. Die zuständige Honorarkonsulin sei um sie und die anderen Österreicherinnen und Österreicher "unglaublich bemüht, aber allein", sagt sie.

"Die Ereignisse überschlagen sich hier, und wir fühlen uns alleingelassen. Wir haben große Sorge, dass wir das Land für längere Zeit nicht mehr verlassen können und hier quasi überbleiben." Bis 24. März hätten die beiden Grazer eigentlich noch in Panama urlauben wollen. Nun, so Spiegl, sei aus dem Urlaub in der Wärme ein "Horror" geworden.

Auch eine Innsbruckerin hat sich beim STANDARD gemeldet, ihr Sohn befindet sich ebenfalls unter den Gestrandeten in Panama City. Sie hat für ihn die Kommunikation mit dem Außenministerium übernommen, bei dem er sich – wie vom Minister empfohlen – registriert hat. Doch: "Man kommt seit Tagen bei der Hotline nicht durch", klagt die Mutter. Peter Guschelbauer, Sprecher des Außenministeriums, bittet auf Anfrage um Geduld und verspricht rasche Aufstockung.

Kein Sprechverbot

Einem anderen Österreicher, der beruflich seit eineinhalb Wochen auf der indonesischen Insel Sumatra weilt, wurde von der zuständigen Botschaft in Jakarta mitgeteilt, er käme, falls keine anderen Flugverbindungen mehr zur Verfügung stehen, für einen "vom Außenministerium organisierten Repatriierungsflug infrage, falls dieser zustande käme". Dafür müsse er nachweisen, dass er, was Corona betrifft, symptomfrei ist, sich per Unterschrift zu einer Rückzahlung der Reisekosten verpflichten und sich zurück in der Heimat gegebenenfalls in Quarantäne begeben. Stutzig machte ihn jedoch der letzte Punkt in dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt. Er dürfe nämlich, so steht dort zu lesen, "bis zur Ankunft in Österreich keinerlei Medienkontakte haben".

In seiner E-Mail an den STANDARD fragt sich der Österreicher nun, ob man ihn denn nicht mehr mitnehme, jetzt, wo er sich an die Redaktion gewandt habe. "Dabei kann es sich nur um einen Fehler handeln", beruhigt Außenministeriumssprecher Guschelbauer. "Möglicherweise hat da jemand bei der Botschaft übereifrig gehandelt. Wer einen solchen Flug in Anspruch nimmt, kann jederzeit mit den Medien sprechen."

Kritik aus dem Kosovo

Ein Österreicher, der beruflich in Albanien und dem Kosovo tätig ist, weiß hingegen wenig Gutes über die Rückholbemühungen der österreichischen Behörden zu berichten. "Jeder kämpft für sich", schildert er in einem E-Mail an den STANDARD. Vonseiten der – bemühten, wie er betont – Botschaft an seinem Wohnort Prishtina sei wenig an brauchbarer Information gekommen. Wie und ob er nun im Anschluss an seinen selbstgebuchten Flug nach München nach Wien kommt, weiß er noch nicht.

Das Ganze klinge "eher nach Karl May" als nach "Wir holen alle Österreicher heim". Von den Bemühungen der Bundesregierung sei er maßlos enttäuscht, schreibt er. "Ist es nicht die zentrale Aufgabe des Staates, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten?" (Florian Niederndorfer, 17.3.2020)